Der Scythe oder der Fremdling

Textdaten
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Autor: Lukian von Samosata
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Titel: Der Scythe oder der Fremdling
Untertitel:
aus: Lucian’s Werke, übersetzt von August Friedrich Pauly, Fünftes Bändchen, Seite 618–629
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 2. Jahrhundert
Erscheinungsdatum: 1827
Verlag: J. B. Metzler
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Erscheinungsort: Stuttgart
Übersetzer: August Friedrich Pauly
Originaltitel: Σκύθης ἢ Πρόξενος
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[618]
Der Scythe
oder
der Fremdling.

1. Anacharsis war nicht der Erste, der aus Verlangen nach Griechischer Bildung aus Scythien nach Athen kam, sondern vor ihm schon hatte das gleiche Streben den Toxaris, [619] einen sehr verständigen, wißbegierigen und von Liebe zum Schönen und zu den edelsten Geistesbeschäftigungen erfüllten Mann, eben dahin geführt. Dieser Toxaris war aber nicht, wie Anacharsis, von königlichem Geblüte, oder auch nur aus einem der edeln scythischen Geschlechter, sondern nichts weiter als ein gemeiner Scythe, dergleichen sie dort einen Achtfüßler heißen, das ist ein Herr von einem Wagen und zwei Ochsen. Er kehrte nicht wieder nach Scythien zurück, sondern starb zu Athen, und es stand nicht lange an, so erklärten ihn die Athener zu einem Halbgotte; und noch jetzt werden ihm unter dem Namen des fremden Heilkünstlers zuweilen Opfer dargebracht. Die Veranlassung zu dieser Benennung und zu seiner Aufnahme unter die Heroen und Söhne des Aesculap zu erzählen, dürfte um so weniger unangemessen seyn, als sich daraus ergeben wird, daß nicht allein in Scythien die Sitte herrscht, Verstorbenen die Unsterblichkeit zu ertheilen, und sie zu Zamolxis[1] abzuschicken, sondern daß man auch in Athen im Stande ist, einen Scythen mitten in Griechenland zum Gotte zu machen.

2. Während der großen Pest [im zweiten Jahre des Peloponnesischen Krieges] war es einst der Gattin des Areopagiten Architeles, Dimänete, als erschiene ihr dieser Scythe und befehle ihr, den Athenern zu sagen, sie sollten die engen Gassen der Stadt reichlich mit Wein besprengen. Die Athener ermangelten nicht, zu gehorchen; und da das Verlangte [620] sehr fleißig geschah, so hörte die Seuche wirklich auf um sich zu greifen, sey es nun, daß die Verdünstung des Weines schädliche Ausdünstungen vertrieb, oder daß der halbgöttliche Toxaris in seiner ärztlichen Weisheit aus irgend einem andern Grunde dieses Mittel verordnete. Zum Danke für diese glückliche Entfernung des Uebels wird ihm noch heutiges Tages ein weißes Roß auf dem Grabmal geopfert, aus welchem er, nach der Erzählung der Dimänete, hervorgestiegen war, um ihr jenen Befehl zu ertheilen. Wirklich fand man, daß Toxaris dort begraben lag, was man aus der, freilich nicht mehr ganz leserlichen, Aufschrift, hauptsächlich aber aus dem Bilde eines Scythen schloß, welches auf dem Denkstein ausgehauen war, und in der Linken einen gespannten Bogen, in der rechten etwas, das wie ein Buch aussah, hielt. Noch gegenwärtig ist von diesem Bilde mehr als die Hälfte nebst dem noch unversehrten Bogen und dem Buche zu sehen; den übrigen Theil des Steines mit dem Gesichte hat die Zeit zerstört. Dieses Denkmal befindet sich unweit des Doppelthors, links am Wege nach der Akademie: es besteht aus einem sehr mäßigen Grabhügel und einer, gegenwärtig am Boden liegenden, Denksäule, welche jedoch immer mit Blumenkränzen behangen ist, und schon einigen Leuten vom Fieber geholfen haben soll, was um so weniger bezweifelt werden darf, als ja der Mann einmal die ganze Stadt kurirte.

3. Was ich aber eigentlich von ihm erzählen wollte, ist eine Geschichte aus seinen Lebzeiten. Anacharsis befand sich, nachdem er sich ausgeschifft hatte, und nun vom Piräeus nach der Stadt gieng, in nicht geringer Verlegenheit, wie er, ein [621] schüchterner Fremdling und noch dazu ein Nichtgrieche, sich in dieser großen Stadt benehmen sollte. Dazu kam noch, daß er wohl merkte, wie er wegen seiner sonderbaren Tracht das Gelächter Aller, die ihn sahen, rege machte; keinen Menschen aber fand er, der seine Sprache verstanden hätte; und so begann er schon, die lange Reise zu bereuen und sich zu entschließen, Athen kaum ein wenig zu betrachten, dann sogleich wieder umzukehren, sich einzuschiffen und nach dem Bosporus zurückzusteuern, von wo er nur noch einen kurzen Weg in das Scythenland zu machen hatte. In solchen Gedanken war Anacharsis bereits bis in den Ceramikus gekommen, als ihm auf einmal, wie ein guter Genius, unser Toxaris begegnete. Diesen hatte zuerst die vaterländische Tracht des Anacharsis aufmerksam gemacht, worauf es ihm nicht schwer fallen konnte, das Gesicht des Fremden selbst wieder zu erkennen, da er ihn als einen der vornehmsten und angesehensten Scythen gekannt hatte. Wie hätte hingegen Anacharsis, da er einen Mann in Griechischer Kleidung, ohne Bart, ohne Gürtel und Säbel, mit dem ansprechenden Wesen eines gebornen Atheners, auf sich zukommen sah, in diesem Manne einen Landsmann vermuthen sollen? So sehr hatte sich Toxaris mit der Zeit in einen Griechen umgewandelt.

4. Als ihn aber Toxaris Scythisch anredete, und fragte: „Bist du nicht der Sohn des Daucetas, Anacharsis?“ Da weinte dieser vor Freude, daß er doch nun Einen gefunden, mit dem er sprechen konnte, und der sogar wußte, welchen Rang er in seiner Heimath einnähme. Seine erste Frage [622] war also: „Du bist mir fremd: woher kennst du mich denn?“

Toxaris. Weil ich ebenfalls aus dem Scythenlande bin; Toxaris ist mein Name: da ich aber von keinem der ausgezeichneten Geschlechter stamme, so kann ich dir auch nicht wohl bekannt seyn.

Anacharsis. Wie? Du wärest also der Toxaris, von dem ich hörte, er habe aus Verlangen, Griechenland zu sehen, Weib und Kinder in Scythien zurückgelassen, und sich nach Athen begeben, wo er sich bis jetzt, geehrt von den vornehmsten Bürgern, aufhalte?

Toxaris. Derselbe bin ich, wenn anders auch von mir noch die Rede unter euch ist.

Anacharsis. Wisse also, daß du an mir einen Schüler, und, was die Liebe, Griechenland zu sehen, die auch dich ergriffen, betrifft, einen Nebenbuhler bekommen hast. Aus keiner andern Ursache habe ich eine Reise unternommen, die mich endlich nach tausend Unfällen unter den mancherlei Völkern, durch welche ich ziehen mußte, hieher geführt hat; und dennoch, hätte ich nicht glücklicherweise dich getroffen, so war ich schon entschlossen, noch vor Sonnenuntergang mich wieder einzuschiffen: so sehr hat mich all das Neue und Ungewohnte um mich her außer Fassung gebracht. Nun aber, mein lieber Toxaris, ich bitte dich bei den großen Göttern unserer Heimath, dem Acinaces [Säbel] und dem Zamolxis, nimm dich meiner an, sey mein Führer, zeige mir alles Schöne und Merkwürdige Athen’s und des übrigen Griechenlandes, lehre mich ihre weisesten Gesetze, ihre verdienstvollsten [623] Männer, ihre Sitten, Versammlungen, ihre Lebensweise, Verfassung, kurz Alles das kennen, weswegen du, und ich nach dir, einen so weiten Weg hieher gekommen sind. Laß mich nicht wieder zurückkehren, ohne mit diesem Allem bekannt geworden zu seyn.

5. Toxaris. Nun das war wohl eben kein Beweis einer sehr warmen Liebe, daß du, kaum an die Pforte gekommen, schon wieder umkehren wolltest. Aber sey guten Muthes! Du wirst sobald nicht wieder nach Hause verlangen: diese Stadt wird dich zu fesseln wissen; sie hat des Anziehenden und Bezaubernden für den Fremden gar zu viel, so daß du, mächtig von ihr festgehalten, bald nicht mehr an Weib und Kinder (falls du schon welche hast) wirst denken wollen. Ich will dir nun einen Rath geben, wie du in möglichst kurzer Zeit die ganze Stadt Athen, ja ganz Griechenland und alles Vortreffliche, was die Griechen haben, kennen lernen kannst. Es lebt hier ein Mann von Geist und seltenen Einsichten, der zwar ein eingeborner Athener, aber durch seine vielen Reisen nach Asien und Aegypten allenthalben mit den ausgezeichnetsten Männern bekannt geworden ist. Du wirst an ihm einen Mann in sehr mäßigen Glücksumständen, schon ziemlich bejahrt und eben so bürgerlich gekleidet finden, wie du mich hier siehst. Allein seiner Weisheit und seiner übrigen vortrefflichen Eigenschaften wegen steht er hier in so hoher und allgemeiner Achtung, daß man sich entschlossen hat, ihn zum Gesetzgeber zu wählen, und das öffentliche, so wie das Privatleben nach seinen Vorschriften einzurichten. Hast du erst diesen Mann dir zum Freunde gemacht, hast du [624] alle seine Vorzüge recht kennen gelernt, so darfst du dich überzeugt halten, du habest in ihm das ganze Griechenland und seyest mit der Summe alles dessen bekannt geworden, was dieses Volk Vortreffliches hat. Ich wüßte dir also keinen bessern Dienst zu erweisen, als wenn ich dich in seinen Umgang brächte.

6. Anacharsis. So zögern wir keinen Augenblick, Führe mich zu ihm, bester Toxaris! – Nur fürchte ich, der Mann möchte nicht leicht zugänglich seyn, oder deiner Empfehlung meiner Person vielleicht wenig Folge geben –

Toxaris. Behüte der Himmel: im Gegentheile, ich glaube, ihm die größte Freude zu machen, wenn ich ihm Gelegenheit verschaffe, einem Fremden gefällig seyn zu können. Komm’ immer mit mir – du sollst dich bald genug von seiner Achtung gegen Fremde, von seinem humanen, biedern Charakter überzeugen. – Aber was sehe ich? Ein guter Genius führt ihn uns selbst entgegen! Siehst du, der Mann dort ist’s, der so ganz mit sich selbst beschäftigt und in tiefes Nachdenken versunken auf uns zu geht. – „Ah, Solon, siehe, hier bringe ich dir ein großes Geschenk, einen Fremden, der eines Freundes bedarf.

7. Er ist ein Scythe aus einem unserer edelsten Geschlechter, und gleichwohl hat er sein Vaterland mit all den Vortheilen, die er dort besitzt, verlassen, um hier in unsrem Umgange zu leben, und Alles, was Griechenland Vortreffliches hat, kennen zu lernen. Da fiel mir ein recht kurzer und bequemer Weg für ihn ein, diesen Zweck zu erreichen, so wie den ausgezeichnetsten Männern dieser Nation [625] sich bekannt zu machen: und dieser Weg ist kein anderer, als ihn zu dir zu führen. Und wenn ich anders den Solon kenne, so thust du, was wir wünschen, nimmst dich dieses Fremdlings an, und machest aus ihm einen ächten Bürger Griechenlands. Du aber, mein Freund Anacharsis, wie ich dir vorhin schon sagte, hast nun Alles gesehen, da du den Solon gesehen hast: in ihm ist Athen, in ihm ganz Griechenland vereinigt. Du bist nun kein Fremdling mehr; allgemein kennt, allgemein liebt man dich: so groß ist das Gewicht dieses ehrwürdigen Alten. In seinem Umgange wirst du dein Scythien schnell vergessen: denn du hast in diesem Musterbild ächten Griechenthums, diesem Manne, in welchem attische Weisheit und Bildung so rein sich ausprägt, den Lohn deiner Wanderung und das Ziel deines liebenden Verlangens gefunden. Erkenne also daraus, wie hochbeglückt du bist, daß du mit Solon zusammen seyn, und ihn zum Freunde haben sollst.“

8. Es würde mich zu weit führen, wenn ich erzählen wollte, was Solon hierauf erwiederte, und mit welcher Freude er das Geschenk des Toxaris annahm. Kurz, sie Beide lebten von Stunde an in beständigem Umgange; Solon bildete und unterrichtete den jungen Scythen in allem Schönen und Guten, verschaffte ihm die allgemeine Liebe, machte ihn mit allen Vorzügen Griechenlands bekannt, und sorgte auf alle Weise dafür, ihm seinen Aufenthalt in diesem Lande so angenehm als möglich zu machen; Anacharsis aber, von der Weisheit seines väterlichen Freundes zur Bewunderung hingerissen, kam ihm mit Willen auch nicht einen [626] Schritt von der Seite. Und, wie ihm Toxaris versprochen hatte, durch den einzigen Solon lernte er in ganz kurzer Zeit Alles kennen, und wurde durch ihn Allen bekannt, von Allen geehrt. Denn es war nichts Geringes, von Solon gelobt zu werden: die Leute folgten ihm auch hierin, als einem Gesetzgeber und liebten Alle, die seinen Beifall hatten, in der zuversichtlichen Meinung, daß es nur vorzügliche Männer seyn können. Zuletzt – wenn wir dem Theoxenus glauben dürfen, der Dieses erzählt – ward Anacharsis unten die Bürger aufgenommen, und sogar – das einzige Beispiel von einem Barbaren – in die Geheimlehre zu Eleusis eingeweiht. Und nie hätte er wohl seine Heimath Scythien wieder aufgesucht, wenn Solon nicht gestorben wäre.

9. Damit aber diese Erzählung nicht so kahl dastehe, so lasset mich zum Beschlusse noch mit Wenigem der Absicht erwähnen, warum ich diese beiden Scythen und den alten Solon aus Athen hieher nach Macedonien gebracht habe. Ich glaube nämlich, in einem ganz ähnlichen Falle, wie einst Anacharsis, mich zu befinden; nur mögen die Grazien verhüten, daß ihr mir diese Vergleichung meiner Wenigkeit mit einem Königssohne übel deutet. Anacharsis war nun einmal ein Barbar, und man wird nicht behaupten wollen, daß wir Syrer noch unter den Scythen stehen. Uebrigens ist es durchaus nicht seine königliche Abkunft, sondern die Aehnlichkeit meiner jetzigen Lage mit der seinigen, als er nach Athen kam, was mich zu dieser Vergleichung veranlaßt. Bei meinem ersten Eintritte in diese eure Stadt wirkte der Anblick ihrer Größe, ihrer geschmackvollen Pracht, ihrer Volksmenge, [627] ihres Glanzes und Reichthums, mit außerordentlicher Stärke auf mich. Lange überließ ich mich sprachlosem Erstaunen, und konnte mich eben so wenig in alle diese Wunder finden als einst jener Jüngling von dem armen Ithaca, als er in den Palast des Menelaus trat.[2] Und wie natürlich war diese Stimmung, da ich zum Erstenmale eine Stadt sah von dieser Höhe des Wohlstandes, die, wie jener Dichter sagt:

Mit Gütern reich begabt in voller Blüthe prangt?

10. Endlich fieng ich an, zu überlegen, was für mich zu thun sey. Längst schon hatte ich mich entschlossen, auch bei euch mit der Vorlesung einer Reihe meiner Aufsätze aufzutreten: denn wo anders sollte ich mich hören lassen, wenn ich eine solche Hauptstadt stillschweigend übergienge? Mein Erstes war also (um die Wahrheit zu gestehen), daß ich mich erkundigte, wer die Männer wären, deren Stimme am meisten Gewicht hätte, und denen man sich zu nähern, unter deren Protection sich zu begeben hätte, um durch ihre Unterstützung den allgemeinen Beifall sich zu sichern. Da war es denn nicht nur Einer, wie dort der Barbare Toxaris, sondern Viele, ja Alle waren es, die mir einstimmig, fast Alle mit denselben Worten die Antwort gaben: „Wir haben zwar viele vortreffliche und einsichtsvolle Männer in unserer Stadt, lieber Fremdling, dergleichen du nicht leicht an einem andern Orte so Viele beisammen antreffen dürftest: besonders aber sind in unserer Mitte zwei ganz ausgezeichnete Männer, [628] die, so wie sie durch Geburt und hohen Rang weit über alle Uebrigen hervorragen, an Geistesbildung und Beredsamkeit mit allem Rechte jenen zehn großen Attikern[3] an die Seite gesetzt werden. Das ganze Volk ist ihnen zugethan, ja sie sind seine Lieblinge. Was sie nur wollen, geschieht, weil sie nichts wollen, als was zum Besten der Stadt dient. Von ihrer Humanität aber, ihrer liebreichen Gefälligkeit gegen Fremde, ihrer achtunggebietenden Größe, an welche auch der Neid sich nicht wagt, ihrer Würde bei der herablassendsten Leutseligkeit, ihrer Bereitwilligkeit, Jedermann Zutritt bei ihnen zu gestatten – von Allem dem wirst du dich bald genug durch eigene Erfahrung überzeugen, um selbst ihr Lobredner auch gegen Andere seyn zu können.

11. Und, was deine Bewunderung vermehren wird, sie sind Beide aus einem und demselben Hause: es ist der Vater und der Sohn. Unter dem Erstern denke dir einen Solon, einen Perikles, einen Aristides. Und wenn dich des Sohnes hohe, männlich schöne Gestalt schon auf den ersten Blick anziehen wird, so wird, wenn du ihn wirst reden hören, die Grazie, die auf des Jünglings Lippen wohnt, dich fesseln und unwiderstehlich hinreißen. So oft er auftritt, um vor dem Volke zu reden, hört ihm die Menge mit Begierde und Staunen zu; denn unsere Bürger sind nicht minder in ihn, als einst die Athener in ihren Alcibiades, verliebt, nur mit [629] dem Unterschiede, daß Letztere ihre Liebe nur zu bald bereuen mußten, während unsere Stadt diesen jungen Mann nicht bloß liebt, sondern auch jetzt schon aufrichtig verehrt. Mit Einem Worte, er ist unser Stolz, unser schönstes Kleinod! Bist du nun so glücklich, daß dir bei ihm und seinem Vater eine gute Aufnahme und ihr Wohlwollen zu Theil wird, so hast du schon die ganze Stadt für dich gewonnen; ein kleines Zeichen des Beifalls dieser Beiden – und dein Glück ist entschieden! –“ So sprachen – Jupiter weiß es, wenn ich’s betheuern soll – so sprachen sie Alle. Und nun, da ich mich selbst überzeugt, dünkt mich, sie seyen noch weit unter der Wirklichkeit geblieben. Darum „nicht müßig gesessen, nicht gesäumt!“ wie der Ceïsche Dichter[4] sagt; frisch! jegliches Segel in Bewegung gesetzt, und Alles gethan, um solcher Männer Freundschaft zu gewinnen! Denn ist mir diese geworden, so ist mein Himmel heiter, meine Fahrt glücklich, die See spiegelglatt und der Hafen nicht ferne.



  1. Ein vergötterter, ehemaliger Gesetzgeber der Scythen; man sehe das Nähere bei Herodot IV, 94.
  2. Hom. Odyss. IV. 74. ff.
  3. Die zehen Redner des Alexandrinischen Canon sind: Antiphon, Andocides, Lysias, Isocrates, Isäus, Demosthenes, Aeschines, Hyperides, Lycurg, Dinarch.
  4. Bacchylides.