Der Bau des Reissensteins
Droben von dem Berge hoch
Schaut herab das Felsenloch,
Drinn aus seiner langen Nacht
Ist der Riese Heim erwacht.
Luget durch sein schwarzes Thor;
Ihm gefällt das tiefe Thal,
Der gewölbte Riesensaal.
Und er sehnt sich nach dem Licht,
Bald mit Einem Schritt er stand
Auf der andern Felsenwand.
Wie am Berg der Donner grollt,
So sein Wort zu Thale rollt:
Diene mir beim Bau als Knecht!“
Wimmelnd kommen sie heran,
Maurer, Steinmetz, Zimmermann;
Bauen all’ auf sein Geheiß
Wurzelt in dem Felsen ein,
Wölbt den Saal zu Lust und Ruh,
Streckt den Thurm dem Himmel zu.
Fehlt ein einz’ger Nagel noch,
Und der Schlosser zagend spricht:
„Da hinaus gelang’ ich nicht!“
„Schad’ ist’s doch um das Gebäu,
Wenn der Wandrer es beschaut,
Spricht: es ist nicht ausgebaut.“
Doch der Ries’ im Augenblick
Nimmt den Knecht bei dem Genick,
Daß es Allen ist ein Graus.
„Hämm’re, meine Hand ist fest,
Daß sie dich nicht sinken läßt!
Schlag den Nagel in den Stein
Draußen hängt er so mit Schreck,
Doch er wagts und hämmert keck,
Nieder läßt der Heim ihn sacht:
„Zwerg, du hast es wohl gemacht!“
Mächtig über Berg und Thal,
Langt aus seiner Höhle Thor
Einen goldnen Schatz hervor.
Auf dem hellen Heimenstein
Maurer, Steinmetz, Zimmerknecht,
Jedem widerfährt sein Recht.
Doch zum Schlosser spricht er: „Sohn,
Nimm du hin den reichsten Lohn!
Hämm’re gut dein Zwergennest!“