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Titel: Der Panther-Jäger Bombonnel
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aus: Die Gartenlaube, Heft 46, S. 666–667
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1858
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Jagdmethoden in Nordafrika
s. auch Jagd-Romantik in Nordafrika, 1872
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Der Panther-Jäger Bombonnel.

Nachdem Jules Gerard durch seine Löwenjagden eine Berühmtheit erlangt hat, wie weiland Nimrod, gibt das Pariser Jagd-Journal von einem Stern zweiter Größe Nachricht, welcher in Algier aufgetaucht ist, und Bombonnel, le Tueur de Panthères genannt wird.

Die Araber von Nord-Afrika unterscheiden zwei verschiedene Arten Panther oder Leoparden, den großen (Dolly) und den kleinen (Berrany). Ersterer fällt nicht selten Menschen an. In neuerer Zeit reisten zwei Einwohner der Stadt Algier von Blidah nach Koleah in einem Planwagen. In dem Gehölz von Mazafran sprang ein Panther bei hellem Tage auf den Wagen, stürzte diesen um, ergriff aber dann, wie auch der Königstiger dies thut, die Flucht, weil er mit dem ersten Sprunge seine Beute nicht erreicht hatte. Ein Araber, Sidi Hamdam, befand sich auf der Schweinsjagd, als ein Panther sich unvermuthet auf ihn stürzte. Er wurde vom Pferde gerissen, und obgleich es ihm glückte, den Panther abzuschlagen, starb er doch bald an den erhaltenen schweren Wunden.

Andere zahlreiche Fälle sind in Algier vorgekommen, daß Menschen von den Panthern getödtet oder schwer verwundet wurden, und man sieht hieraus, daß dieser große Panther nicht ein so feiges Thier ist, wie Gerard dies behauptet. Gerard selbst hatte wenig Gelegenheit, den Muth dieses Thieres aus eigener Erfahrung kennen zu lernen, er wiederholte nur, was er von den Arabern gehört hatte; diese aber haben eine beinahe übernatürliche Scheu und Ehrfurcht vor dem Löwen, und es ist daher erklärlich, daß sie im Vergleich zu diesem den Panther für feig halten; denn den Muth des Löwen, welcher, auf seine Stärke vertrauend, keinen Feind scheut, hat der Panther allerdings nicht; er springt womöglich nur von hinten oder aus einem Versteck auf seine erwählte Beute. Verwundet ergreift er aber nicht die Flucht, sondern stürzt sich vielmehr wüthend auf seine Feinde.

So wie Gerard sich ausschließlich damit beschäftigte, die Löwen zu verfolgen, so hatte sich Bombonnel die Aufgabe gestellt, die Panther auszurotten. In einem Gebüsch in der Nähe von Bab-Ali, einer wilden Gegend voll Felsen und Schluchten, hatte ein Panther seit einiger Zeit seinen Aufenthalt. In dem kurzen Zeitraum von einigen Wochen wurde ein alter Mann, zwei Knaben und ein kleines Mädchen von dem Raubthiere zerrissen. Der Schrecken, von dem die Bewohner der Umgegend in Folge hiervon ergriffen waren, war nicht gering, und die Feldarbeiten wurden sogar einige Tage unterbrochen.

Bombonnel hatte vergebens das Lager des Raubthieres aufgesucht; er war der Spur desselben bis in die wildesten Gegenden gefolgt, ohne den Panther zu Gesicht zu bekommen; er beschloß daher, sich des Nachts auf den Anstand zu begeben. Zur Kirrung band Bombonnel eine Ziege an, und zwar auf den Rath der Araber eine Ziege mit ihrem erst wenige Wochen alten Lamm. Während er die Ziege an einen zwanzig Schritte von seinem Stande entfernten Pfahl anbinden ließ, behielt er das Junge bei sich. Dies ist ein sicheres Mittel, die alte Ziege zum Schreien zu bewegen, während eine andere des Nachts in der Wildniß aus Furcht vor den Raubthieren keinen Laut von sich geben würde. Bekanntlich sind die Geruchsnerven aller Katzenarten sehr schlecht, sie wittern selbst auf sehr geringe Entfernungen ihre Beute nicht, um so besser aber sind Augen und Gehör.

Der Araber, welcher sich auf diese Weise des Nachts auf den Anstand begibt, erklettert einen Baum, Felsen oder dergleichen, setzt sich also nicht der Gefahr aus, von dem vielleicht verwundeten Raubthier angegriffen zu werden. Nicht so Bombonnel: trotz der Ermahnungen und Warnungen der Araber, wählte er seinen Stand auf dem Boden der Schlucht selbst.

Er befand sich bereits mehrere Stunden auf seinem Posten. Der Mond, der bisher geschienen hatte, verschwand für einige Minuten hinter dichten Wolken, und die hierdurch eingetretene Dunkelheit verhinderte Bombonnel, die nächste Umgebung mit derselben Aufmerksamkeit zu beobachten, als er bisher gethan hatte. Es mochte ungefähr ein Uhr sein. Das Lamm hatte er eben wieder in die Höhe gehoben, um es zum Schreien und hierdurch die Mutter zum Antworten zu bewegen, da vernimmt er plötzlich einen dumpfen schweren Fall, hierauf einen Angstschrei, nur einen, – die Ziege war todt. Er hörte jetzt die Knochen des armen Thieres unter dem zermalmenden Gebiß des Panthers krachen, ohne daß er diesen sehen konnte. Nur mit vieler Mühe gewahrte er in der Dunkelheit eine undeutliche schwarze Masse. Bombonnel selbst stand nicht, sondern saß auf dem Boden; vor ihm befand sich ein zwei Fuß hoher, an seinem obersten Ende mit einer Gabel versehener Pfahl, auf diesem ruhte sein Gewehr. Dreimal brachte er dasselbe an den Backen, um Feuer zu geben, doch er setzte jedesmal wieder ab, weil er in der Dunkelheit die richtige Visirlinie nicht finden konnte, obgleich er die Vorsicht gebraucht hatte, einen Diamant am Ende des Gewehrlaufs zu befestigen. In dieser verhängnißvollen Lage war er kaltblütig genug, die Kugelpatrone aus dem Laufe des Gewehres herauszunehmen, und mit einer Cartouche, welche 24 kleine Posten enthielt, zu laden. Hierauf zielt er noch einmal und giebt Feuer. Alles bleibt still, kein Laut läßt sich vernehmen. Der Panther war, durch Kopf und Herz geschossen, auf der Ziege zusammengebrochen. Dieser erste glückliche Versuch trug viel dazu bei, die Passion für die Pantherjagd in Bombonnel zu vermehren; in allen Duars, welche er besuchte, versprach er denen Belohnungen, welche ihm das Lager oder die Spur eines Panthers nachweisen könnten. In der kurzen Zeit von einigen Monaten erlegte er sechs Stück, und sein Ruhm als Pantherjäger verbreitete sich bald in der ganzen Provinz.

Sehr interessant sind die Beobachtungen, die Bombonnel über das Benehmen der armen Ziegen machte, welche dazu dienen mußten, [667] die Panther herbeizulocken. Mit der feinsten Witterung begabt, kündigten sie gewöhnlich die Annäherung des Raubthieres schon lange vorher, ehe dasselbe erschien, durch Unruhe und Zittern an. Eines Nachts machte die vor Furcht zitternde Ziege mehrere vergebliche Anstrengungen, den Strick zu zerreißen, mit welchem sie befestigt war. In der Meinung, es wären nur Schakals, welche in der Nähe herumstrichen, wiederholte Bombonnel sein gewöhnliches Manöver mit der jungen Ziege; er hob dieselbe in die Höhe, um sie zum Schreien zu bringen, damit die Mutter dann ebenfalls laut werden sollte. Doch auf die Klagen des Jungen antwortete die Alte nur mit einem einzigen Tone, einem kurzen, durchdringenden, halblauten Warnungsrufe, und wunderbarer Weise verstand das Junge diesen Warnungsruf der Mutter vollkommen; es wurde plötzlich mäuschenstill. Alle Anstrengungen Bombonnel’s, das kleine Thier noch ferner zum Schreien zu bewegen, blieben fruchtlos, es gab keinen Laut mehr von sich; es gehorchte dem Befehle der Mutter, denn ein solcher war der kurze, halblaute Warnungsruf gewesen. Selbst Schläge, welche der ungeduldige Jäger anwendete, um das Kleine zum Schreien zu bewegen, erwiesen sich als fruchtlos. In dieser Verlegenheit weiß Bombonnel kein anderes Mittel, als den Schrei des Jungen selbst nachzuahmen. Da blickt ihn die Alte starr an und, indem sie mit dem Vorderlauf ungeduldig auf den Boden stampft, läßt sie noch einmal jenen kurzen, eigenthümlichen Warnungslaut erschallen, welchen der Jäger bereits vernommen hatte und welcher jetzt deutlich zu sagen schien: „Schweige doch, der Mörder ist in der Nähe;“ und wirklich gewahrte Bombonnel in diesem Augenblicke die leuchtenden Augen des Panthers, die gleich zwei glühenden Kohlen sich im Schatten des Gebüsches bewegten. Im nächsten Augenblicke stürzte sich der Panther auf die Ziege und riß sie zu Boden. Eine Kugel in den Kopf streckte ihn auf seine Beute nieder.

Die Jagden Bombonnel’s hatten bisher glücklichen Erfolg gehabt. Seine nächstfolgende Pantherjagd hätte ihm jedoch beinahe das Leben gekostet.

„Mein Araber,“ erzählt er, „hatte mir die Nachricht gebracht, daß ein Panther ein Kameel getödtet habe. Ich reiste sogleich ab und stellte mich auf einem guten Stande des Nachts an. Sechs Nächte harrte ich vergeblich und in der siebenten erschienen drei Panther, ein Weibchen, gefolgt von zwei Liebhabern. Ich ließ meine kleine Ziege schreien, doch die Bestien nahmen keine Notiz davon, sie zogen vorüber. Bald darauf hörte ich, wie die beiden Männchen miteinander kämpften. Während des übrigen Theiles der Nacht sah ich nichts mehr von ihnen.

Den folgenden Morgen brachte ein Araber die Nachricht, daß ein Panther abermals eine Ziege geraubt habe. Ich folgte sogleich. Einige andere Araber des Duars warteten bereits mit einer Ziege auf mich. Auf dem Platze angekommen, wo ich meinen Stand nehmen wollte, überließ ich es gegen meine Gewohnheit den Arabern, die Ziege anzubinden, ohne mich zu überzeugen, ob sie auch gehörig befestigt sei. Außerdem war ich so nachlässig, mein Jagdmesser, anstatt es neben mir in die Erde zu stoßen, wie ich dies bisher gethan hatte, in meinem Gürtel stecken zu lassen; auch hatte ich mir nicht die Zeit genommen, die Zweige der Sträucher, in denen ich meinen Sitz hatte, da abzubrechen, wo sie meinen Bewegungen hinderlich sein konnten. Als die Araber mich verlassen hatten und ich mich eben mit Abbrechen einiger Zweige beschäftigte, sprang plötzlich der Panther auf die Ziege. Der Mond war noch nicht aufgegangen, ich befand mich in vollkommener Dunkelheit und konnte daher das Raubthier nur sehr undeutlich sehen. Da ich mir fest vorgenommen hatte, niemals eher zu schießen, als bis ich den Kopf des Raubthieres deutlich unterscheiden könne, so beschloß ich, den Mond abzuwarten, welcher bald aufgehen mußte. Ich hoffte, der mit seiner Beute beschäftigte Panther würde mir so viel Zeit lassen. Da gewahrte ich, daß er ganz andere Gedanken hatte; er nahm nämlich die Ziege auf und wollte sich mit ihr entfernen; und zwar schien er das Thier mit einer solchen Leichtigkeit im Rachen zu halten, als wenn eine Katze eine Maus trägt. Bei diesem Anblick vergaß ich alle meine guten Vorsätze, ich gedachte der vielen Nächte, die ich bereits nutzlos auf dem Anstande verbracht hatte, und schlug auf die dunkle Masse an, die sich mehr und mehr entfernte. Ich gab endlich Feuer und der Panther brach zusammen. Unwillkürlich erhob ich mich, in der Absicht, ihm, wenn es nöthig sein sollte, noch eine Kugel zu geben. Doch kaum gewahrte er mich, so wendete er sich wie ein Pfeil mir zu und warf mich nieder. Dieser Angriff geschah so plötzlich und unvermuthet, daß ich den zweiten Lauf gar nicht abschießen konnte.

In dieser fürchterlichen Lage, der wüthende Panther auf mir, suche ich voll Verzweiflung und Wuth mit der rechten Hand mein Jagdmesser, während ich zugleich den linken Arm wie einen Schild vorhielt, um meinen Hals vor den Bissen und Krallen der wüthenden Bestie zu schützen. Vergebens suche ich mein Messer zu ergreifen, die Falten meines Paletots verhindern mich, es zu fassen. Während der Zeit hatte ich den Hals des Raubthieres mit der linken Hand gepackt, in welche es sogleich seine Zähne einschlug. Nochmals bemühte ich mich, das Messer zu ergreifen, doch wieder vergebens. Nicht mehr fähig, die Bestie mit der linken Hand zurückzuhalten, packt sie mich jetzt am Halse, welcher glücklicherweise durch den Kragen meines Paletots geschützt war. Zweimal beißt sie voll Wuth mir in’s Gesicht, meine Knochen krachen, meine Zähne fliegen umher. In dieser schrecklichen Noth strenge ich nochmals alle meine Kräfte an und packe das Raubthier am Halse; es glückt mir, mein Gesicht zu befreien, aber mein Arm wird abermals zerfleischt. Mit fürchterlicher Wuth schnappt der Panther jetzt nach meinem Kopfe; er glaubt ihn mit seinem Gebiß zu zermalmen; glücklicherweise aber ist es nur meine Mütze, welche er hält, und mit welcher er sich, wie mit einer Beute, entfernt, dieselbe wüthend zerreißend. In demselben Augenblicke richte ich mich auf, ergreife endlich mein Messer und folge ihm, um den Kampf fortzusetzen und Rache zu nehmen für meine Wunden, für fünf meiner Zähne, welche auf dem Kampfplatze umherliegen; – da erscheinen die Araber, welche den Schuß gehört hatten. Sie finden mich, mit Wunden und Blut bedeckt, und führen mich nach dem Duar.“

Den folgenden Morgen gingen die Araber dem Panther nach, dessen Spur sie aber bald im dichten Gebüsch der Schlucht verloren. Einige Tage später aber fand man ihn verendet und bereits durch Hyänen und Schakals halb verzehrt. Es war dies der achte durch Bombonnel erlegte Panther. Bei dem Kampfe hatte Ersterer vier Wunden in den Kopf, zehn in’s Gesicht, acht in den Arm, fünf in die linke Hand erhalten und fünf Zähne verloren.

Nachdem er von diesen größtentheils schweren Wunden geheilt war, meinten die Araber, er würde künftig auf der Pantherjagd einen Sitz auf einem Baume oder dergleichen vorziehen. Doch sie täuschten sich hierin, denn Bombonnel erklärte ihnen, er würde eher der Jagd entsagen, als von einem sichern Versteck aus dem Feinde auflauern.