Der Cotta’sche Musen-Almanach

Textdaten
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Titel: Der Cotta’sche Musen-Almanach
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 26, S. 837–838
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[837] Der Cotta’sche Musen-Almanach. Zum drittenmal begrüßen wir diesen durch Inhalt und Ausstattung gleich ausgezeichneten Musen-Almanach, welcher mit Glück bemüht ist, die Erinnerung an seinen klassischen Vorgänger wachzuhalten; denn auch dieser neue Jahrgang 1893 enthält [838] Perlen deutscher Dichtung. Den feinsinnigen Herausgeber Otto Braun haben unsere berühmten Sänger aufs beste unterstützt, und die Verlagsbuchhandlung hat der Sammlung ein des Inhalts würdiges Kleid gegeben und sie mit sechs sauber ausgeführten Kunstbeilagen geschmückt. An der Spitze stehen Prosadichtungen. „Fräulein Susannens Weihnachtsabend“, eine Humoreske von Marie von Ebner-Eschenbach, die mit einfachen Mitteln einen rührenden Eindruck hervorruft, und eine Novelle von Max Haushofer, „Der Floßmeister“, eine stimmungsvoll beleuchtete und gut erzählte Geschichte aus dem Volksleben. Beide Erzählungen zeigen einen gemeinsamen Zug: die schmerzliche Täuschung braver Menschen, welche aber in sich die Kraft finden, sich über dieselbe hinwegzusetzen. Den Reigen der poetischen Erzählungen eröffnet das umfangreiche Gedicht „Gulnare“ von Otto Roquette, es behandelt jene orientalische Mär von dem Fischer, welcher Sultan wird und die Tochter des Veziers heirathet, die er, ohne es zu wissen, früher als Ware in einem Korbe vom Markte nach Hause getragen hat. Die Erzählung geht einher in der weitbauschigen Gewandung des Ostens, aber der behaglich plauderhafte Ton hat etwas Anmuthendes. Eine kecke Anekdote behandelt Heinrirh Kruse mit gewohnter Naivität in „Godiva“; die Erzählung „Liebet eure Feinde!“ von Karl Woermann, in Terzinen abgefaßt, singt das Lied von einem braven Manne, der ebenso tapfer dem Feind wie dem Vorurtheil trotzt und zu Grunde geht, indem er einem Nebenbuhler das Leben rettet. Farbenprächtig ist „Don Juans Ende“ von Ernst Eckstein, der uns den gefährlichen Besieger der Frauenherzen als einen Reuigen und doch Unverbesserlichen vorführt, und „Die letzte Rose“ von Adolf Stern, welcher den Tod eines im russischen Feldzug 1812 aus dem Leben scheidenden Italieners schildert. Den knappen Ton der schottischen Balladen trifft Ernst Ziel in „Frau Gonerill“ und „Kathrin von Liebenzell“. An Herweghsche Dichtweise klingt „Béranger“ von Johannes Proelß an. Sonst finden sich unter den Balladen neben Bildern aus der Geschichte poetische Anekdoten und Genrebilder. Hermann Lingg, Heinrich Vierordt sind die Verfasser der Gedichte getragenen Stils; Stephan Milow, Johannes Trojan, Carl Weitbrecht u. a. haben die Genrebilder beigesteuert. Werthvolles enthält auch der Abschnitt „Gedichte verschiedenen Inhalts“. Graf von Schack in seiner Epistel erklärt dem fränzösischen Chauvinismus den Krieg, feiert aber die Großthaten Frankreichs in Kunst und Litteratur, Adolf Wilbrandts Gedicht „Auf dem Kalvarienberg“ hat den Schwung der Hymne; geheimnißvoll beleuchtet ist „Abwärts“ von Wilhelm Jensen; „Lucifer“ von Felix Dahn und „Walpurgis“^ von Rudolf von Gottschall sind zwei an altbiblische Ueberlieferung und neue Volkssage anknüpfende Gedankendichtungen, von denen die erstere an Lord Byrons Mysterien erinnert. In diesem Abschnitt und in dem folgenden, „Lyrische Dichtungen“, begegnen wir einer großen Zahl namhafter Sänger neben minder bekannten Talenten; wir heben aus der langen Reihe den durch mehrere eigenartige Lieder vertretenen Johann Georg Fischer, ferner Emil Rittershaus, Julius Rodenberg, Max Kalbeck, Martin Greif, Prinz Emil von Schönaich-Carolath, Alberta von Puttkamer, Carl Hecker, Ludwig August Frankl, Arthur Fitger, Heinrich Bulthaupt, Georg Scherer hervor. Zur Spruchdichtung haben Ludwig Fulda, Adolf Pichler, Max Kalbeck Treffendes beigesteuert. Kaum eine Tonart, welche die neue Lyrik angeschlagen, ist in dem „Musen-Almanach“ unvertreten, und das Publikum, so verschieden seine Geschmacksrichtung sein mag, findet hier seine Lieblinge wieder.