Der Bischof Bernard und die Juliner

Textdaten
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Autor: Jodocus Donatus Hubertus Temme
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Titel: Der Bischof Bernard und die Juliner
Untertitel:
aus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. S. 29–32
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1840
Verlag: Nicolaische Buchhandlung
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
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16. Der Bischof Bernard und die Juliner.

Zu der Zeit, als noch ganz Pommern in der Finsterniß des Heidenthums lag, jammerte dieses einen frommen Mann, Namens Bernhardus, einen Spanier von Geburt, der in Rom zum Bischof gewählt war, aber das Bisthum nicht annehmen wollte, da er hörte, daß von dem Capitel [30] desselbigen Stiftes schon ein Aderer war erwählet worden, mit dem er hätte streiten müssen. Er gedachte, daß er lieber etwas zur Ausbreitung der Ehren Gottes beitragen wolle, und er beschloß deshalben, nach dem Pommerlande zu ziehen, dessen Einwohner noch Unchristen waren, um sie zum christlichen Glauben zu bekehren. Er begab sich zuerst zu dem Herzoge Bolislaff von Polen, der zu damaliger Zeit einen großen Theil von Pommern inne hatte, und erbot sich, daß er hinziehen wollte, den Pommern zu predigen. Das hörte der Herzog Bolislaff gern, und er gab ihm Dolmetscher mit in das Land. Dieses war im Jahre 1122.

Darauf zog Bernhardus mit den Dolmetschern nach Julin, da dieses die vornehmste der Städte war. Allda hob er an zu predigen, und die Dollmetscher legten es den Leuten aus.

Aber dieser Bernhardus ging, seiner vermeinten Heiligkeit halber, armselig einher, barfuß und übel bekleidet, und aß nur trockene und wenige Speisen, und trank nur Wasser. Als er daher mit solchem verhungerten Gesichte und armseligen Wesen gen Julin die reiche Stadt kommt, da wollte das Volk nicht auf seine Reden hören, und man frägt ihn, von wannen er komme, und wer ihn gesandt habe. Darauf gibt er durch den Dolmetscher die Antwort: Er sei ein Diener des einzigen wahren Gottes, des Schöpfers des Himmels und der Erden, von dem alle Macht und aller Reichthum komme. Da dünkt es den Julinern sehr ungereimt, daß ein so großer reicher Herr, dessen er sich rühmet, einen so unansehnlichen, hungrigen und zerlumpten Boten sollte ausgeschickt haben, und sie verlachten ihn und hielten ihn für einen Bettler, der nur darum gekommen wäre, daß er ihnen das Geld möchte abschwatzen und reich werden, oder für einen Narren, der seine Armuth bei ihnen büßen sollte. Sie sagten ihm deshalb, er sollte sich nur bald packen, oder [31] sie wollten ihm Füße machen. Da hob er an zu sprechen von dem geistlichen Reichthume, und daß das Reich Gottes nicht in vielem Gelde und äußerlicher weltlicher Pracht, sondern nur in der Kraft und That des Geistes bestehe; darum sollten sie sich nicht ärgern an seiner Armuth und Schlechtheit, denn sein Gott sei ein solcher, der die Reinigkeit des Herzens haben wollte, und der vergänglichen Gutes nicht achte. Er sagte ihnen weiter, daß ihre Götter keine Götter, sondern nur Holz und Steine wären, die sich selbst nicht helfen könnten, vielweniger denjenigen, die sie ehren. Damit sie auch sehen sollten, daß sein Gott der wahre Gott, und er sein echter Diener wäre, so sollten sie ihn in ein altes Haus setzen und dasselbe mit Feuer anzünden, wo sie dann sehen würden, daß er nicht verbrenne. Das war nun sehr viel von ihm. Die Priester und die Bürger der Stadt hielten auch einen Rath und fragten einander, was sie bei so gestalteten Sachen thun sollten. Aber da sprachen Etliche von ihnen, der Mensch sei wohl seiner Armuth halber in Verzweiflung, also daß er nicht mehr leben wolle. Andere meinten, er wäre nicht bei Sinnen. Und wieder Andere waren der Meinung, er wolle, daß die ganze Stadt in Feuer aufgehe, damit er also für seine Abweisung Rache nehme. Sie verlachten ihn deshalb nur um so mehr, und geboten ihm, straks die Stadt zu räumen und sich zu entfernen, damit er ihre Götter nicht beleidige.

Da entbrannte der fromme Mann in großem Eifer, und er nahm eine Axt und hieb in ein Götzenbild, das mitten auf dem Markte stand und sehr heilig gehalten wurde. Nun ging aber auch den Heiden die Geduld aus, und sie fielen über ihn her und schlugen ihn sammt seinen Dolmetschern blau und gebrechlich. Sie hätten ihn auch todt geschlagen, aber die Götzenpriester und die Aeltesten der Stadt beriethen, wie es vor Jahren den Preußen schlecht [32] ergangen, die den heiligen Adalbert getödtet hatten, und darüber viel Druck und Elend erlitten und alle das Ihrige verloren. Sie beschlossen also, ihn, ohne ihm größer Leid zuzufügen, aus dem Lande zu entfernen, und sie setzten ihn in ein Schiff, das brachten sie in das frische Haff, und ließen ihn fahren, wohin er wollte, ihm sagend, nun solle er den Fischen predigen, die würden mehr Zeit haben, solch Gaukelwerk anzuhören.

Da sah Bernhardus ein, daß er mit seiner Armuth nichts ausrichten könne; er ging zurück zum Herzog Bolislaff, dem berichtete er die Sache, und zog darauf nach Bamberg, wo Sanct Otto Bischof war; allda begab er sich in das Kloster zu Sanct Michael, und berichtete dem heiligen Otto, wie es ihm zu Pommern ergangen wäre, und sagte, so Einer den Pommern predigen wolle, der müsse nicht arm kommen, sondern mit Reichthum. Das hat sich der heilige Bischof Otto wohl gemerkt, als er hernach auszog, die Pommern zu bekehren.

N. Daniel Cramer, Große Pommersche Kirchen-Chronik, I. S. 19.
Th. Kantzow, Pomerania, S. 75-77.
P.F. Kanngießer, Geschichte von Pommern, S. 541-545.
Joh. Bugenhagii Pomerania, p. 83.