Textdaten
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Autor: Albert Ludwig Grimm
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Titel: Der Knüppel aus dem Sacke
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aus: Lina’s Mährchenbuch, Band 1, S. 151–180
Herausgeber:
Auflage: 2. Auflage
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Erscheinungsdatum: [1837]
Verlag: Julius Moritz Gebhardt
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Quelle: Exemplar der Staatsbibliothek Berlin auf Commons
Kurzbeschreibung:
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Indexseite
[151]
3.
Ein Mährchen
von
dem Knüppel aus dem Sacke.

[153] In einem kleinen Dorfe wohnte ein Bauer, der hatte Haus und Hof und Scheune und Ställe, und drei Söhne. Diesen erzählte er aber so oft von andern Dörfern und Städten und ganz andern Ländern, die er in früheren Jahren gesehen hatte, daß sie alle eine Sehnsucht fühlten, auch einmal diese fremden Länder zu sehen. Da trat denn erst der älteste der drei Söhne vor den Vater, und sprach: „Vater, gib mir mein Erbgut; ich will einmal hinaus in die Welt, von der Du so viel zu erzählen weißt, und will sehn, daß ich mein Glück mache.“

Da ging aber der Vater zu seinem Gevattermann, der ihm den ältesten Sohn über die Taufe gehoben hatte, und rathschlagete mit ihm was er thun sollte. Aber der Gevatter sprach: „Lasset ihn ziehen in Gottes Namen! er ist groß, und klug kann er auch sein nach seinem Alter. Vielleicht macht er sein Glück, und bringt Euch großen Reichthum mit.“

[154] Da gab ihm der Vater sein Erbtheil in Geld, und ließ ihn ziehen, wohin er wolle. Und Hanns zog aus von dannen, weit, weit, wie er meinte, über Flur und Feld, bis er am Abende in einen dichten Wald kam. Aber die Sonne neigte sich schon zum Untergange. Da trat zu ihm ein klein eisgrau Männlein, dem der Bart herab ging bis an den Gürtel, und sprach zu ihm: „Guten Abend, Hanns! Wo gehst Du hin?“

„In die Welt!“ sprach Hanns, „ich will mein Glück machen, und hab’ darum mein Erbtheil mitgenommen.“

„Ei, gib mir das!“ sagte das eisgraue Männlein. „Ich gebe Dir dafür ein Tischlein deck’ dich, das sich von selbst deckt mit Speis und Trank, was das Herz begehrt.“

Das gefiel Hanns; denn er war träg, und dachte, er dürfe alsdann gar nicht mehr arbeiten, und es wäre sehr köstlich, wenn er immer einen wohlgedeckten Tisch habe, und trinken könnte, was er wollte. Denn er aß auch gern was Gutes. Darum sprach er zu dem Männlein: „Gibst Du mir das Tischlein, so sollst Du mein ganz Erbtheil haben.“

Da führte ihn das eisgraue Männlein auf einem Seitenweg ein wenig in den Wald hinein, bis sie an eine Hütte kamen, die erbaut war von Moos und Rinden der [155] Bäume. Als sie aber durch die Thüre hinein traten, erstaunte Hanns, denn so was hatte er in seinem Leben noch nie gesehen. Das eisgraue Männlein stieß einen Laden auf, da fiel das Tageslicht in hundert Farben durch die farbigen Steine, woraus die Scheiben zusammengesetzt waren. Auf dem Boden lag ein Teppich von schwarzem Sammt mit wunderbaren goldenen Linien und Winkeln durchwirkt; die Wände waren jede nur ein großer Spiegel, darin aber Alles golden schimmerte, was man darin erblickte. Und Hanns erschrak, als er sich darin sah, denn er meinte, er sehe jetzt so golden aus. Die Decke schien so hoch, als der Himmel, obgleich das Hüttlein von außen nur ganz niedrig erschien. Und die Farbe der Decke war tiefblau, und schimmerte hier und da röthliche und gelbe Funken daran, wie die Sterne. Auf dem Boden lagen zwei schwarze Polster zum Sitzen, und darzwischen stand ein alt einfach Tischchen von schlechtem Tannenholze, das gar wundersam zu der übrigen Pracht abstach.

„Sieh,“ sprach das Männlein, „das ist Dein Tisch. Gib mir Dein Geld, und nimm ihn dafür mit Dir. Wenn Du Essen und Wein haben willst aller Art, so sag’ nur zu ihm: Tischlein deck’ dich! Jetzt geh, und versuch’s draußen selber. Wenn Dich der Handel reut, so komm nur [156] gleich wieder, Du sollst Dein Geld dann ohne Widerrede zurück bekommen.“

Da ging Hanns hinaus auf den breiten Weg, und stellte dort sein Tischlein unter eine große Eiche, und sprach: „Tischlein deck’ dich!“ und alsbald war das Tischlein gedeckt, und standen darauf sechs Platten und Schüsseln voller köstlichen Speisen, wie sie Hanns noch nie gesehen hatte, und von welchen er gar nicht wußte, ob man sie mit der Gabel oder mit dem Löffel ißt. Und auf jeder Ecke stand eine Flasche Wein.

Da setzte sich Hanns ins Gras unter das Tischlein, und ließ sich’s schmecken, wie es ihm vorher noch nie geschmeckt hatte. Wenn aber ein müder Wandersmann oder ein Paar Handwerkbursche des Weges kamen, so winkte er sie zu sich, und zeigte ihnen das Weinglas von ferne, und hieß sie mit sich essen und trinken. Und so ließ er das Tischlein sich etlichemal rüsten, bis es ganz Abend war. Dann packte er es auf seine Schultern, und wanderte zurück, und kehrte im nächsten Wirthshause ein, um da zu übernachten.

Als ihm der Wirth aber hinauf leuchten wollte in seine Kammer, packte er sein Tischlein auch auf, um es mitzunehmen. Da fragte ihm der Wirth: „Nein, sagt mir doch, warum haltet Ihr Euer alt schlecht Tischlein so [157] werth, daß Ihr’s mit Euch schleppet? Wenn Ihr glaubt, es könne Euch gestohlen werden, so irrt Ihr sehr. Ich hab’ gerade so eins, und schenk’s Euch auf der Stelle noch dazu, wenn Ihr es haben wollt.“

Da lachte Hanns recht herzlich, und sprach: „Ja, ja, Ihr meints vielleicht; doch so ein Tischlein habt Ihr nicht, zu dem man nur zu sagen braucht, Tischchen deck’ dich! wenn man essen will, und das sich von selber mit Speis und Trank versieht.“

Als der Wirth das hörte, macht’ er ein Paar große Augen vor Verwunderung, und sprach: „Ja, wenn es freilich so ist, dann nehm’ ich’s Euch nicht übel, daß Ihr so große Stücke darauf haltet.“ Darauf wünschte er ihm eine ruhsame Nacht, und ging hinab. Hanns war aber müde von seiner Wanderschaft, und legte sich nieder und schlief fest ein.

Aber dem Wirthe ging’s gewaltig im Kopfe herum, was Hanns gesagt hatte von seinem Tischchen; und er erzählte es drunten seiner Frau, daß der Gast ein Tischlein habe, das sich von selbst decke, wenn man daran essen wolle. „Frau!“ sprach er, „so ein Tischlein sollten wir haben. Wie oft kommt uns ein Gast, wenn gerade nichts zu essen im Hause ist. Dann hätt’s keine Noth mehr mit unserer Wirthschaft.“

[158] „Ei,“ sprach die Frau, „wer hindert uns? Komm, laß uns hinauf gehn, und ihm sein Tischlein nehmen und unseres dafür hinstellen. Denn beide Tischlein sind eins, wie das andere.“

Aber der Wirth wollte doch nicht recht daran; denn er sagte, es sei unrecht, einem Andern das Seinige zu nehmen. Da ward seine Frau aber böse, und sprach: „Was, Unrecht hin! Unrecht her! Du bleibst doch dumm Dein Leben lang! – Wenn Dir auch das Glück einmal eine gebratene Wurst unter die Nase hält, hast Du nicht einmal das Herz, darein zu beißen.“ Und so schalt sie fort, bis er sein alt Tischlein nahm, und mit ihr hinauf ging. Sie klopfte erst an die Thüre ganz sacht an, zu hören, ob Hanns nicht wache. Aber Hanns schlief so fest, daß er schnarchte.

Da traten die beiden hinein, und die Wirthin nahm Hannsens Tischchen, und der Wirth stellte das seinige auf die Stelle, und schlich sich wieder hinaus. Als er aber hinab kam, saß seine Frau schon hinter dem gedeckten Tischchen, und versuchte die Speisen. Er setzte sich aber auch zu ihr, und aß jetzt noch einmal mit ihr zu Nacht, und ließ sich besonders den Wein schmecken, denn er war viel besser, als der beste, den er im Keller hatte, und den er um zehn Kreuzer verzapfte. Als sie aber bald darauf [159] zu Bette gingen, trugen sie das Tischchen deck’ dich in ihre Schlafkammer.

Des andern Morgens stand Hanns vor Tage auf, und nachdem er dem Wirthe sein Schlafgeld bezahlt hatte, machte er sich auf den Weg nach seinem Dorfe.

Aber er lief ohne auszuruhen, und ohne zu essen bis nach Hause. Da verwunderte sich sein Vater, als er ihn schon wieder kommen sah, und sprach: „Nun, was gibt’s, Hanns? Hast Du Dein Glück schon gemacht?“

„Ja, Vater! ja, Vater!“ antwortete Hanns.

Da fragte ihn der Vater: „Aber warum bringst Du denn den alten zerbrechlichen Tisch mit Dir?“

„Der ist eben mein Glück!“ antwortete Hanns.

Da schalt ihn der Vater, und fragte ihn, wo er mit seinem Gelde denn hingekommen sei. Hanns antwortete ihm aber, er habe Alles für das Tischlein gegeben. Aber das sei auch ein Tischlein, so gebe es keines mehr in der ganzen Welt. Als sein Vater ihn darauf wieder schelten wollte, sagte er: „Seid nur ruhig Vater, und wartet noch mit Euerm Schelten. Ihr werdet mich noch loben, gebt nur Acht. Jetzt geht, und ladet alle Eure Verwandte, Freunde und Gevatterleute im ganzen Dorfe zum Nachtessen ein. Sagt ihnen, daß ich wieder heim gekommen sei, und sie diesen Abend gastiren wolle. Und das [160] sag’ ich Euch, die Sanne soll gar nichts kochen, kein Spahn Holz soll auf dem Heerde verbrannt werden. Und ich mach’ Euch doch satt, alle mit einander.“

Da wurde der Vater neugierig, und lief herum im Dorfe, und lud zusammen seine Gevatterleute, seine Verwandten und Freunde. Und als sie zusammen kamen, da guckten alle erst in die Küche, zu sehen, ob’s auch wahr wäre, was sie von Hannsens Vater gehört hatten, daß sie satt werden sollten, obgleich kein Spahn Holz auf seinem Heerde verbrannt würde. Als nun aber der Gevatter Oelmüller zuletzt kam, sagte Hanns: „Jetzt stellt Euch alle um mein klein Tischlein da herum, das ich mit von meiner Reise gebracht habe, und gebt recht Acht, was es geben wird.“

Es gab aber nichts, als ein Gelächter unter den Gästen. Denn Hanns schrie wohl vierzig mal: „Tischlein deck’ dich!“ das Tischchen deckte sich aber nicht; sondern blieb da stehn, ungedeckt, ohne Speise und ohne Wein; und die geladenen Gäste mußten hungrig nach Hause gehn.

Aber von Stunde hieß Hanns im ganzen Dorfe der Großhanns, darum, daß er sich etwas vermessen, was er nicht leisten konnte. Des andern Tages packte er nun sein Tischchen wieder auf, und wollte es dem eisgrauen Männlein wieder bringen, und sagen, der Kauf reue ihn. [161] Er fand das Männlein aber nirgend, und selbst seine Hütte war verschwunden, und jeden, den er nach ihn fragte, lachte ihn aus, und sagte. „Vom eisgrauen Männlein weiß man hier herum nichts, und so ein Hütte hat nie in dem Walde gestanden.“

Da zog er denn wieder traurig nach Hause, und arbeitete bei seinem Vater als Knecht, und ihn reuete herzlich, daß er sein Glück zu machen ausgezogen war, und ein Unglück gemacht hatte.

Jetzt fiel es aber den zweiten Bruder ein, er wolle die Welt sehen und sein Glück machen, aber besser als Hanns; denn er dünkte sich klüger. Darum trat er vor seinen Vater und sprach: „Vater, gebt mir mein Erbtheil, ich will die Welt sehen, und mein Glück aufsuchen.“

„Gelt!“ sagte der Vater „wie der Hanns? Nein, Stoffel sei gescheidt, und bleib daheim.“

Stoffel wollte aber nicht bleiben, und hatte Tag und Nacht keine Ruhe, und ließ auch dem Vater keine Ruhe, bis er ihm sein Erbtheil auszahlte, und ihn ziehen ließ. Aber alle Bauern im Dorfe lachten darüber, daß wieder einer von des alten Xaviers Söhnen ausgezogen sei, sein Glück zu machen.

Stoffel war kaum einen Tag gegangen, so kam er gegen Abend in einen dichten Wald, und auf einmal trat das [162] eisgraue Männlein mit dem langen Barte zu ihm, und fragte ihn: „Wohin, Stoffel?“

Stoffel verwunderte sich, daß er ihn kenne, und antwortete: „Ich hab’ mein Erbtheil vom Vater bekommen, und will mein Glück in der Welt machen.“

„Da hättest Du zu niemand besser kommen können, als zu mir!“ sagte das Männlein. „Gib mir Dein Erbtheil, und ich gebe Dir einen Goldesel dafür, der nicht mit Geld zu bezahlen ist. Sagst Du zu ihm: Esel, schlag aus! so schlägt er Dir aus mit allen vier Füßen, und aus jeder Hufe fliegen allemal die Goldstücke zu Haufen heraus als wären’s vier Kästlein, die ausgeschüttet werden, daß Du nur auflesen darfst.“

Das gefiel Stoffeln, und er versprach, wenn es so wäre, sei er den Handel zufrieden.

Da führte ihn das eisgraue Männlein ein wenig vom Wege ab in den Wald, und zeigte ihm den Stall, darin das Eselein stand. Aber Stoffel erstaunte, als er hinein trat. Der Stall war schöner, als er je eine Stube gesehen, und die Grippe war von Silber, der Trog war von Golde, und statt des Strohes waren ihm lauter ungesponnene Seidenfäden gestreuet, darauf das Eselein lag, zwar kleiner, aber sonst völlig wie andere Esel auch. Denn es [163] fraß auch Disteln und Kleie besonders gern, und hatte noch davon in der Grippe und im Trog.

Aber das eisgraue Männlein jagte das Eselein auf, und sagte: „Nun, Stoffel versuch’s einmal, ob’s auch wahr ist, was ich Dir davon gesagt habe.“ Und Stoffel rief: „Esel schlag aus!“ da schlug es aus, und die Goldstücke flogen im Stalle umher. Darob freute sich Stoffel über die Maßen, gab dem eisgrauen Männlein sein Erbtheil, und führte den Esel mit sich heimwärts.

Die Nacht überfiel ihn aber bald. Da kehrte er im nächsten Wirthshause ein, und das war dasselbe Wirthshaus, wo sein Bruder Hanns auch schon einmal mit seinem Tischlein über Nacht Herberge genommen hatte. Als ihm aber der Wirth das Eselein in den Stall führte, sagte Stoffel zu ihm: „Herr Wirth, haltet mir nur das Thierlein gut und in Ehren; legt ihm statt der Streu ein gutes Federbett unter; ich will’s Euch morgen reichlich bezahlen. Denn so gibt’s nur einen Esel in der Welt. Sagt aber ja nicht zu ihm: Esel schlag aus! sonst könnt’s ein Unglück geben, für das ich nicht stehn mag.“ So sagte er, damit er dem Wirthe Angst machte, und hoffte jetzt gewiß zu sein, daß ihm der Esel nicht veruntreut würde. Denn nun glaubte er gewiß, werde es dem Wirthe nicht einfallen, zu dem Esel zu sagen: Esel schlag aus! [164] und werde es so auch nicht merken, daß der Esel mit jedem Schlage seiner Hufe Gold von sich werfe.

Aber gerade umgekehrt. Als unser guter Stoffel nun schlief, ging der Wirth mit seiner Frau in die Scheune, wo er durch eine Ritze in der Thür in den Stall sehen konnte, darin das Goldeselein lag. „Da kanns doch kein Unglück geben,“ sagte er zu seiner Frau, „er mag ausschlagen, wie er will. Wenn ich hinter der breternen Thüre stehe, so kann er mich doch nicht treffen.“

„Ach, was wird er Dich treffen!“ antwortete die Frau. „Sag’s nur, ich bin recht begierig, was es geben wird.“ „Wenn’s aber doch ein Unglück gäbe?“ sagte der Wirth. Da schalt ihn die Wirthin einen alten furchtsamen Hasenfuß, und er schämte sich, und rief schnell durch’s Astloch in der Stallthüre: „Esel schlag aus!“ und lief schnell weg hinaus in den Hof.

Aber die Frau war begierig zu sehn, was es geben werde, als daß sie weglaufen konnte. Sie war an der Ritze stehen geblieben, und hatte zugesehen, was das Eselein machte. Und jetzt kam sie schnell in den Hof gelaufen, und rief lachend, aber doch ganz heimlich, mehr mit Winken als mit Worten, ihren Mann in die Scheune, und sagte: „Hab ich’s nicht gesagt? da sieh einmal in den Stall, und sieh, was hinter dem Esel liegt.“ Und als er [165] hineinging, und verwundert eine Hand voll, von den glänzenden Goldstücken aufhob, rief sie ihm zu: „Gelt, was ein Unglück? wenn nur alle Tage so eines über uns verhängt wäre.“

Da zog der Wirth seine weiße baumwollene Mütze ab, und warf sie in die Höhe, daß sie an der Decke des Stalles abfuhr, und drehte sich auf einem Beine herum; und rief: „Juchhei! nun sind wir reiche Leute! nun will ich ein anderes Wirthshaus bauen, als das eins ist, und der Esel darf mir nicht mehr aus dem Stalle!“

„Ja,“ sagte die Frau, „das ist alles recht gut; aber der Fremde wird seinen Esel morgen früh wollen, und was willst Du da machen? Du mußt ihn doch hergeben.“

„Nein, nein! ich geb ihn nicht mehr her!“ rief der Wirth ganz eifrig: „Laß mich nur machen, ich will ihn schon kriegen. O, du liebes Goldeselein, – nein, von dir kann ich mich nicht mehr trennen. – Weißt Du was, Frau! hat nicht der Mühlhannes drunten im Thale gerade so ein klein Eselein, wie das? – Ich laufe geschwind hinunter, und kauf’s ihm ab, und sage, es sei ein Gast bei mir, der es durchaus haben wollte, und gut bezahle, und wenn ich ihm vier von den Goldstücken dafür biete, so gibt er mir’s mit Freuden.“ Und als er das sagte, lief er schon zur Thüre hinaus über den Hof. Und schnell rannte [166] er den Hügel hinab bis an die Mühle. Da machte er mit dem Müller den Kauf sogleich richtig, und brachte fröhlich den Grauen hinauf; und als er kam, suchte seine Frau noch mit der Laterne im Strohe herum; denn sie hatte das Goldeselein gar manchmal ausschlagen lassen, bis es ganz matt auf sein Federbett hingesunken war. Die Goldstücke sammelte sie aber alle gar sorgfältig, damit man am andern Morgen keines finden sollte, was bei dem Fremden leicht Verdacht erweckt haben würde.

Als ihr Mann aber jetzt des Mühlhannes Mühleselein brachte, da ward erst ihre Freude recht groß; denn nun sah sie, daß es dem Goldeselein völlig ähnlich war, wie ein Ei dem andern. Da banden sie denn das Goldeselein ab, und versteckten es im Keller unter der Scheune, wo sie im Herbste ihre Kartoffeln und ihren Rosmarinstock aufhoben. Aber an seine Stelle banden sie das Mühleselein, und gingen dann schlafen. Doch einschlafen konnte sie lange nicht vor Freuden über ihr Glück. Und als die Frau eingeschlafen war, träumte ihr sogar von dem Goldesel, und rief einmal über das andere mal: „Esel schlag aus!“ Und als es Tag wurde, weckte sie sogar auch ihren Mann mit den Worten: „Esel wach auf!“ denn sie konnte an gar nichts anderes mehr denken, als an den Esel.

Unser guter Stoffel war aber auch bald aufgewacht; [167] denn auch er konnte nicht ruhig schlafen vor Freude über das Goldeselein. Und wenn er sich dachte, in welches Ansehn er kommen würde in seinem Dorfe, bei seinem Vater und dessen Nachbarn, wenn er ein solch Wunderthier mit sich brächte, so wußte er sich gar nicht mehr zu lassen vor Freude. Darum kleidete er sich schnell an, und ging hinunter, und bezahlte sein Schlafgeld, und nahm den Esel, und ward nicht gewahr, daß er ihm vertauscht worden, und zog mit ihm von dannen in sein Dorf.

Und er kam an, noch ehe zu Abend die Betglocke geläutet war. Sein Vater hatte aber eben die Kühe gefüttert, und wollte die Treppe hinauf gehen, da sah er seinen Stoffel durch’s Unterdorf herauf ziehen, und den Grauen mit den langen Ohren vor ihm her. Und als er näher kam, rief er ihm entgegen: „Nun, woher so bald? und Du kommst gar zu zweien? Hast Du schon Dein Glück gemacht?“

„Ja, Vater!“ antwortete[1] Stoffel, und trieb seinen Langohr vor sich her in den Hof. Da ward der Vater unwillig, und rief: „Am Ende hast Du Dein Erbgut all für den krüpplichten Esel hingegeben und hältst nun den für Dein Glück?“

„Ja, Vater, er ist’s auch!“ antwortete Stoffel, und band seinen Esel dabei an’s Staffelgeländer. „Seid aber [168] nur nicht böse. Gebt Acht, ich hab’s klüger gemacht, als der Bruder Hanns. Jetzt geht nur, und ladet alle Eure Gevatterleute und Freunde und Nachbarn zusammen, dann soll mein Esel sein Kunststück machen, daß Ihr Euch verwundern sollt.“

„Ja, ja,“ sagte der Vater, „ich kann mir’s schon denken, was das für ein Kunststück sein wird. Daß Dich auch das ganze Dorf auslacht, wie es Deinem Bruder Hanns erging, der jetzt überall nur der Großhanns heißt.“

„Vater,“ antwortete Stoffel, „seid nur ruhig, und thut, wie ich Euch sagte. Ihr werdet mich gewiß loben, wenn Ihr sehet, welch einen guten Kauf ich gemacht habe. Wir sind reich, reicher als der Schulz, und reicher als der gnädige Herr selbst, der droben im Schloß wohnt. Denn das ist kein gemeiner Esel, den ich da habe, das ist ein Goldesel.“

„Ein Goldesel?“ fragte der Vater verwundert, und schüttelte den Kopf, aber nicht mehr so ganz ungläubig; denn er ging hinab, und betrachtete das Wunderthierlein hinten und vorn, und von den Seiten, und ging dann, und lud seine Freunde und Gevatterleute und Nachbarn zusammen, und führte sie mit sich heim, und erzählte ihnen unterweges, daß sein Sohn Stoffel einen Goldesel mitgebracht habe von seiner Wanderschaft, der ihn so reich [169] mache, wie den gnädigen Herrn selber, und noch reiche sogar.

Als er aber mit seinen geladenen Gästen heim kam, war der Esel nicht mehr im Hofe; und als er die Treppe hinauf kam und in die Stube, da hatte Stoffel den Esel schon in die Stube geführt und eine Lampe angezündet. Denn es war in der Zeit dunkel worden, und Stoffel fürchtete, man möchte in dem Hofe die Goldstücke nicht so leicht finden.

Als sie nun Alle in der Stube waren, hieß sie Stoffel sich in einen Kreis herumsetzen, und er stellte sich mit dem Grauen in die Mitte der Stube, und sagte: „Jetzt gebt Acht!“ Darauf wandte er sich zu dem Esel und rief: „Esel schlag aus!“ Aber der Esel schlug nicht aus. Und er rief wieder: „Esel schlag aus!“ Aber der Esel blieb stehen, nach wie vor, und senkte die Ohren, und rührte sich nicht. Da fingen schon die Nachbarn an ins geheim zu lachen, und der Vater fing an in sich zu brummen, und Stoffeln ward’s bange, er möchte in Schimpf und Schande bestehen, wie sein Bruder Hanns. Und er schlug nun mit seiner Faust dem Esel ein Tüchtiges hinten auf, und schrie lauter: „Esel schlag aus!“ Das verstand das [170] Mühleselein endlich unrecht. Es stellte sich auf seine Vorderfüße, und schlug mit seinen Hinterfüßen hinten hinaus, so weit es konnte, und schrie: „Iha! iha! iha!“

Stoffel war aber gerade hinter ihm gestanden, und bekam darum von den Hufen des Esels einen so gewaltigen Schlag an die Beine, daß er umpurzelte. Da lachten die Freunde und Nachbarn und Gevatterleute aus vollem Halse, und gingen und bedankten sich im Fortgehen, daß er ihnen den schönen Spaß gemacht habe. Und von der Stunde an hieß Stoffel im ganzen Dorfe der Eselsstoffel; und wo er sich nun sehen ließ, riefen ihm die Kinder nach: „Esel, iha! Esel, schlag aus!“ und je böser er drüber ward, desto mehr neckten sie ihn.

Stoffel ging aber auch wieder von dannen, und wollte dem eisgrauen Männlein im Walde sein Eselein wieder bringen; allein er fand weder das Männlein, noch sein Haus, noch den Stall, und mußte betrübt wieder nach seinem Dorfe zurückkehren. Und von nun an arbeitete er als Knecht bei seinem Vater.

Nun war die Reihe an dem jüngsten Bruder, der Thomas hieß. Dem fiel es jetzt auch ein, er wolle die Welt sehen, und vielleicht sein Glück besser machen, als seine [171] beiden ältern Brüder. Darum ging er zu seinem Vater und begehrte sein Erbtheil. Der Vater hatte aber nicht Lust dazu, und sagte: „Thoms, du warst von Kindheit an folgsamer als deine Brüder; sei mir nun auch in dem Stücke folgsam, und bleib im Lande und nähre dich redlich, daß ich nicht auch an dir Schimpf und Schande erleben muß, wenn die Kinder auf der Gasse dich zum Gespötte machen.“

Thomas antwortete aber seinem Vater bittend: „Laß mich nur ziehen, Vater. Und wenn mir’s auch so geht, wie meinen beiden Brüdern, so ist’s ja auch gut; das soll mir eben so lieb sein, als wenn ich mein Glück gemacht hätte. – Seht, Vater, ich kann’s so nicht mehr länger aushalten. Ihr haltet mich als Euern Sohn, und meine Brüder seht Ihr als Knechte an, und sie sind doch eben so gut Eure Söhne, als ich. – Hab’ ich aber mein mütterlich Erbtheil auch verschleudert, wie meine Brüder, so sind wir wieder gleich, dann könnt Ihr uns wieder alle als Söhne annehmen, oder ich werde auch Euer Knecht, wie meine Brüder, und habe keinen Vorzug mehr vor ihnen, wie es recht ist.“

Das gefiel dem Vater, und er umhalsete seinen Sohn, und sagte: „Ja, du hast Recht. Komm, du sollst dein [172] Erbtheil auch haben und in die Welt gehen.“ Mit diesen Worten schloß er die Kiste auf, und gab ihm aus der Nebentruhe sein Erbtheil in Geld, und ließ ihn ziehen.

Als die Leute im Dorfe aber hörten, daß jetzt auch der dritte Sohn des alten Xaviers ausgezogen sei in die Welt, um sein Glück zu machen, sagten sie unter einander, der alte Mann müßte selbst am Verstand schwach sein, daß er in die Thorheit seiner Söhne so einwilligen könnte.

Der kleine Thoms war aber weit hinausgezogen an selbem Tage, und kam gegen Abend auch in den dichten, dunkeln Wald, der gar kein Ende nehmen wollte. Da trat ihm auf einmal, wo der Weg am schmälsten war, das eisgraue Männlein mit dem langen weißen Barte entgegen, und sagte: „Guten Abend, Thoms!“

„Ei, woher kennst Du mich denn?“ fragte Thomas. Da sagte das Männlein: „Ach, ich kenne Dich schon lange, und weiß Alles von Dir. Ich weiß, daß Du Dein Erbtheil bei Dir trägst, und daß es Dir eins ist, ob Du Dein Glück machst, oder ob Du es auch verlierst, wie Deine Brüder, weil Du Deine Brüder lieb hast, und nicht besser gehalten sein willst von Deinem Vater, als sie auch gehalten werden. Willst Du nun mir Dein Vertrauen schenken, so gib mir [173] Dein Erbtheil, und ich will Dir dafür etwas geben, was Dir zwar nicht viel werth scheinen wird, was Dir aber doch in der Welt noch gar gute Dienste leisten kann.“

„Wenn ich das wüßte,“ sagte Thomas, „so wollte ich Dir mein Erbtheil schon geben. Aber was ist es denn, das Du mir dafür geben willst.“

„Ich gebe Dir den Knüppel aus dem Sack,“ antwortete das Männlein. „Wenn Du den in der Tasche trägst, und Du oder ein Anderer sagt: Knüppel aus dem Sack! so fährt er aus der Tasche heraus, und prügelt die gar wacker durch, die es nicht gut mit Dir meinen, bis Du selbst sagst: ‚Knüppel in den Sack.‘“

Das gefiel dem kleinen Thomas. Er gab dem Männlein sein Geld, und bekam dafür den Knüppel aus dem Sack, den er sorgfältig in seiner Tasche verwahrte. Und dann kehrte er um, nach Hause zu gehen. Da rief ihm das Männlein noch nach: „Kehre nur im nächsten Wirthshause vor der Waldhöhe ein, dort findest Du gute Herberge.“

Und Thomas kam im Wirthshause an, als es eben Nacht wurde. Weil er aber nur ein Paar Groschen in der Tasche hatte, ließ er sich nur ein Stück trockenes Brod [174] und ein Glas Bier zum Abendbrod geben, und ging damit schlafen. Als er aber zur Thüre hinaus ging, sagte er zu dem Wirthe und seiner Frau: „daß nur diese Nacht niemand in meine Schlafkammer geht, und ruft: Knüppel aus dem Sack! Es möchte ihm sonst übel bekommen.“ Damit ging er hinauf, und legte sich schlafen.

Als er aber fort war, sagte die Wirthin; „Hast Du’s gemerkt, Mann? Da läßt sich wieder etwas fischen. Das hat der Fremde nicht umsonst gesagt.“

„Ja,“ antwortete der Wirth, „ich hätte beinahe Lust, es doch zu versuchen. Aber freilich! so ein Knüppel könnte keinen Spaß verstehen. Es lautet gar zu verdächtig.“

„Ach, was! verdächtig!“ antwortete die Wirthin. „Gelt, das Esel schlag aus lautete auch verdächtig, und doch ist Dir’s gar wohl bekommen. Wer weiß? der Knüppel bringt uns wohl gar noch größeres Gut, als der Esel. Vielleicht wird man recht gesund oder gar wieder jung, wie man dergleichen ja schon in den alten Mährlein gehört hat.“

„Du kannst wohl Recht haben,“ versetzte der Wirth. „Wir wollen’s gleich einmal versuchen.“ Und bald darauf schlichen sie hinauf in die Stube, wo Thomas schlief, [175] und als sie ihn schlafend fanden, traten sie näher, und sagten voller Erwartung: „Knüppel aus dem Sack!“ Da fuhr der Knüppel aus Thomsens Tasche, und schlug tüchtig bald auf den Rücken des Wirthes, bald auf den Rücken der Wirthin, daß sie jämmerlich zusammen schrieen, und daß Thoms davon erwachte.

Thomas freuete sich aber herzlich, daß die Wirthsleute für ihre betrügerische Neugierde so schön bestraft wurden, und rief selbst noch einmal: „Knüppel, aus dem Sack!“ Da fuhr der Knüppel mit doppelter Stärke auf den Rücken der Wirthsleute herum, und sie liefen schreiend zur Thüre hinaus, und die Treppe hinunter. Aber der Knüppel fuhr ihnen immer nach, und verfolgte sie durch’s ganze Haus und wohin sie nur gingen, und tanzte ihnen weidlich auf dem Rücken. Und so kamen sie wieder herauf zu Thomas, und baten ihn mit Thränen und Jammergeschrei, er möge doch seinem Knüppel befehlen, daß er aufhöre; sie wollten ihm auch das Tischchen deck’ dich und den Goldesel geben, er möge nur den Knüppel einmal wieder in seine Tasche bringen. Da sagte Thomas „Knüppel in den Sack!“ und der Knüppel fuhr den Augenblick in seine Tasche.

Da mußte Thomas lachen, aber die Wirthsleute gingen [176] weinend hinunter, und legten sich zu Bette. Sie konnten aber gar nicht schlafen, nicht vor Freude, wie bei dem Tischchen deck’ dich und bei dem Goldesel, sondern vor Aerger, daß sie sich damit nicht begnügt hatten, und durch ihre habsüchtige Neugier um das Alles gekommen waren.

Am andern Morgen kam Thoms frühe herunter, und verlangte gleich das Tischchen deck’ dich und den Goldesel. Da weigerten sich der Wirth und die Wirthin. Aber Thoms fragte: „Soll ich meinen Knüppel heraus lassen?“

Da schrien sie aber beide: „Nein, lieber, goldner Herr! laßt nur den Knüppel weg; wir haben noch genug von der Nacht her!“ und holten gutwillig das Tischlein, und der Mann brachte auch den Esel aus dem Stalle. Thomas war aber nicht so dumm; er versuchte erst das Tischchen, und sagte: „Tischchen deck’ dich!“ Da deckte es sich und war versehen mit allerlei Speisen. Die ließ er sich wohl behagen. Dann mußte auch der Esel sein Probestücklein machen, und als er rief: „Esel schlag aus!“ da schlug der Esel aus, und die Goldstücke flogen in dem Hofe herum. Da sagte Thomas zu dem Wirthe: „Nehmt das Gold für mein Nachtlager,“ und packte das Tischlein deck’ dich dem Goldeselein auf dem Rücken, und zog freudig [177] von dannen. Aber die Wirthsleute sahen ihm traurig nach.

Als aber am andern Abende nach Thomsens Abreise der alte Vater Xavier wieder auf seiner Treppe vor der Hausthüre stand, und hinaus auf die Landstraße sah, zog ein junger Bursche daher, der einen beladenen Esel vor sich her trieb. Und als er näher kam, dachte er: „der sieht gerade aus, wie mein Thomas.“ Und als Thomas in’s Unterdorf kam, erkannte er ihn. Aber dießmal durfte der Vater nicht erst seine Freunde und Gevatterleute und Nachbarn zusammen laden. Das ganze Dorf, Jung und Alt lief Thomsen von selber nach; und die Kinder schrieen und schalten, und die Alten freuten sich schon wieder auf den Spaß, den es wieder in Xaviers Hause geben würde, da wieder einer von seinen Söhnen von der Wanderschaft zurück gekommen sei.

Thomas trug Alles ganz geduldig, und sagte nichts, die Leute mochten spotten und schelten, so viel sie wollten. Und als er nun vor seines Vaters Haus ankam, stellte er schweigend sein Tischlein von des Esels Rücken, und rief dann seinen Vater und seine Brüder. Die kamen zwar, waren aber ganz verlegen, denn sie fürchteten, es gehe wieder wie vorher immer. Als sie aber bei ihm waren, sagte [178] Thomas: „Tischchen deck’ dich!“ und das Tischchen war mit den köstlichsten Speisen versehen. Dann sagte Thomas: „Esel schlag aus!“ und der Esel schlug aus, und die Goldstücke flogen umher, und manche von den Kindern, die seiner vorher gespottet hatten und gescholten, bückten sich jetzt darnach, und wollten sich auch von den glänzenden Goldstücken etliche aufnehmen.

Da sagte er aber: „Knüppel aus dem Sack!“ und der Knüppel fuhr aus seiner Tasche, und schlug unter die Menge, und traf recht tüchtig auf alle die, die seiner vorher gespottet und ihn gescholten hatten. Und als sie davon laufen wollten, flog ihnen der Knüppel nach durch’s ganze Dorf, und erregte viel Gelächter und Geschrei und Lärmen, aber machte auch manchem einen blauen Rücken, ehe Thoms sagte: „Knüppel in den Sack.“

Und als die Spötter nun alle fort waren, da gab Thoms seinem Bruder Hanns sein Tischchen deck’ dich, und seinem Bruder Stoffel den Goldesel, und sagte: „Was Euch gehört, soll Euer sein, und ich will’s Euch nicht vorenthalten.“ Da fielen ihm der Vater und die Brüder um den Hals, und dankten ihm herzlich, und führte jeder seine Gabe mit sich. Dann setzten sie sich fröhlich zusammen, und das Tischlein deck’ dich mußte sich gar manchmal decken,

[178a]

„Esel schlag aus!“
(Das Mährchen vom Knüppel aus dem Sacke.)

[179] und lebten fortan in treuer brüderlicher Eintracht beisammen.

Aber als sie durch den Goldesel immer reicher wurden, und auch manchem ihrer Nachbarn aus der Noth halfen, da verlor Hanns nach und nach seinen Spottnamen, Großhanns; und von dem Esel Iha sprachen alle Leute im Dorfe mit großer Ehrerbietigkeit, und hieß niemand mehr den guten Stoffel, wie vorhin, Esels-Stoffel. Wenn aber Thoms durch die Gasse ging, zogen alle, die ihm begegneten, den Hut ab, und wenn er vorbei war, zeigten sie ihn ihren Kindern, und sagten ihnen dabei: „Seht, der hat das Tischchen deck’ dich und den Esel schlag aus seinen Brüdern gebracht; er selbst aber hat den Knüppel aus dem Sack in der Tasche. Seid brav und hütet euch, sonst läßt er ihn heraus, und dann gibt’s tüchtige Schläge!“

Und als das Tischchen deck’ dich schon lange zerbrochen, und der Esel schlag aus schon lange gestorben, und Thomas schon lange begraben, und auch der Knüppel aus dem Sack schon lange zerschlagen war, da warnte man die Kinder im Dorfe noch immer vor ihm; und alle Kinder, welche die Geschichte davon erfuhren, hatten Furcht vor ihm, und wurden um seinetwillen alle brav.

[180] Heut zu Tage ist aber die Geschichte beinahe ganz vergessen; darum gibt’s auch so viele böse Kinder. Hütet euch aber, und spottet Niemand, der ruhig seiner Wege hin geht. Wer weiß? am Ende ist’s sonst vielleicht gar so ein Thoms mit einem Knüppel in dem Sacke.


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