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Autor: Nikolaus Lenau
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Titel: Der Küraß
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aus: Nicolaus Lenau’s dichterischer Nachlaß, Seite 115–117
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Erscheinungsdatum: 1858
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Erscheinungsort: Stuttgart und Augsburg
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Quelle: Commons
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[115]

Der Küraß.

„Wollt Ihr nicht einen Küraß kaufen
Herr, Hußar! mein Herr Hußar?
’s ist doch besser im Küraß raufen,
Als im schleißigen Tuch, nicht wahr?“

5
Lacht der Hußar dem Judengauche:

„„Hast du den Hasendeckel gebracht,
Daß die Seele mir nicht ausrauche,
Wenn sie mir kocht im Feuer der Schlacht?““

„Kauft den Küraß! wie wär’s doch Schade

10
Um den schönen gewichsten Bart,

Wenn er um eine schlechte Parade
Noch so schwarz schon würde verscharrt!“

[116]

„„Jude, kennst du Hußarenhiebe?
Säbel und Schild und Küraß zugleich

15
Führt meine Faust; Jud, schiebe dich, schiebe,

Sonst verkostest du meinen Streich.““

Und der Hußar den blanken Säbel
Kreuzend und kreisend um’s Haupt sich schwingt,
Daß es wie ein eiserner Nebel

20
Vor den Augen des Juden springt.


„Bravo, Hußar! Doch besser ist besser;
Kauft den Küraß, helft Euch und mir.
Seht, dort reiten drei Eisenfresser,
Weh, drei Feinde! bald sind sie hier.“

25
„„Ei, so komm,““ so ruft der Magyare,

„„Will dir helfen, du armer Tropf!““
Und er packt ihn an seinem Talare,
Setzt ihn vor sich auf den Sattelknopf.

„„O du ärmster Jude auf Erden!

30
Ich bin hinten, und du bist vorn;

Du mußt selber mein Küraß werden!““
Und er gibt dem Rosse die Sporn.

[117]

Wild verzweifelnd schreit der Hebräer,
Doch der Hußar hält fest; hu! hu!

35
Reitet näher und näher und näher

Auf die drei feindlichen Reiter zu.

Hält den Juden mit seiner Linken,
Mit der Rechten führt er das Schwert,
Und die drei Reiter vom Rosse sinken,

40
Und der Jude blieb unversehrt.


Sanft hinab vom schäumenden Hengste
Setzt den Juden jetzt der Hußar,
Für die Gefahren und Todesängste
Reicht er den Beutel voll Goldes ihm dar.

45
„„Keinen Küraß mehr dem Hußaren!““

Ruft der Hußar und reitet davon;
Zitternd noch von den Todesgefahren
Zählt der Jud die Dukaten schon.