Textdaten
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Autor: Brüder Grimm
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Titel: Der Helfenstein
Untertitel:
aus: Deutsche Sagen, Band 1, S. 164–166
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1816
Verlag: Nicolai
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Erscheinungsort: Berlin
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Originalherkunft:
Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
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[164]
106.
Der Helfenstein.
Grundmann Geschichtschule. Görlitz. 1677. S. 779–782.

Eine Meile von Trautenau in Böhmen, auf dem Riesenberg, liegt der Helfenstein, ein hoher Fels, auf dem sonst ein Raubschloß gestanden, nachher aber versunken ist und weiß niemand, wo die Menschen, die darin lebten, hingekommen sind. Im Jahr 1614 war, viertelwegs davon, zu Maeschendorf, eine junge Magd, die ging nicht weit von diesem Fels Vieh hüten und hatte noch mehr Kinder bei sich. Zu diesen sprach sie: „kommt, laßt uns hin zum Helfenstein, ob wir ihn vielleicht offen finden und das große Weinfaß sehen.“ Da sie hingehen, ist der Felsen offen und eine Eisenthür [165] aufgethan, daran ein Schloß mit vielen Schlüsseln hängt. Aus Neugierde treten sie näher und endlich hinein. Es ist ein ziemlich weites Vorgemach, aber hinten wieder eine Thür. Sie gehen durch, in dem zweiten Gemach liegt allerhand Hausrath, besonders ein groß zehneimerig Faß Wein, davon waren die meisten Tauben abgefallen, allein es hatte sich eine Fingersdicke Haut angesetzt, so daß der Wein nicht herauslaufen konnte. Als sie es alle vier mit Händen angriffen, schlotterte es und gab nach, wie ein Ei mit weichen Schalen. Indem sie nun solches betrachten, kommt ein wohlgeputzter Herr aus einer schönen Stube, rothen Federbusch auf dem Hut, in der Hand eine große zinnerne Kanne, Wein zu holen. Beim Thür-Aufmachen hatten sie gesehen, daß es in der Stube lustig hergehet, an zwei Tischen schöne Manns- und Weibsbilder, haben Musik und sind fröhlig. Der aber den Wein zapft, heißt sie willkommen und in die Stube gehen. Sie erschrecken und wünschen sich weit davon, doch spricht die eine, sie wären zu unsauber und nicht angeschickt, zu so wohlgeputzten Leuten zu gehen. Er bietet ihnen dennoch Trinken an und reicht die Kanne. Wie sie sich entschuldigt, heißt er sie warten, bis er für sie eine andere Kanne geholt. Als er nun weg ist, spricht die Älteste: „laßt uns hinausgehen, es möchte nicht gut werden; man sagt, die Leute seyen in den Bergen hie verfallen.“ Da gehen sie eilends heraus, hinter sich hören sie nach wenig Schritten ein Knallen und Fallen, daß sie heftig erschrecken.

[166] Nach einer Stunde sagt die Älteste wieder: „laßt uns noch einmal hin und sehen, was das gewesen ist, das so gekracht hat.“ Die andern wollten nicht, da aber die Große so kühn war, allein hinzugehen, folgten die andern nach. Sie sehen aber weder Eingang noch eiserne Thür, der Fels war fest zu. Wie sie das Vieh eingetrieben, erzählen sie alles den Eltern, diese berichten es dem Verwalter; allein der Fels blieb zu, so oft man ihn auch in Augenschein genommen.