Der Hexenhammer (1923)/Dritter Teil, Vierzehnte Frage

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Vierzehnte Frage. Über die Art, die Angezeigte zu den peinlichen Fragen zu verurteilen, und wie sie am ersten Tage peinlich zu verhören sei, und ob man ihr die Erhaltung des Lebens versprechen könne. Zehnter Akt.

Was hat endlich der Richter an zweiter Stelle zu bedenken? Es besteht der Akt danach darin, daß er in der Weise, wie folgt, das Urteil fällt: „Wir, Richter und Beisitzer, die wir auf die Ergebnisse dieses von uns geführten Prozesses gegen dich, den und den, von dem und dem Orte der und der Diözese, achten oder seine Ergebnisse erwägen, finden nach sorgfältiger Prüfung aller Punkte, daß du in deinen Aussagen veränderlich bist, weil du nämlich sagst, du habest die und die Drohungen ausgestoßen, aber nicht in jener Absicht. Und doch sind nichtsdestoweniger verschiedene Indizien vorhanden, welche genügen, dich den peinlichen Fragen und Foltern auszusetzen. Deswegen erklären, urteilen und erkennen wir, daß du am gegenwärtigen Tage und zu der und der Stunde den peinlichen Fragen und Foltern ausgesetzt werden sollst. Gefällt ist dieses Urteil“ etc.

Zweitens besteht der Akt darin, daß, wie vorausgeschickt worden ist, (der Richter) auch jetzt noch nicht zum peinlichen Verhör bereit ist, sondern (der Angeklagte) im Gefängnis zur Strafe und nicht mehr bloß zur Bewachung, wie bisher, festgehalten wird. Dann läßt (der Richter) jenes Freunde herbeiholen und stellt ihnen vor, daß er der Bestrafung entginge und vielleicht dem Tode nicht überantwortet würde, wenn er die Wahrheit gesteht, während er sonst bestraft wird; und ermahnt sie, daß sie den Angezeigten dazu bringen möchten. Denn das häufige Nachdenken, das Elend des Kerkers und die wiederholte Belehrung seitens rechtschaffener Männer machen ihn geneigt, die Wahrheit zu bekennen. Wir haben gefunden, daß die Hexen durch solche Belehrungen dermaßen stark gemacht worden waren, daß sie zum Zeichen des Widerstandes (gegen den Teufel) auf die Erde spieen, gleichsam dem Teufel ins Gesicht, und sagten: „Geh weg, verfluchter Teufel! Ich werde tun, was recht ist“, und in der Folge ihre Verbrechen gestanden.

Wenn man aber auf den Angezeigten in passender Weise gewartet, ihm angemessene Zeit gewährt und ihn vielfach belehrt hat, und der Richter im guten Glauben meint, daß der Angezeigte die Wahrheit leugne, so verhöre man ihn peinlich in mäßiger Weise, nämlich ohne Blutvergießen, da man weiß, daß die peinlichen Verhöre trügerisch und, wie berührt worden ist, öfters unwirksam sind.

Die Art aber, damit zu beginnen, ist diese: Während die Büttel sich zum peinlichen Verhör bereit machen, entkleiden sie ihn danach; oder wenn es eine Frau ist, soll sie, bevor sie in das Strafgefängnis geführt wird, von anderen ehrbaren Frauen von gutem Rufe entkleidet werden, aus dem Grunde, damit (entdeckt werde), ob vielleicht irgend ein Hexenwerkzeug in die Kleider eingenäht ist, wie sie es häufig auf die Belehrung der Dämonen hin aus den Gliedern eines ungetauften Knaben herstellen; zu dem Zwecke, daß sie des beglückenden Auges des Kindes beraubt werden. Während die Werkzeuge aufgestellt werden, soll der Richter für sich und durch andere gute Männer und Glaubenseiferer den peinlich zu Ver­hörenden bewegen, die Wahrheit frei zu gestehen; und wenn er nicht gestehen will, übergeben sie ihn den Bütteln, daß er ans Seil gebunden werde oder andere Werkzeuge zu spüren bekomme; und dabei sollen sie sogleich gehorchen, aber nicht fröhlich, sondern gleichsam erschrocken. Danach wird er wieder auf die Bitten einiger losgelassen, auf die Seite gezogen und wiederum zu bewegen gesucht und bei dem Bewegen belehrt, daß er dem Tode nicht übergeben wird (,wenn er gesteht).

Hier wird gefragt, ob der Richter bei einem bescholtenen und durch Zeugen und Indizien der Tat gesetzmäßig überführten Angezeigten, da nichts fehlt, als daß er mit eigenem Munde das Verbrechen gesteht, erlaubterweise die Erhaltung des Lebens versprechen könne, da er doch, wenn er das Verbrechen gesteht, mit der Todesstrafe bestraft wird. Es wird geantwortet: Von verschiedenen werden verschiedene Ansichten gehegt. Einige nämlich meinen, daß, wenn die Angezeigte sehr übel beleumundet und auf Grund der Indizien der Tat heftig verdächtig und sie selbst zum großen Schaden gleichsam die Lehrerin der anderen Hexen ist, sie auch dann noch unter diesen Umständen bezüglich ihres Lebens beruhigt werden könne, daß sie zu lebenslänglichem Kerker bei Wasser und Brot verurteilt wird, wenn sie nur die anderen Hexen an sicheren und durchaus wahren Zeichen bekannt geben wolle. Jedoch ist diese Gefängnisstrafe, so wie sie verhängt wird, ihr nicht bekannt zu geben, sondern nur Zusicherung des Lebens ist ihr zu versprechen, und mit irgend einer Sühne, z. B. durch Verbannung oder auf eine andere Weise ist sie zu bestrafen. Ohne Zweifel dürften sie um berüchtigter Hexen willen und zwar besonders solche, die den (anderen) Hexen mit Heilmitteln zusetzen und Behexte mit abergläubischen Handlungen heilen, in der Weise zu erhalten sein, daß sie entweder den Behexten zu Hilfe kämen oder die Hexen verrieten. Jedoch sollte man sich bei ihrem Verrate deshalb nicht beruhigen, weil der Teufel lügnerisch ist, außer wenn gleichermaßen noch andere Indizien der Tat samt Zeugen zusammenwirkten.

Anderen scheint es mit Bezug ebendarauf, daß, im Falle sie in dieser Weise dem Gefängnis überantwortet sei, man ihr eine Zeitlang das Versprechen halten müsse und sie dann nach einem Zeitraume einzuäschern sei.

Es gibt eine dritte Art von Leuten, welche sagen, der Richter könne ihr getrost die Erhaltung des Lebens zusichern, jedoch so, daß er sich danach von der Fällung des Urteils entlastete und an seine Stelle einen anderen einsetzte.

Unter diesen Arten mag zwar die erste wegen der Heilung von Behexten nützlich scheinen; aber weil es nicht erlaubt ist, Hexenwerk durch Hexenwerk oder unerlaubte Taten zu beheben, wenn es auch, wie sich in der ersten und zwar einleitenden Frage dieses dritten Teiles ergeben hat, die Meinung sehr vieler ist, daß es erlaubt sei, Behexungen durch eitle und abergläubische Werke zu beheben; aber weil hierbei die Erfahrung, die Praxis und die abwechslungsreichen Geschäfte die Richter mehr belehren als irgend jemandes Kunst oder Lehre, so wird das den Richtern überlassen. Gewiß ist aber, wie es die Erfahrung mehrmals gelehrt hat: es würden viele die Wahrheit gestehen, wenn sie nicht durch die Furcht vor dem Tode zurückgezogen würden. –

Drittens besteht der (gegenwärtige) Akt darin, daß wenn sie weder auf Drohungen noch auf solche Versprechungen hin die Wahrheit hat gestehen wollen, die Büttel das gefällte Urteil vollstrecken und sie dem peinlichen Verhöre nach den gewohnten und nicht neuen noch auch ausgesuchten Weisen leichter oder stärker ausgesetzt wird, je nachdem es das Verbrechen der Delinquentin verlangt; und während sie gefoltert wird, werde sie über gewisse Artikel befragt, wegen derer sie gefoltert wird, und zwar oft und häufig, mit den leichteren beginnend, weil sie das Leichte schneller zugeben wird als das Schwerere. Während dies geschieht, schreibe der Notar alles im Protokoll auf: wie sie gefoltert und wonach sie befragt und wie geantwortet wird. Beachte: wenn sie infolge der Folterungen gesteht, dann werde sie nach einem anderen Orte geführt, damit (der Richter) von neuem ihr Geständnis vernehme und (wisse,) daß er es nicht nur mittels der Macht der Folterungen vernommen habe.

Viertens besteht der Akt darin, daß, wenn der in mäßiger Weise peinlich Verhörte die Wahrheit nicht hat gestehen wollen, vor ihm andere Arten von Folterwerkzeugen mit den Worten hingelegt werden, daß er sie aushalten müsse, wenn er die Wahrheit nicht gestehe. Wenn er auch so nicht in Furcht (gesetzt) oder zur (Bekennung der) Wahrheit gebracht werden kann, dann wird in seiner Gegenwart das Urteil auf Fortsetzung des peinlichen Verhörs auf der Folter für den zweiten oder dritten Tag, nicht auf Wiederholung – da nicht wiederholt werden darf, wenn nicht neue Indizien dazugekommen sind – in folgender Weise vorgetragen: „Wir Vorgenannten, Richter etc., wie oben, bestimmen für dich N. N. den und den Tag zur Fortsetzung des peinlichen Verhörs, damit aus deinem eigenen Munde die Wahrheit herauskomme“; und alles werde vom Notar in das Protokoll gesetzt. Innerhalb der bezeichneten Zeit bewege ihn der Richter für sich oder durch andere rechtschaffene Männer dazu, die Wahrheit zu gestehen, in der vorausgeschickten Weise mit Zusicherung des Lebens, wenn es so zu frommen scheint. Es beachte der Richter auch, daß innerhalb jener Zeit beständig Wachen bei ihr sind, damit sie nämlich nicht allein gelassen wird, weil sie vom Teufel besucht werden wird, daß sie sich selbst den Tod antue, sei es, insofern der Teufel sie selbst zu verlassen strebt oder sei es, daß er von Gott aus gezwungen wird, sie zu verlassen. Denn gerade das kann der Teufel besser wissen als es jemand in Büchern berichten kann.