Der Misurinasee
[642] Der Misurinasee. (Zu dem Bilde S. 621.) Der Anblick des idyllischen Sees mit dem majestätischen Alpenhintergrund auf der stimmungsvollen Studie von Alfred Enke wird in vielen Lesern schöne Erinnerungen wecken. Ist doch das herrliche Ampezzothal, in dessen Nähe der Misurinasee liegt, alljährlich, seit die Pusterthalbahn die Reise nach Toblach so bequem gemacht hat, das Ziel vieler tausend Alpenfreunde. Nirgends kommt man auch so bequem und so schnell mitten hinein in die grandiose Felsenwelt der steilgetürmten Dolomiten, die mit ihren gewaltigen Zinnen und Schrofen so trotzig in den tiefblauen Himmel des Südens emporragen! Auf prächtiger Straße und in wenigen Stunden gelangt man von Toblach aus am Ufer der waldumschatteten Rienz vor das mächtige Felsmassiv des Monte Cristallo mit seinem strahlenden Gletscher, dem zu Füßen die freundlichen Gaststätten von Schluderbach liegen. Wie staunt das Auge beim ersten Anblick des märchenhaften Felsgebildes der „Drei Zinnen“, das schon bei Landro unsere Blicke fesselt! Und setzen wir unsere Wanderung nach Cortina d’Ampezzo fort, so starren uns über den dunkelgrünen Waldgeländen des Thals immer aufs neue riesenhafte Felswände entgegen, deren Gestein im Lichte der Sonne golden und rötlich erschimmert. Zu einem weitgezogenen Gebirgspanorama dieser Art aber gelangen wir von Schluderbach wie von Cortina aus gar schnell und bequem durch die Wanderung zum Misurinasee. Der Weg selbst, von Schluderbach durch das Val Popena basso über den Sattel Col S. Angelo, von Cortina über den herrlichen Aussichtspunkt der Tre Croce, ist an sich schon sehr lohnend. Der kleine anmutige See liegt in stiller Bergeinsamkeit, großartig aber ist die Umrandung der grünen Hochplateaus: die Cadini im Osten, die Sorapiß im Süden, die Drei Zinnen im Osten stellen sich dem Auge in voller Größe dar. Unser Bild zeigt uns die Aussicht nach Süden mit dem prächtigen Monte Sorapiß, dessen höchste Spitze 3201 m hoch ist.