Der Hengert
Der Hengert.
Vater Lucas sprach beim Frühstück:
„Heute, Herr, ist hier ein Hengert!“
Und ich fragte: „Was ist Hengert?“
Mich belehrte Vater Lucas:
Ball und Sprung und Fußgezappel
In der Sprache der Grisonen
Und Ihr möchtet böse schlummern,
Sucht Ihr heut nicht still’re Ruhstatt!“
Hab’ ich erst mich müd’ gewandert,
Schlief’ ich auch in einem Meersturm!“
Freudig nahm ich meinen Bergstock,
Stieg hinan die saft’gen Weiden,
Durch bewegliches Gerölle
Den mit leichtem Kuß berühren
Heimatlose Wanderwolken.
Um die Zeit der ersten Lichter.
Vor der Pforte stand ein Häuflein,
In der Mitte Musikanten,
Rechts die Bursche, links die Mädchen,
Und hinüber flog kein Trutzwort.
Lässig mit gekreuzten Armen
Standen sie geschieden, feindlich
Sich mit dunkeln Blicken messend.
Legte mich getrost zur Ruhe.
Bald erklang Musik piano,
Allgemach begann der Hengert,
Sachte schritt er, schläfrig schleift’ er,
Heimlich spottet’ ich der trägen
Füße, der bequemen Herzen
Im Gebirge der Grisonen
Und versank in süßen Schlummer....
Schlägt empor wie eine Flamme!
Jach erhitzen sich die Bleche
Und die Geige streicht ein Dämon!
Mir zur Rechten, mir zur Linken,
Ungezügelt, ungebändigt,
Erderschütternd stampft der Reigen,
Immer lauter, wilder, toller
Tobt und rast und dröhnt und tritt er,
Tosend sausten durch die Lüfte
Berghaus, Hengert, Folterkammer,
Wie voreinst die hochgelobte
Casa santa durch die Lüfte
Doch von Engeln sie getragen,
Ich von höllischen Gewalten
An den Sabbat auf dem Blocksberg..
Also ging es bis zum Morgen,
Stern an Stern am ew’gen Leuchter
Ueber schwarzen Tannenbergen.
Lechzend öffnet’ ich das Fenster,
Einzuschlürfen Morgenlüfte,
Fieberschwüle Stirn im Winde....
Trugen fort die letzten Gäste.
Unterm Vordach ein Geflüster –
Ein aus tiefster Brust erwiedert
Leidenschaftliches Addio....