Der 4. November 1633, der „große Angsttag“ der Sebnitzer
Die Schrecken des 30jährigen Krieges hat auch die Stadt Sebnitz in reichlichem Maße erfahren müssen. Jahre hindurch war der Ort vom Beginn des Krieges an glücklich verschont worden, wozu die weltabgeschiedene Lage viel beigetragen hatte. Dann hatten die tapferen Bürger auch wiederholt Proben ihres Mutes und ihrer Umsicht vor den Feinden abgelegt. Doch im Jahre 1633 brach das Verhängnis über die Stadt herein. Der 4. November sollte für die friedliebenden Sebnitzer ein Angsttag werden, ein Tag des Schreckens. In den letzten Tagen des Oktobers kamen 400 Musketiere und eine Anzahl Reiter durch Neudörfel am Raupenberge und zogen nach Langburkersdorf, Neustadt und Rugiswalde.
Als man davon in Sebnitz hörte, hielten die wehrhaften Bürger die ganze Nacht hindurch Wache und ließen die Trommeln rühren. Dazu wurde öfters geschossen, damit der Feind erkennen sollte, daß die Sebnitzer auf dem Posten wären. Diese Vorsicht hatte auch zur Folge, daß die Feinde den geplanten Angriff auf die Stadt nicht wagten. Sie hielten sich für zu schwach und zogen sich wieder zurück. Einige Tage herrschte Ruhe, aber es war nur die Stille vor dem Sturme. Die Feinde zogen sich zusammen, und schon am 1. November verbreitete sich die Schreckenspost, daß der Oberst Terzky Befehl erhalten habe, mit 1000 Mann Musketieren und 500 Reitern in das Hohnsteiner Amt einzufallen und Sebnitz, Schandau und Hohnstein nicht nur auszuplündern, sondern auch mit Feuer zu zerstören und dem Erdboden gleich zu machen. Mit Sebnitz machten die Horden am 4. November [434] den Anfang. Am frühen Morgen dieses Tages wurde diese Stadt von mehr als 2000 Mann Reiterei und Fußtruppen unter der Anführung eines jungen Herrn von Terzky auf Wilmsdorf plötzlich und unerwartet überfallen. Die Feinde brachen in großen Scharen aus dem Hinterhalte hervor. Die Bürger der Stadt waren auf den gewaltigen Ansturm nicht gefaßt. Die Wachen an den Toren wurden von den anstürmenden Feinden nach kurzer Gegenwehr niedergemetzelt, und drangen in die Gassen der Stadt ein. Sie teilten sich, und in Haufen von je 300 Mann durchzogen sie unter klingendem Spiele die einzelnen Straßen der Stadt. Wer von den Einwohnern fliehen konnte, floh, so daß die meisten sich noch rechtzeitig durch die Flucht in die angrenzenden Wälder gerettet hatten.
Traurig erging es aber nun der von den Bürgern verlassenen Stadt Sebnitz. Nachdem die Mordbrenner ihren Siegeszug durch die Gassen der Stadt gehalten hatten, begann die Plünderung der Häuser. Stundenlang hielt dieselbe an. Nichts wurde verschont. An Mobilien blieb nichts übrig. Auch die Kirche wurde geplündert. Was hier von den Sebnitzern in der Sakristei und in anderen Räumen versteckt worden war, das nahmen die Räuber mit. Unter den geraubten Gegenständen befanden sich zwei silberne und vergoldete Kelche und Oblatenschachteln, ein wertvolles Meßgewand mit eingesticktem Kreuz aus Perlen, viel Geld. Alles andere im Gotteshause wurde zerschlagen. – Was die Feinde noch an Vieh in der Stadt vorfanden, das wurde getötet und gebraten. Auf dem Markte und in den Gassen hatten die Krieger zu diesem Zwecke Feuerherde errichtet. Von dem aufgefundenen Biere tranken sie „10 Viertel“, das übrige Bier ließen sie auf die Erde laufen.
Das Geraubte wurde nun auf bereitstehende Wagen geladen, in Säcke gepackt. Was die Räuber nicht mit fortbrachten, das wurde gewaltsam zerstört. Zum Schlusse wurde die Stadt an verschiedenen Punkten angezündet. „Und damit ja niemand zum Löschen sogleich herbeieilte, warteten sie so lange, bis das Feuer recht überhand genommen hatte und zogen sodann mit ihrer Beute über Einsiedel nach Hainspach sich zurück.
„Das Haus neben der Schule brannte zuerst, und von hier aus ergriff es den ganzen Markt, die Hennersdorfer und mehrere andere Gassen, so daß 25 der besten Häuser, lauter brauberechtigte, nebst dem Rathause, der Schule, einer Mühle, dem halben Malzhause, drei Scheunen voll Getreide und dem wenigen, was etwa von der Plünderung noch übriggeblieben war, in Asche gelegt wurden. Kirche und Pfarrwohnung standen im vollen Feuer, wurden aber noch erhalten, und was noch ein Glück beim Unglück war, es verlor dabei niemand das Leben.“ – (Götzinger, Chronik von Sebnitz, 1786, Seite 267 und 268!)
Wie traurig sah es aber nach dem Abzuge der Mordbrenner in Sebnitz aus! Die Stadt glich zum größten Teile einem rauchenden Schutthaufen. Die meisten Bürger hatten alles verloren. Die Not war groß. Der Rat der Stadt schrieb in seinem Berichte an das Amt Hohnstein wörtlich folgendes:
- „In was Not, angst, Armut, Jammer und Elend wir Arme Leute nun, in hohem Unfruchtbaren Steinigten gebürgen Wohnende gesetzet, Kan ein jeder Vernünftiger leichlich ermessen.“ –
Jahre vergingen, ehe die Stadt Sebnitz aus den Trümmern von neuem sich wieder erhob. Jahrzehnte hindurch hatten die Sebnitzer mit der bittersten Not zu kämpfen.