Der Schlangenhof im Schappacher Thal
Im Gute des Bauern dort hinten im Thal,
Da nisten die Schlangen in mächtiger Zahl.
Sie füllen das Haus ihm, den Hof und den Stall
Mit buntem Gewimmel fast überall.
Die friedlichen Leutchen gefährden sie nie.
Sie leben vertraulich mit Herr und Gesind,
Sie leihn sich gemüthlich zum Spiele dem Kind.
Gern nehmen sie Theil an dem ländlichen Mahl,
Das Heu in der Scheune, so duftig und weich,
Das ist ihres Königes Sitz und Bereich.
Das Haupt ihm ein goldenes Krönchen umkränzt,
Mit Perl’ und Demant und Karfunkel durchglänzt.
Darin sich die Fülle des Segens vermehrt;
Als hätt’ er’s umzogen mit magischem Bann,
Daß keinerlei Mißgeschick treffen es kann;
Nicht Krankheit noch Seuchen bedrängen es je,
Die Schlangen sie bringen nur Glück in das Haus,
All’ anderen Gütern blüht dieses voraus. –
Als aber der biedere Bauer verstarb,
Ein Anderer käuflich das Hofgut erwarb.
Und gegen die Schlangen ein wahrer Tyrann.
Ab hieb er dem König das glitzernde Haupt,
Das goldene Krönchen er gierig ihm raubt.
Dann jagt er die Schlangen aus Hof und aus Haus,
Doch freut er nicht lange des Segens sich mehr,
Der drinnen gewaltet – er büßet es schwer!
Denn Alles verdirbt ihm, als wär’ es verflucht:
Die Heerden, die Gärten, die Wiesen, die Frucht.
Von der Fluth des Gebirgs unterwühlendem Schwall.
Und als er einst Nachts, wie seit lange ja schon,
Sich wälzt auf dem Lager, vom Schlummer geflohn;
Da hört er ein Wispern und Schleichen ringsum,
Da ringelt sich’s ihm um den Nacken so kalt,
Umschlingt ihm die Glieder mit Riesengewalt;
Da züngeln viel Hundert von Schlangen ihn an,
Mit betäubendem Odem, mit spitzigem Zahn.
Sein Schreien, sein Röcheln, – bald ist es erstickt.