Textdaten
Autor: Rudolf Lavant
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: De Reichdags-Bimmel
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber: Leipziger Volkszeitung
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 6. Dezember 1902
Verlag: Leipziger Volkszeitung
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[7]

De Reichdags-Bimmel.

Von Brehsendenden wärdevoll geschwung,
Beherrschdest du de wogende Debadde
Un scharf un mahnend is dei Ruf erklung,
Wenn ärgendwer de große Glabbe hadde,

5
Un schdeds hast du Gehorsam dir erzwung

Bei all den Herren mit und ohne Bladde.
Du schwebdest siegreich iewer den Gewimmel,
Du alde, gude, dreie Reichsdagsbimmel. [1]

Da wordense uff eemal der zu fein;

10
De dachdest der in deinen schlichden Sinne:

„Soll ich der Schanddad, meine Schdimme leihn
Aus burer blanker Feigheed? — nee, fui Schbinne!
Uff so was läßd sich unsereens nich ein —
Da machd mer sich doch liewer eefach dinne.

15
Was duh ich noch in so än Gamfgedimmel,

Ich ehrliche, honedde[2] Reichsdagsbimmel?"

Der ew'ge Grach war der nich angenehm,
Bei geener Sitzung gamste ins Geschicke.
De Drias Bühsing-Stolberg-Balestrem,

20
Die grichdeste bei Zeiden gnibbeldicke.

Dir baßde nich ihr Brehsidialsystem —
Da machdeste, wie de Meeranschen, Schdricke. [3]
De wolldest geenen Rost und geenen Schimmel
Uff deinen Nam, du alde, brave Bimmel!

25
Als se als reene Biddel[4] sich endbubbd,

Is änne Laus der iewern Grind[5] geloofen.
De warschd in deinen Innersten verschnubbd
Un schbuckdest heemlich Feier wie ä Ofen.
Da biste ähmd von deinen Schdiel gehubbd.

30
De sagdest der: „Ich lasse mich nich goofen.

Machd, was ihr wolld, ihr ausverschämden Limmel —
So was is nischd fer änne richdge Bimmel" —

Se hamm dich schleinigst widder uffgehom,
Da awwer sahn de Brieder ehrschd das Schlimme.

35
In dir war alles mit Gewald verschom

Un blechern glang und heescher deine Schdimme.
Wersch ehrlich meend, gann dich derfor nur lom —
De wordest schdumm vor lauder Zorn un Grimme.
Frau Wärden, gehmse mer än Dobbelgimmel!

40
Aen letzden Schluck der braven Reichsdagsbimmel!

                                                            Fritzchen Mrweessesnich.


  1. Die Glocke des Bundestagspräsident (früher Reichstagspräsident). Wenn sie in den Debatten zum Einsatz kommt, ist das auch in den Plenarprotokollen vermerkt. Darin heißt es meist: „Lebhafte Unruhe – Glocke des Präsidenten“. Wenn der Bundestagspräsident also die Glocke schwingt, dann vor allen Dingen darum, um die gelegentlich in Rage geratenen Parlamentarier um Ruhe und Besonnenheit zu bitten.
  2. honett, vornehm
  3. In Meran gehörte zu den traditionellen Fertigkeiten das Klöppeln und das Handweben.
  4. biddeln, durch allzu häufige Ausführung von Kleinigkeiten die Zeit vergeuden u. die Hauptsache ungetan lassen.
  5. Grind, Grund, de Laus ging'n iber'n Grund.

Anmerkungen (Wikisource)

Bearbeiten

Auslöser des Gedichtes war eine turbulente Debatte im Deutschen Reichstag am 2. Dezember 1902. In der Leipziger Volkszeitung stand folgender Satz: „ Ein ungeheurer Lärm erhebt sich, Graf Stolberg (1. Vizepräsident) läutet so wütend mit der Glocke, dass diese vom Stil abspringt und herunter fällt.