Textdaten
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Autor: Friedrich Bernhard Störzner
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Titel: Der Ratschin bei Schmölln
Untertitel:
aus: Was die Heimat erzählt. Sagen, geschichtliche Bilder und denkwürdige Begebenheiten aus Sachsen, S. 305–306
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Erscheinungsdatum: 1904
Verlag: Arwed Strauch
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: SLUB Dresden und Wikimedia Commons
Kurzbeschreibung:
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139. Der Ratschin bei Schmölln.

Eine kleine Wegstunde östlich von Bischofswerda entfernt liegt das von bewaldeten Höhen umrahmte Kirchdorf Schmölln, das seit einer Reihe von Jahren weithin im Sachsenlande bekannt ist durch seine großen Granitsteinbrüche. Nördlich von diesem Dorfe, hart an der Demitzer Grenze, erhebt sich eine bedeutende Anhöhe, die sonst ganz mit Wald überdeckt war. Mitten auf jener Höhe befinden sich die Reste einer uralten Verschanzung, ein unregelmäßiger, ovaler Wall von etwa 180 Schritten Umfang und einer Höhe von 2–3 Meter. Gestrüpp, zahlreiche größere und kleinere Felsstücken bedeckten einst Wall, Graben und Kessel. –

Im Volksmunde bezeichnet man diese Stätte auf der erwähnten Höhe als den „Ratschin“. Dieser Name ist verwandt mit dem böhmischen Worte Hradschin und bedeutet so viel als Burg. Nach Preusker wird das Wort Ratschin auch als Formation vom wendischen Worte rod, rodzin erklärt und bedeutete ursprünglich Umzäunung, Hag, Einfriedigung, dann auch einen festen, umwallten Ort, eine Burg. Das Wort rod erscheint als urverwandt mit dem altgermanischen gard = Einfriedigung, Burg, wovon sich noch unser Wort Garten (Hürde, Horde), erhalten haben soll. Die Wenden um Bautzen und Löbau nennen die uralten Ringwälle in jener Gegend meistens hrodzisko und hrodzischezo und mit Weglassung des h, wie sie im dortigen Dialekte gewöhnlich vor einem zweiten Mitlaute erfolgt, rodzischczo oder auch rodzischko. –

Der Name Ratschin spricht also dafür, daß diese Anhöhe zwischen Schmölln und Demitz in grauer Vorzeit ein Ort war, da die Umwohner in Kriegszeiten sich aufhielten und auch gegen etwaige feindliche Angriffe sich verteidigen konnten. In jenen Tagen war diese Gegend noch mit weitsausgedehnten [306] Wäldern bedeckt, und die versteckte und hohe Lage des Ratschin weist darauf hin, daß diese Schanze den früheren Bewohnern eine Zufluchtsstätte, eine Sicherung, ein Versteck, eine feste Burg war, wo sie selten wohl aufgefunden werden konnten; denn gewöhnlich waren der Ringwall und Graben noch mit einem dichten Verhau umgeben, so daß es nur pfadkundigen Leuten möglich war, ein derartiges Versteck zu entdecken.

Schmölln um 1830.

Südwestlich vom Ratschin fand man in einem Torfbruche zwischen Schmölln und Belmsdorf vor ungefähr 70 Jahren mehrere bronzene Armringe und Bernsteinstücke. Diese Fundgegenstände deuten darauf hin, daß die Umgegend des Ratschin bei Schmölln schon Jahrhunderte vor Christi Geburt bewohnt gewesen sein muß. Jedenfalls ist der Ratschin das älteste geschichtliche Denkmal in der Schmöllner Gegend, die deutlichste Spur der frühesten Bewohner des Schwarzwassertales.

Der Name Schmölln, wendisch Schmilna, kommt wahrscheinlich her von dem wendischen Worte smollena und bedeutet Pechhütte. Dieser Name weist hin auf die Beschäftigung der späteren Bewohner dieses Tales. – Vgl. Preusker, Blicke in die vaterländische Vorzeit. I. Band, Seite 111 und 112; II. Bd., Seite 206 und 207.