Der Hexenhammer (1923)/Dritter Teil, Zweite Frage

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Zweite Frage. Von der Anzahl der Zeugen.

Weil in der zweiten Art (den Prozeß zu beginnen) die Rede gewesen ist von den Aussagen der Zeugen, wie sie hingeschrieben werden sollen, ist es nötig, ihre Zahl und Beschaffenheit zu wissen. Es wird gefragt, ob der Richter (auf Grund der Aussagen) zweier gesetzlicher, nicht singulärer Zeugen erlaubterweise eine Frau wegen Hexenketzerei verurteilen könne, oder ob notwendig mehr als zwei erfordert werden; und zwar heißen singuläre Zeugen solche, wenn sie in den Aussagen auseinandergehen, jedoch im Wesen oder in der Wirkung der Sache übereinstimmen; z. B. wenn der eine sagt, sie hat mir die Kuh behext, der andere, das Kind, so würden sie bezüglich der Behexung übereinstimmen. Hier aber wird gefragt, ob die Zeugen nicht teilweise, sondern durchaus überein­stimmen; und es wird geantwortet: Wiewohl streng nach dem Gesetz zwei Zeugen zu genügen scheinen, weil die Regel lautet, daß im Munde zweier oder dreier jedes Wort stehe, so scheinen doch nach Recht und Billigkeit in diesem Verbrechen zwei nicht zu genügen. Einmal wegen der Ungeheuerlichkeit des Verbrechens. In den Verbrechen nämlich müssen die Beweise klarer als der Tag sein: ff. de probationibus, si autem; und die Ketzerei, besonders eine solche, wird unter die größeren Verbrechen gerechnet; und wenn gesagt wird, daß in diesem Verbrechen leichtere Beweise genügen, weil durch ein leichtes Argument jemand entdeckt wird, c. de haeret. l. II: „Durch ein leichtes Argument, (nämlich) durch Abweichen vom Urteil und Pfade der katholischen Religion, macht man sich zum Ketzer“, so wird geantwortet: Das ist richtig zum Verdacht schöpfen, aber nicht zum Verurteilen. Dann (genügen zwei Zeugen nicht) wegen der Verstümmelung der gesetzlichen Ordnung in diesem Verbrechen. Hierbei nämlich wird die gesetzliche Ordnung zugunsten des Glaubens verstümmelt, daß weder der Angeklagte die Zeugen schwören sieht, noch auch ihm bekannt gegeben werden, wobei ihnen schwere Gefahr drohen könnte; wie es c. statuta, de haeret. l. VI steht, daß deshalb der Angeklagte sie nicht ahnen kann. Aber der Richter selbst ist gehalten, für sich und von amtswegen, bezüglich der Feindschaft der Zeugen (mit dem Angeklagten) zu inquirieren, weil sie (dann), wie sich unten ergeben wird, ausgeschlossen werden; auch sie immer wieder zu fragen, wenn sie in Sachen des Gewissens verwirrte Aussagen gemacht haben; das kann er tun nach extra de test. per tuas und ff. de quaestionibus repet. Denn je mehr der Weg der Verteidigung dem Angeklagten entzogen wird, desto mehr liegt dem Richter die Sorge um eifriges Inquirieren ob.

Wenn sich also zwei übereinstimmende und gesetzmäßige Zeugen gegen irgend jemand fänden, möchte ich infolge dessen ihn wegen eines so großen Verbrechens nicht verurteilen, sondern ihm, wenn er übel beleumundet wäre, die Reinigung zuschieben oder wegen heftigen Verdachtes, der aus den Aussagen zweier Zeugen entsteht, ihn abschwören lassen oder (weiter) verhören resp. das Urteil aufschieben. Denn es scheint nicht sicher, auf das Wort zweier Zeugen hin einen Menschen von gutem Rufe wegen eines so großen Verbrechens zu verurteilen. Anders wäre es, wenn er von schlechtem Rufe wäre. Darüber (handelt) ausführlicher Archidiaconus im c. ut officium, § verum im Anfang de haer. l. VI, über das Wort „Zeugen“, und im c. fidei, am Ende der Glosse jenes Kanon; ebendort auch Johannes Andreä; auch im c. excommunicamus itaque, extra de haeret., § adicimus, heißt es, der Bischof lasse drei oder mehr Männer von gutem Zeugnis schwören, die Wahrheit zu sagen, ob sie in der Parochie wissen, daß dort solche Ketzer sind.

Ebenso wenn gefragt wird, ob der Richter durch singuläre Zeugen allein oder wenigstens im Zusammentreffen mit Infamie gerechterweise jemanden wegen solcher Ketzerei verurteilen könne, so wird geantwortet, nein; weder durch singuläre Zeugen allein noch auch im Zusammentreffen mit Infamie: extra de testi cum literis; besonders da in Verbrechen die Beweise, wie sich oben ergeben hat, klarer als der Tag sein müssen, und in diesem Verbrechen niemand auf grund einer Annahme zu verdammen ist: extra de praesumpt. literas. Daher wird einem solchen die Reinigung bezüglich der Infamie und das Abschwören bezüglich des heftigen Verdachtes, der sich auf grund der Zeugenaussagen erhebt, zugeschoben. Aber wo es singuläre Zeugen sind, jedoch im Wesen der Tat übereinstimmen und in der Evidenz der Tat kon­kurrieren, da wird dann das Gewissen des Richters belastet.

Mittelbar hat man die Frage, wie oft die Zeugen verhört werden können.