Den „echten Trauring Luther’s“

Textdaten
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Autor: Th. Oelsner-Rübezahl
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Titel: Den „echten Trauring Luther’s“
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 22, S. 366
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1872
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Blätter und Blüthen
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Bearbeitungsstand
fertig
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[366] Den „echten Trauring Luther’s“ besitze auch ich, aber nicht in natura, sondern in figura, in einer Abbildung; Alle jedoch, welche sich schmeicheln, ihn „in natura“ zu haben, weilen, mit Ausnahme des Originalbesitzers, in Täuschung, denn ihr Exemplar ist eben auch nur ein figürliches. Und die Sache hängt so zusammen: Das Jubeljahr der Reformation, 1817, war selbstredend geeignet, mit den Erinnerungen an den befreienden Aufschwung deutschen Geistes auch alle Luther-Erinnerungen wieder wachzurufen und ihnen nachzuspüren, um so mehr, als die Gemüther noch unter der erwärmenden Nachwirkung von 1813 bis 1815 standen und eine Flamme deutsch-patriotischen Bewußtseins (man denke an das „Wartburgfest“!) durch die Seelen loderte, wie in unseren heutigen Tagen, und jeder Beziehung auf unsere geschichtliche Vergangenheit in dem nationalen Farbenscheine einen erhöhten Reiz gab. So konnte es nicht fehlen, daß eine liebevolle Aufmerksamkeit selbst kleinen Aeußerlichkeiten sich zuwandte, gleichwie wir ja jederzeit an irgend einem Gedenkstück, sei’s Bild, Denkmünze, oder auch nur ein Kiesel, ein getrocknetes Blatt, die Erinnerung an eine Begebenheit, einen Ort symbolisch festhalten und beim Anblick der Haarlocke eines theuren Verstorbenen seine Gegenwart empfinden.

So geschah es auch mit zwei verschiedenen Ringen, dem sogenannten Verlobungs- und dem Trauringe Luther’s – beide wohl Beides gleichzeitig, da Verlobung und Trauung auf einen Tag zusammenfielen; der eine von der Braut dem Gatten, der andere von diesem jener gegeben. Als nun Kayser’s „Reformations-Almanach“ – ein verdienstliches und inhaltreiches Jahrbuch, von welchem leider nur drei Jahrgänge herausgekommen sind – nebst anderen Stücken aus Luther’s Verlassenschaft auch die beiden Ringe beschrieb und in Abbildung brachte[1], war es ein naheliegender Gedanke, dieselben in getreuer Nachbildung als ein Andenken an das Reformations-Jubeljahr unter die Leute zu bringen. Der Silberwaaren-Fabrikant Bruckmann zu Heilbronn, dessen Firma P. Bruckmann u. Söhne wohl heute noch besteht, führte ihn aus, mindestens bezüglich des einen der Ringe, dessen nämlich, den Luther seiner getreuen Katharina gegeben hat und der von dieser die ganze Zeit ihres Lebens getragen worden ist; und so kommt es, daß noch heute von Zeit zu Zeit da und dort ein „Trau-“ oder „Verlobungsring“ Dr. Luther’s auftaucht und bewundert wird, bis – die Freude zerstört wird, wie wir sie hier zerstören mußten. Nichtsdestoweniger hält doch der Besitzer ein interessevolles und beredsames, doppeltes Denkstück in der Hand: seien wir Luther’s Geiste und dem seines Jahrhunderts so treu, wie Käthchen ihrem Gatten war, und schließen ihnen so warm und liebevoll uns an, wie das Jahr 1817 es that! – So spricht der Ring.

Th. Oelsner-Rübezahl.

  1. Nach Kayser’s Mittheilung befand sich der eine Ring damals in Privatbesitz zu Leipzig, der andere (auf der Bibliothek?) zu Wolfenbüttel.