Der Matrose und die Schauspielerin

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Titel: Der Matrose und die Schauspielerin
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aus: Die Gartenlaube, Heft 31, S. 496
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1861
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[496] Der Matrose und die Schauspielerin. Die englische Herzogin von St. Albans war früher Schauspielerin. Sie ist eine sehr vernünftige Dame, die sich in ihrem Glanze ihres früheren Standes nicht schämt, sondern gern mancherlei Anekdoten aus jener Zeit erzählt. Eine derselben ist folgende. „Als ich,“ erzählt sie, „ein armes Mädchen war und für meine dreißig Schillinge hart arbeitete, ging ich während der Feiertage nach Liverpool, wo ich stets freundlich empfangen wurde. Ich sollte in einem neuen Stücke auftreten, etwas gleich den hübschen, kleinen, rührenden Dramas, die sie jetzt auf unsern geringen Theatern geben, und stellte in meiner Rolle ein armes, freundloses Waisenmädchen vor, welche zu dem allerelendesten Zustand der Armuth heruntergesunken ist. Ein hartherziger Handelsmann verfolgt die betrübte Heldin wegen einer bedeutenden Schuld und besteht darauf, sie in’s Gefängniß zu bringen, wenn nicht Jemand für sie Bürgschaft leiste. Das Mädchen antwortet: „Dann habe ich keine Hoffnung. Ich habe keinen Freund in der Welt.“ – „Was?“ fragt der finstere Gläubiger, „will Niemand für Sie bürgen, um Sie vor dem Gefängniß zu retten ?“ – „Ich habe es Ihnen ja gesagt, daß ich keinen Freund auf Erden habe,“ war meine Antwort. Gerade als ich diese Worte sagte, sah ich einen Matrosen von der obersten Gallerie über das Geländer klettern und sich von einer Logenreihe zur andern niederlassen; Orchester und Lampen wurden von ihm übersprungen, und im Augenblick stand er an meiner Seite. „Ja, Du sollst wenigstens einen Freund haben, mein armes, junges Weib,“ rief er mit dem größten Ausdruck in seinem ehrlichen, sonnverbrannten Gesichte. „Ich will für Dich zu jedem Betrag Bürge sein. Was Euch betrifft,“ sich zu dem erschrockenen Schauspieler wendend, „wenn Ihr Euch nicht drückt und Euern Ankergrund wechselt, Ihr Lümmel, so wird es Euch um so schlimmer ergehn, wenn ich in Euer Takelwerk gerathe.“ Jedermann im Hause stand auf: es war ein unbeschreiblicher Aufruhr, schallendes Gelächter, Aufschrei des Schreckens, Stimmen der Violinen vom Orchester, und mitten in all diesem allgemeinen Lärm da stand die unwissentliche Ursache von dem Allem mich beschützend, „das arme, trostlose Weib“, Hohn und Verderben athmend gegen meinen Theater-Verfolger. Er konnte nur überredet werden, die Sorge für mich aufzugeben, durch den Theaterdirector, der that, als ob er eben angekommen sei, mich vermittelst eines Ueberflusses von Theater-Banknoten zu erlösen.“