Textdaten
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Autor: Johann Georg Theodor Grässe
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Titel: Der Malzmönch zu Zittau
Untertitel:
aus: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 2. S. 221–224
Herausgeber:
Auflage: Zweite verbesserte und vermehrte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Schönfeld
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Erscheinungsort: Dresden
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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[221]
826) Der Malzmönch zu Zittau.
Novell. beh. v. Willkomm a. a. O. S. 195. sq.

Die alte Stadt Zittau ist von jeher durch ihr Bier weit und breit berühmt gewesen und war deshalb sonst ziemlich reich an Brauereien. Gleichwohl ist das von denselben gelieferte und sonst allenthalben so hoch geschätzte Bier einmal den dortigen Franciscanermönchen nicht gut genug gewesen, sondern haben dieselben durch ihren Abt es dahin zu bringen gewußt, daß ihnen der Stadtrath ein besonderes Brauhaus einräumte, eigens vereidete Brauer darin angestellt und selbst die Brauknechte mit besonderen Instructionen und von Andern sich abzeichnender Kleidung versehen wurden. Der Abt ließ nun das dem Kloster eingeräumte Brauhaus auch äußerlich als dem Orden angehörig bezeichnen und setzte als Inspector desselben einen dicken Mönch, Namens Laurentius, ein, der zwar in allen Dingen einfältig bis zur Dummheit war, allein einen so feinen Geschmack besaß, daß Niemand zu diesem Amte geschickter war als er. Derselbe besuchte nun die Malzböden der Klosterbrauerei jeden Tag dreimal und [222] jedes Mal schöpfte er mit einem mäßig großen Becher von schön polirtem Rosenholz, dessen Entstehung Niemand kannte, eine Hand voll Malzkörner von jedem Haufen, die er langsam über die Gänge wandelnd bedächtig verzehrte. Schmeckte ihm das Malz nicht, so mußte es noch länger liegen oder mit solchem, das er vortrefflich fand, so lange gemischt werden, bis es ihm mundete, und erst wenn alles Malz seinem Geschmacke genügte, durfte es in die Pfanne geschüttet und zum Brauen verwendet werden. Wie mit dem Malze verfuhr er auch mit dem gebrauten Biere selbst, erst wenn es ihm zusagte, gestattete er die Auffüllung desselben. So geschah es, daß das Klosterbier bald das beste in der Stadt ward und Jedermann dasselbe haben wollte, die Stadtbrauereien aber bald keine Abnehmer mehr fanden. Zwar suchten die Besitzer desselben durch besseres Malz und stärkern Hopfen ihr Bier wieder in Aufnahme zu bringen, allein es gelang ihnen nicht, und so meinten sie denn, die Mönche müßten durch geheime Künste ihrem Biere den guten Geschmack zu geben verstehen. Nun hatte aber die Tochter des Klosterbrauers einmal ihrem Geliebten, einem Brauerssohn aus der Stadt, vertraut, daß der Pater Laurentius oft in stiller Mitternacht die Malzböden durchwandele und dann zum Kühlstock hinabsteige, den Segen über das brodelnde Getränk spreche und dann verschiedene Male von seinem Inhalte koste. Der Brauer brachte sie also dahin, daß sie ihn und einige seiner Kameraden im Klosterbrauhaus versteckte, und als der Mönch richtig wieder seine Runde machte, fielen sie über ihn her, banden ihn und schleppten ihn von dannen. Von dieser Gewaltthat ward der Abt durch ein eigenhändiges Schreiben des Bürgermeisters in Kenntniß gesetzt und von demselben verlangt, er möge dem Bruder Laurentius den Befehl ertheilen, seinen so wirksamen Zaubersegen auch dem Kühlbier der übrigen Brauer zu ertheilen. Demselben blieb nichts Anderes übrig, als zu dem bösen Spiel gute Miene zu machen und der arme Laurentius wurde nun von Brauhaus zu Brauhaus geschleppt, bis er aller Orten einem oder dem [223] andern Malzstock seine Zustimmung gegeben und nach und nach alle Kühlstöcke in der Stadt gesegnet hatte. Allein ein unglücklicher Zufall wollte es, daß, als nun die Gebräude aufgeschlagen wurden und hunderte von durstigen Kehlen nach diesem gesegneten Biere verlangten, es sich fand, daß das ganze Bier essigsauer war. Ueber diese ganz entgegengesetzte Wirkung geriethen nun die Stadtbrauherrn sehr in Schrecken und hielten sie für eine gerechte Strafe wegen ihres Frevels an der Heiligkeit des Klosters, ein Theil eilte dorthin, um für seine Sünden Vergebung zu erlangen, ein anderer aber sann auf Rache. Zu Letztern gehörte auch jener Brauerssohn, der Bräutigam der Tochter des Klosterbrauers. Dieselbe hatte ihm nämlich gerathen, er möge sehen, wie er sich den Rosenholzbecher des Paters verschaffen und ihm seine Beschwörungsformel ablauschen könne, und beide beschlossen, den herumwandernden Mönch abzulauern und ihm sein Geheimniß mit Gewalt zu entreißen. Wie gedacht, so geschehen, der Brauer versteckte sich mit seinem Mädchen in der Nähe des Kühlstocks im Klosterbrauhause, und als Pater Laurentius wiederum in der Mitternachtsstunde angewackelt kam, aus dem Kühlstocke kostete und seinen geheimen Spruch that, da entriß ihm das Mädchen mit gewandter Hand den Becher und ihr Bräutigam, ein starker Bursche, hob ihn hoch empor, hielt ihn über die brodelnde Flüssigkeit und vermaß sich hoch und theuer, in hineinfallen zu lassen, wenn er ihm nicht den Segen mittheile. Der von Todesangst ergriffene Pater aber vermochte nur unverständliche Töne zu lallen, und als der junge Mann, dem seine Last zu schwer ward, seine Braut aufforderte, zuzugreifen und ihm zu helfen den Mönch wieder heraufzuheben, da packte dieser krampfhaft das Mädchen, dieses bekam das Uebergewicht und stürzte kopfüber in den Kühlstock. Vor Schrecken ließ nun der Bräutigam auch den Mönch untersinken, und als er nach einigen Augenblicken gesehen, was er angerichtet hatte, folgte er freiwillig den beiden Opfern in die Tiefe. Weder er noch eins derselben kam wieder in die Höhe, nur das Gebräu wallte etwas auf. [224] Als am nächsten Morgen die Brauknechte kamen, um das Gebräu zu probiren, wunderten sie sich nicht wenig, daß der Rosenholzbecher des Mönchs obenauf schwamm, allein sie dachten sich nichts dabei, sondern kosteten das Bier, und dasselbe schmeckte ihnen herrlicher denn je. Bald verbreitete sich der Ruf von diesem prächtigen Gebräu in der ganzen Stadt, Jedermann wollte davon haben und man konnte nicht genug ausschenken. Allein wie ward ihnen, als sie plötzlich in der Oeffnung die drei Leichname schwimmend erblickten. Freilich schüttete nun Jeder weg, was er noch im Kruge hatte, und Alles eilte bestürzt von dannen, allein fast alle, die von diesem Jungfernbiere getrunken, verfielen in eine schwere Krankheit, und das nannte man des Malzmönchs Biersegen, und wer daran starb, von dem sagte man, er sei an des Malzmönchs Nachttrunk gestorben. Von diesem Tage an aber holte kein Mensch mehr Bier aus dem Klosterbrauhause, die städtischen Brauereien kamen wieder in Aufnahme und das Volk erzählt sich, der Malzmönch in seiner Kutte ziehe, begleitet von einer Schaar Zwerglein und dem ertrunkenen Brautpaar, jeglichen Monat einmal zur Zeit des ersten Mondviertels um Mitternacht über die Malzböden aller Brauereien, koste von dem Malze mit seinem Becher und begebe sich dann zum Kühlstocke hinab, wo er seinen Segen spreche, und wo er dies thue, da gerathe der Bräu, und wer ihn koste, könne nicht genug davon bekommen, bleibe er aber aus, was er zuweilen aus Bosheit thue, da verderbe das Bier, und wer es dennoch trinke, der spüre es viele Tage in seinem Körper.