Dem Andenken Julius Mottelers
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Dem Andenken Julius Mottelers.
Von allen Bäumen sank das welke Laub
Und immer dichter sank’s bergab und schneller.
Da wurde wehrlos auch des Todes Raub
Der Besten einer, unser Freund Motteler.
Bis Rast er fand an Englands Kreideborden,
Der aber standhaft aushielt bis zuletzt,
Nun ist auch er ein stiller Mann geworden.
Mit ihm versinkt ein Nibelungenhort,
Er riß die Massen wie im Sturme fort,
Voll ebenbürtig auch den größten Meistern;
Und was in ihm geduftet und geblüht,
Das Unvergängliche, das ewig Junge,
Schwang sich herauf auf die beredte Zunge.
In banger, düstrer, wetterschwüler Zeit,
Hat spielend er die schwerste Last getragen;
Durch List und Scharfsinn und Verschlagenheit
Auf seinem Posten war er Nacht und Tag,
Von Wagemut und Pflichtgefühl durchdrungen;
Was auch von Wächtern an der Grenze lag —
Er hat sie abgeführt, wie dumme Jungen.
War wiederum der Schwabensohn, der schlaue,
Und über allem spielte sein Humor,
Der leichte Schmetterling, der himmelblaue.
Wer niemals stand in seiner Laune Bann,
Der wußte nicht, wie herzlich dieser Mann,
Wie stillvergnügt er oftmals lächeln konnte.
Wen er zum Freunde prüfend sich erlas
Dem ward in allen Nöten er zum Segen;
Und war um Rat und Hilfe nie verlegen.
Was auch um ihn versank, zerstob, zerfiel,
Er blieb ein Freund, der nie genug zu preisen;
Er spann die Fäden fort noch im Exil,
Fritzchen Mrweesesnich.
Anmerkungen (Wikisource)
Bearbeiten- Das Gedicht wurde mit "Fritzchen Mrweesesnich" signiert. Lavant benutzte dieses Pseudonym vor allem um sächsische Mundartgedichte in der „Leipziger Volkszeitung“ zu veröffentlichen.
- Während des Sozialistengesetzes (unter Bismarck von 1878 – 1890) organisierte von 1880 bis 1888, Julius Motteler als Geschäftsführer den Schmuggel des Wochenblattes Der Sozialdemokrat von der Schweiz nach Deutschland.