De Reichdags-Bimmel
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De Reichdags-Bimmel.
Von Brehsendenden wärdevoll geschwung,
Beherrschdest du de wogende Debadde
Un scharf un mahnend is dei Ruf erklung,
Wenn ärgendwer de große Glabbe hadde,
Bei all den Herren mit und ohne Bladde.
Du schwebdest siegreich iewer den Gewimmel,
Du alde, gude, dreie Reichsdagsbimmel. [1]
Da wordense uff eemal der zu fein;
„Soll ich der Schanddad, meine Schdimme leihn
Aus burer blanker Feigheed? — nee, fui Schbinne!
Uff so was läßd sich unsereens nich ein —
Da machd mer sich doch liewer eefach dinne.
Ich ehrliche, honedde[2] Reichsdagsbimmel?"
Der ew'ge Grach war der nich angenehm,
Bei geener Sitzung gamste ins Geschicke.
De Drias Bühsing-Stolberg-Balestrem,
Dir baßde nich ihr Brehsidialsystem —
Da machdeste, wie de Meeranschen, Schdricke. [3]
De wolldest geenen Rost und geenen Schimmel
Uff deinen Nam, du alde, brave Bimmel!
Is änne Laus der iewern Grind[5] geloofen.
De warschd in deinen Innersten verschnubbd
Un schbuckdest heemlich Feier wie ä Ofen.
Da biste ähmd von deinen Schdiel gehubbd.
Machd, was ihr wolld, ihr ausverschämden Limmel —
So was is nischd fer änne richdge Bimmel" —
Se hamm dich schleinigst widder uffgehom,
Da awwer sahn de Brieder ehrschd das Schlimme.
Un blechern glang und heescher deine Schdimme.
Wersch ehrlich meend, gann dich derfor nur lom —
De wordest schdumm vor lauder Zorn un Grimme.
Frau Wärden, gehmse mer än Dobbelgimmel!
Fritzchen Mrweessesnich.
- ↑ Die Glocke des Bundestagspräsident (früher Reichstagspräsident). Wenn sie in den Debatten zum Einsatz kommt, ist das auch in den Plenarprotokollen vermerkt. Darin heißt es meist: „Lebhafte Unruhe – Glocke des Präsidenten“. Wenn der Bundestagspräsident also die Glocke schwingt, dann vor allen Dingen darum, um die gelegentlich in Rage geratenen Parlamentarier um Ruhe und Besonnenheit zu bitten.
- ↑ honett, vornehm
- ↑ In Meran gehörte zu den traditionellen Fertigkeiten das Klöppeln und das Handweben.
- ↑ biddeln, durch allzu häufige Ausführung von Kleinigkeiten die Zeit vergeuden u. die Hauptsache ungetan lassen.
- ↑ Grind, Grund, de Laus ging'n iber'n Grund.
Anmerkungen (Wikisource)
BearbeitenAuslöser des Gedichtes war eine turbulente Debatte im Deutschen Reichstag am 2. Dezember 1902. In der Leipziger Volkszeitung stand folgender Satz: „ Ein ungeheurer Lärm erhebt sich, Graf Stolberg (1. Vizepräsident) läutet so wütend mit der Glocke, dass diese vom Stil abspringt und herunter fällt.