David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie/Kapitel 9.I

9. Über die Theorie des relativquadratischen Zahlkörpers. David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie (1932) von David Hilbert
9.I Allgemeine Definitionen und vorbereitende Sätze.
9.II Die Theorie der relativquadratisehen Körper für einen Grundkörper mit lauter imaginären Konjugierten und von ungerader Klassenanzahl.
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I. Allgemeine Definitionen und vorbereitende Sätze.
§ 1. Quadratische Reste und Nichtreste im Grundkörper und das Symbol .

Definition 1. Es sei ein in der Zahl nicht aufgehendes Primideal des Körpers und eine beliebige zu prime ganze Zahl in : dann heiße in quadratischer Rest nach , wenn kongruent dem Quadrat einer ganzen Zahl in nach wird, d. h. wenn die Kongruenz

durch eine ganze Zahl des Körpers befriedigt werden kann; im anderen Falle heiße quadratischer Nichtrest nach . Wir definieren jetzt das Symbol ‚ indem wir, wenn in quadratischer Rest nach ist,

und im anderen Fall

setzen. Satz 1 Wenn ein beliebiges nicht in aufgehendes Primideal des Körpers und eine zu prime ganze Zahl in ist, so gilt nach dem Modul die Kongruenz

,

worin die Norm des Primideals im Körper bedeutet.

Beweis. Ist nach , wo wieder eine ganze Zahl in bedeutet, so folgt nach dem Fermatschen Satze[1] sofort

.

Wir nehmen andererseits an, es sei quadratischer Nichtrest nach ; bezeichnen wir dann mit eine Primitivzahl nach im Körper und setzen nach , so muß hierin offenbar der Exponent eine ungerade Zahl sein. Nach dem Fermatschen Satze ist aber

,

und folglich

.

(1)

Da in der Reihe der Potenzen die Potenz die erste sein soll, welche nach wird, so gilt notwendig auf der rechten Seite der Kongruenz das negative Vorzeichen und demzufolge wird

.

Aus dem eben bewiesenen Satze 1 folgen leicht die weiteren Tatsachen:

Satz 2 Wenn irgend zwei zu dem Primideal prime ganze Zahlen in sind, so gilt stets die Gleichung

.

Ein vollständiges System von zu primen und einander nach inkongruenten Zahlen zerfällt in zwei Teilsysteme, von denen das eine aus den quadratischen Resten nach , das andere aus den quadratischen Nichtresten nach besteht.

§ 2. Die Begriffe Relativnorm, Relativdifferente und Relativdiskriminante.

Definition 2. Jede Zahl des Körpers kann in die Gestalt

gebracht werden, wo ganze oder gebrochene Zahlen des Körpers sind; ist dies geschehen, so heiße die Zahl

,

die vermöge der Substitution

aus entspringende oder zu relativkonjugierte Zahl in . Die Zahl

heiße die Relativdifferente der Zahl im Körper . Der größte gemeinsame Teiler der Relativdifferenten aller ganzen Zahlen des Körpers , d. h. das Ideal

heiße die Relativdifferente des Körpers in bezug auf den Körper .

Das Produkt einer Zahl des Körpers mit der relativkonjugierten Zahl heißt die Relativnorm der Zahl und wird mit bezeichnet; es ist also

.

Die Relativnorm einer Zahl in ist stets eine Zahl in .

Ist ein beliebiges Ideal der Körpers und wendet man auf sämtliche ganze Zahlen dieses Ideals die Substitution an, so heißt das so entstehende Ideal das zu relativkonjugierte Ideal und wird mit bezeichnet; es ist also

.

Das Produkt eines Ideals des Körpers mit dem relativkonjugierten Ideal heißt die Relativnorm des Ideals und wird mit bezeichnet; es ist also

.

Die Relativnorm eines Ideals in ist stets ein Ideal in .

Das Quadrat der Relativdifferente einer Zahl des Körpers d. h. die Zahl heißt die Relativdiskriminante der Zahl . Die Relativdiskriminante einer Zahl in ist stets eine Zahl in .

Das Quadrat der Relativdifferente des Körpers

heißt die Relativdiskriminante des Körpers . Da die Relativdifferente des Körpers ein solches Ideal des Körpers ist, das seinem relativ konjugierten Ideale gleich wird, so ist die Relativdiskriminante auch gleich der Relativnorm der Relativdifferente des Körpers ; es ist daher die Relativdiskriminante stets ein Ideal in .

§ 3. Das ambige Ideal.

Definition 3. Ein Ideal des Körpers heißt ein ambiges Ideal, wenn dasselbe bei der Operation ungeändert bleibt, d. h. wenn

ist und wenn außerdem kein von verschiedenes Ideal des Körpers als Faktor enthält. Insbesondere heißt ein Primideal des Körpers ein ambiges Primideal, wenn dasselbe bei Anwendung der Substitution ungeändert bleibt und nicht zugleich im Körper liegt. Jedes ambige Ideal ist ein Produkt von ambigen Primidealen. Das Quadrat eines ambigen Primideals ist gleich der Relativnorm desselben und stellt im Körper selbst ein Primideal dar.

Satz 3[2]. Die Relativdifferente des relativquadratischen Körpers enthält alle und nur diejenigen Primideale, welche ambig sind.

§ 4. Die Primfaktoren der Relativdiskriminante.

Unsere nächste Aufgabe ist es, die Primfaktoren der Relativdiskriminante des Körpers wirklich zu ermitteln. Diese Aufgabe wird durch den folgenden Satz gelöst:

Satz 4. Es sei ein zu primes Primideal des Körpers ; geht dann in der Zahl genau zur -ten Potenz auf, so enthält, wenn der Exponent ungerade ist, die Relativdiskriminante des Körpers stets den Faktor . Ist dagegen der Exponent gerade, so fällt die Relativdiskriminante prim zu aus.

Es sei ein Primideal des Körpers , welches in aufgeht, und zwar genau zur -ten Potenz; ferner gehe in genau zur -ten Potenz auf: so ist die Relativdiskriminante des Körpers stets dann und nur dann zu prim, wenn im Körper eine ganze Zahl vorhanden ist, die der Kongruenz

(1)

genügt.

Beweis. Gehen wir zunächst auf den ersten Teil des Satzes 4 ein. Es sei eine durch , aber nicht durch teilbare ganze Zahl in , und weiter sei eine durch teilbare, aber zu prime ganze Zahl in .

Ist der Exponent ungerade, so stellt eine durch , aber nicht durch teilbare ganze Zahl in dar von der Art, daß die Zahl im Körper liegt und wenn wir den gemeinsamen Idealteiler von und mit bezeichnen, so ist

.

Das Ideal ist also ein ambiges Primideal und nach Satz 3 tritt dasselbe daher in der Relativdifferente des Körpers als Faktor auf; es ist also die Relativdiskriminante durch teilbar.

Ist dagegen der Exponent gerade, so stellt eine zu prime ganze Zahl in dar, von der Art, daß in liegt; da die Relativdiskriminante der Zahl den Wert hat, so ist sie zu prim. Das gleiche gilt mithin von der Relativdiskriminante des Körpers .

Jetzt betrachten wir die Verhältnisse in betreff des Primfaktors . Ist die Kongruenz erfüllt, so muß in der Zahl genau zur -ten Potenz aufgehen und mithin ist der Exponent eine gerade Zahl. Es sei nun eine durch , aber nicht durch teilbare ganze Zahl in und weiter sei eine durch teilbare, aber zu prime ganze Zahl in : der Ausdruck

stellt dann eine ganze Zahl in dar, da die beiden Ausdrücke

,

,

offenbar ganze Zahlen in sind. Andererseits hat die Relativdiskriminante der Zahl den Wert

und ist mithin prim zu ; das gleiche gilt also für die Relativdiskriminante des Körpers .


Setzen wir umgekehrt voraus, die Relativdiskriminante des Körpers sei prim zu , so folgt wegen

,

daß dann notwendig im Körper eine ganze Zahl existieren muß, deren Relativdiskriminante zu prim ausfällt; wir setzen

,

wo ganze Zahlen in bezeichnen, die bez. genau durch die -te, -te, -te Potenz von aufgehen mögen. Da nun eine zu prime ganze Zahl sein soll, so folgt

,

(2)
und da andererseits die Relativnorm eine ganze Zahl ist, so müssen entweder beide der Zahlen und genau durch die gleiche Potenz von aufgehen oder es müßte jede dieser beiden Zahlen mindestens durch teilbar sein. Das letztere ist nicht der Fall, weil wegen der eben abgeleiteten Gleichung jedenfalls ausfällt und daher sicher nicht durch teilbar sein kann. Es ist daher notwendigerweise und mithin wegen auch oder .

Aus folgt ferner und aus folgt ; mithin ist auch . Da eine ganze Zahl sein soll, so haben wir die Kongruenz

,

Wegen läßt sich der Bruch in der Gestalt eines Bruches schreiben, dessen Nenner zu prim ausfällt, und es ist somit notwendig einer gewissen ganzen Zahl des Körpers nach kongruent, so daß auch die Kongruenz

gilt. Hierdurch ist mit Rücksicht auf die aus folgende Gleichung die Richtigkeit des Satzes vollständig gezeigt.

Aus diesem Satze entnehmen wir leicht die folgende besondere Tatsache:

Satz 5 Wenn eine beliebige zu prime ganze Zahl in bedeutet, die nicht das Quadrat einer Zahl in wird, so ist die Relativdiskriminante des Körpers stets dann und nur dann zu prim, wenn dem Quadrat einer ganzen Zahl in nach dem Modul kongruent wird.


§ 5. Die Zerlegung der Primideale des Grundkörpers im relativquadratischen Körper .

Die Frage, wie die Primideale des relativquadratischen Körpers durch Zerlegung aus den Primidealen des Körpers entstehen, erledigt sich in den folgenden Sätzen:

Satz 6 Ein Primideal des Körpers ist stets dann und nur dann im Körper gleich dem Quadrat eines Primideals , wenn in der Relativdiskriminante des Körpers aufgeht.


Beweis. Aus folgt und mithin , d. h. ist ein ambiges Primideal des Körpers und als solches nach Satz in der Relativdifferente des Körpers enthalten, d. h. geht geht dann in der Relativdiskriminante auf.

Wenn wir umgekehrt annehmen, daß in der Relativdiskriminante des Körpers aufgehe und mit einen in aufgehenden Primfaktor des Körpers bezeichnen, so geht offenbar in der Relativdifferente des Körpers auf und ist mithin nach Satz 3 ein ambiges Ideal, d. h. es ist nach Definition 3 und . Wegen dieser Beziehungen ist auch , und hieraus folgt . Damit ist der Beweis für den Satz 6 erbracht.

Satz 7. Wenn ein Primideal des Körpers bedeutet, welches weder in noch in aufgeht, so ist im Körper in zwei voneinander verschiedene Primideale weiter zerlegbar oder unzerlegbar, je nachdem im Körper quadratischer Rest oder Nichtrest nach ist.

Beweis. Es sei in quadratischer Rest nach und demgemäß etwa eine ganze Zahl in so, daß die Kongruenz

, 

gilt; alsdann bilden wir die zu einander relativkonjugierten Ideale des Körpers

und erhalten leicht

.

Wegen

sind und von einander verschieden.

Es sei umgekehrt das Primideal des Körpers in zwei Primideale und zerlegbar: dann gelten, wenn allgemein die Norm im Körper und die Norm im Körper bezeichnet, die Gleichungen

und mithin ist

.

Die Gleichheit dieser Normen und läßt die Tatsache erkennen, daß eine jede ganze Zahl des Körpers einer ganzen Zahl des Körpers nach kongruent gesetzt werden kann, da ja irgend nach einander inkongruente Zahlen zugleich auch in nach ein volles Restsystem bilden müssen; setzen wir insbesondere nach , wo in liegen soll, so folgt nach , und da eine Zahl in ist, so muß auch nach gelten, d. h. es ist quadratischer Rest nach . Damit ist der Satz 7 vollständig bewiesen.

Satz 8. Es sei ein in enthaltenes Primideal des Körpers , und zwar gehe genau zur -ten Potenz in auf; ferner sei eine zu prime ganze Zahl in , welche dem Quadrat einer ganzen Zahl in nach kongruent ausfällt, so daß nach Satz das Primideal nicht in der Relativdiskriminante des Körpers vorkommt: dann ist im Körper in zwei voneinander verschiedene Primideale weiter zerlegbar oder unzerlegbar, je nachdem dem Quadrat einer ganzen Zahl in nach kongruent ausfällt oder nicht.

Beweis. Ist in weiter zerlegbar und bedeutet einen Primfaktor von , so schließen wir aus der Gleichheit der Norm in mit der Norm in , wie im Beweise des Satzes 7, daß jede ganze Zahl in einer ganzen Zahl in nach kongruent sein muß. Nach Voraussetzung gibt es eine ganze Zahl in , so daß nach ausfällt; ist dann irgendeine durch , aber nicht durch teilbare ganze Zahl und weiter eine durch teilbare, aber zu prime ganze Zahl in , so stellt, wie wir dem Beweise des Satzes 4 entnehmen, der Ausdruck eine ganze Zahl in dar. Es gibt also nach dem vorhin Bewiesenen eine ganze Zahl in , für welche

wird. Aus dieser Kongruenz schließen wir

.

Mit Rücksicht auf den Umstand, daß zu prim ist, können wir in dieser Kongruenz den rechts stehenden Ausdruck durch eine ganze Zahl des Körpers ersetzen und erhalten dann

oder . (1)

Da ferner nach dem Modul 2 und folglich auch nach ausfällt, so gilt auch die Kongruenz

(2)

und durch Multiplikation erhalten wir schließlich aus den beiden Kongruenzen (1) und (2):

.

Da die linke Seite dieser Kongruenz eine ganze Zahl in ist, so folgt auch

oder .

womit eine Aussage des Satzes 8 bewiesen ist.

Nehmen wir nun umgekehrt an, es sei nach , wobei eine ganze Zahl in ist, so erkennen wir leicht die Richtigkeit der Gleichung

und hier sind die beiden Primideale rechter Hand wegen

in der Tat voneinander verschieden; damit ist der Satz 8 vollständig bewiesen.

§ 6. Das Symbol .

Definition 4. Wir erweitern nunmehr die Bedeutung des in Definition 1 erklärten Symbols in folgender Weise:

Ist irgendein Primideal in , so setzen wir

oder oder ,

je nachdem im Körper in zwei voneinander verschiedene Primideale weiter zerlegbar oder nicht zerlegbar oder gleich dem Quadrat eines Primideals wird. Ist das Quadrat einer Zahl in , so setzen wir stets

.

Es ist nach den Sätzen 6, 7, 8 leicht möglich, in allen Fällen den Wert des Symbols zu berechnen und wir erkennen aus Satz 7 im Falle, daß zu und prim ausfällt, die volle Übereinstimmung mit der Definition 1. Was insbesondere den Fall anbetrifft, daß gleich einem in aufgehenden Primideal des Körpers ist, so bestimmen wir zunächst die höchste Potenz von , welche in aufgeht. Ist der Exponent dieser Potenz ungerade, so haben wir gewiß ; ist dagegen gerade, so bestimmen wir, wenn eine durch , aber nicht durch teilbare Zahl bedeutet, eine ganze zu prime Zahl in der Art, daß

.

Ist hier nicht dem Quadrat einer ganzen Zahl in nach kongruent, so haben wir mit Rücksicht auf die Sätze 4 und 6 ebenfalls ; im anderen Fall unterscheiden wir, ob dem Quadrat einer ganzen Zahl in auch nach kongruent ausfällt oder nicht, und haben wegen Satz 8 dementsprechend oder .

Definition 5. Ist ein beliebiges Ideal des Körpers und hat man , wo , , …, Primideale in sind, so möge, wenn eine beliebige ganze Zahl in ist, das Symbol durch die folgende Gleichung definiert werden:

.

Sind , beliebige Ideale in , so gilt dann offenbar die Gleichung

.

Das Symbol ist durch diese Festsetzungen stets definiert, sobald irgendeine ganze Zahl in und irgendein Ideal in bedeutet. Das Symbol ist nur der Werte , , fähig.

§ 7. Normenreste und Normennichtreste des Körpers und das Symbol .

Definition 6. Es sei irgendein Primideal in , und es seien , beliebige ganze Zahlen in , nur daß nicht gleich dem Quadrat einer Zahl in ausfällt: wenn dann nach der Relativnorm einer ganzen Zahl des Körpers kongruent ist und wenn außerdem auch für jede höhere Potenz von stets eine solche ganze Zahl im Körper gefunden werden kann, daß nach jener Potenz von ausfällt, so nenne ich einen Normenrest des Körpers nach . In jedem anderen Falle nenne ich einen Normennichtrest des Körpers nach .

Ich definiere das Symbol , indem ich

 oder 

setze, je nachdem Normenrest oder Normennichtrest nach ist. Fällt gleich dem Quadrat einer ganzen Zahl in aus, so werde stets

gesetzt.

Das neue Symbol ist durch diese Festsetzungen in jedem Falle definiert, sobald , irgend zwei ganze Zahlen des Körpers und irgendein Primideal des Körpers bedeuten. Das Symbol ist nur der beiden Werte oder fähig.

§ 8. Eigenschaften des Symbols .

In den folgenden Sätzen entwickeln wir einige Eigenschaften des Symbols für den Fall, daß ein nicht in aufgehendes Primideal bedeutet.

Satz 9. Wenn , irgend beliebige ganze Zahlen in bedeuten und ein Primideal des Körpers ist, das zu und zu prim ausfällt, aber in genau zur ersten Potenz aufgeht, so gilt stets die Gleichung

.

Beweis. Ist , so gibt es nach Definition 1 eine ganze Zahl in , für welche nach wird. Um zu zeigen, daß dann die Kongruenz auch nach jeder beliebigen Potenz von durch geeignete Wahl von lösbar ist, setzen wir

, ,
so daß dabei eine ganze durch teilbare Zahl in bedeutet. Die ganze Zahl , erfüllt dann die Bedingung
, .

Durch gehörige Fortsetzung dieses Verfahrens erkennen wir, daß für jeden Exponenten eine ganze Zahl existiert, so daß

, 

ausfällt. Setzen wir , so folgt

, ,

d. h. es hat unter der obigen Annahme das Symbol den Wert .

Machen wir umgekehrt die Annahme , so gibt es nach Definition 6 eine ganze Zahl in , für welche nach wird. Da nach Satz 4 das Primideal in der Relativdiskriminante des Körpers aufgeht, so ist nach Satz 6 das Primideal gleich dem Quadrat eines Primideals im Körper . Aus der Gleichung folgt die Gleichheit der Normen in und in und wie im Beweise des Satzes 7 schließen wir dann auch hier, daß jede ganze Zahl des Körpers einer ganzen Zahl des Körpers nach kongruent sein muß. Setzen wir insbesondere nach , wo eine ganze Zahl in ist, so folgt

, 

und daher ist auch nach , d. h. unter der gegenwärtigen Annahme erhalten wir ; hiermit und durch das vorhin Bewiesene wird der Satz 9 vollständig als richtig erkannt.

Satz 10 Wenn , zwei beliebige ganze Zahlen in bedeuten und ein weder in noch in noch in aufgehendes Primideal in ist, so gilt stets die Gleichung

.

Beweis. Nach Satz 4 geht nicht in der Relativdiskriminante des Körpers auf; wir haben demgemäß nur zwei Annahmen zu behandeln, je nachdem in zwei voneinander verschiedene Primideale des Körpers zerlegbar ist oder in unzerlegbar bleibt.

Wir nehmen zunächst als zerlegbar an, und zwar sei , wo ein Primideal des Körpers bedeutet. Es gibt dann gewiß in ein System von zwei ganzen Zahlen, , , für welche die beiden in , linearen Kongruenzen

  (1)
erfüllt sind. Nun können wir wegen der Gleichheit der Normen und , wie im Beweise zu Satz 7 und zu Satz 9, jede ganze Zahl in einer ganzen Zahl des Körpers nach kongruent setzen; es sei demgemäß
, , , (2)

wo , ganze Zahlen in sind. Wenn wir dann zur Abkürzung

setzen, so folgt wegen (2) durch Multiplikation der Kongruenzen (1) die Kongruenz

, 

und da beide Seiten dieser Kongruenz ganze Zahlen in sind, so gilt sie auch nach dem Modul . Um zu beweisen, daß die Kongruenz durch geeignete Wahl der ganzen Zahl in auch nach jeder Potenz des Primideals lösbar ist, zeigen wir, wie im Beweise zu Satz 9, die Existenz einer Zahl , welche der Kongruenz

, 

genügt; dann ist offenbar nach .

Es sei andererseits im Körper nicht weiter zerlegbar und somit nach Satz 7 die Zahl quadratischer Nichtrest nach . Nach Satz 2 gibt es in genau quadratische Reste nach ; es seien diese durch die Quadratzahlen , , …, vertreten. Wir unterscheiden nun zwei Fälle, je nachdem die Zahl quadratischer Rest oder Nichtrest nach ist.

Im ersteren Falle sind wegen unserer Annahme über die Zahlen

,  (3)

sämtlich nach untereinander inkongruent. Es ist daher jede zu prime ganze Zahl in einer der Zahlen (3) nach kongruent. Die Zahlen (3) sind bez. die Relativnormen der Zahlen

, 

und es ist mithin jede zu prime Zahl in der Relativnorm einer geeigneten ganzen Zahl in nach kongruent.

Ist quadratischer Nichtrest nach , so wird quadratischer Rest nach ; es sei nach , wo eine ganze Zahl in bedeutet. In der Reihe der ganzen rationalen positiven Zahlen

ist die letzte Zahl Nichtrest nach ; es sei die erste Zahl dieser Reihe, auf welche ein Nichtrest des Primideals folgt. Wir setzen nach , wo eine ganze Zahl in bedeutet: dann ist die ganze Zahl wegen

, 
sicher quadratischer Nichtrest nach , und es fallen folglich die Zahlen
(4)

sämtlich untereinander inkongruent nach aus. In diesem Falle ist also jede zu prime Zahl in einer der Zahlen (4) nach kongruent. Die Zahlen (4) sind aber bez. die Relativnormen der Zahlen

und es ist mithin jede zu prime ganze Zahl in der Relativnorm einer ganzen Zahl in kongruent. Hieraus schließt man weiter, wie im ersten Teil dieses Beweises, daß zu jeder nicht durch teilbaren Zahl des Körpers auch für eine beliebig hohe Potenz des Primideals stets eine ganze Zahl in gefunden werden kann, deren Relativnorm der Zahl nach kongruent ist. Damit ist Satz 10 in allen Fällen bewiesen.

Satz 11. Wenn , zwei beliebige ganze Zahlen in bedeuten und ein Primideal des Körpers ist, das zu und zu prim ausfällt, aber in genau zur ersten Potenz aufgeht, so gilt stets die Gleichung

.

Beweis. Ist , so wird nach Satz 7 das Primideal des Körpers in zwei voneinander verschiedene Primideale und des Körpers weiter zerlegbar. Wir bestimmen eine ganze Zahl in , welche durch , aber weder durch noch durch teilbar ist; dann geht die Relativnorm der Zahl genau durch die erste Potenz von auf. Es sei eine durch teilbare, aber zu prime ganze Zahl in , dann ist eine ganze zu prime Zahl und daher zufolge des Satzes 10 Normenrest des Körpers nach . Bedeutet eine beliebige Potenz von und setzen wir

, ,

wo eine ganze Zahl in bedeutet, und bestimmen dann als ganze Zahl in , so daß nach ausfällt, so wird offenbar

, 

d. h. es ist Normenrest des Körpers nach .

Umgekehrt, wenn Normenrest des Körpers ist und etwa nach ausfällt, wo eine ganze Zahl in ist, so geht wegen der über gemachten Annahme nur durch die erste Potenz von auf; wir haben daher offenbar

,

d. h. zerfällt in in ein Produkt von zwei Idealen und mithin ist nach Satz 7 . Damit ist der Satz 11 vollständig bewiesen. Satz 12. Es sei ein zu primes Primideal des Körpers , ferner seien , , , vier ganze Zahlen in von der Beschaffenheit, daß das Quadrat einer ganzen oder gebrochenen Zahl in und die Relativnorm einer ganzen oder gebrochenen Zahl des Körpers wird: dann gilt stets die Gleichung

.

Beweis. Zunächst bemerken wir, daß wegen der Definition 6 des Symbols offenbar stets die Gleichung

(5)

gilt, da offenbar der durch bestimmte relativquadratische Körper mit dem Körper übereinstimmt.

Ferner wollen wir beweisen, daß, wenn die Relativnorm einer ganzen Zahl des Körpers ist, stets

(6)

ausfällt.

In der Tat, wenn Normenrest des Körpers nach ist, so wird offenbar auch Normenrest dieses Körpers nach . Die umgekehrte Annahme, daß Normenrest des Körpers nach ist, behandeln wir in folgender Weise: Es gehe genau durch die -te Potenz von und genau durch die -te Potenz von auf; es sei ferner eine ganze Zahl in , so daß die Kongruenz

  (7)

gilt, wobei einen beliebigen Exponenten der größer als ist, bedeutet. Wir unterscheiden nun drei Fälle, je nachdem im Körper Primideal bleibt oder in zwei gleiche oder in zwei voneinander verschiedene Primideale des Körpers weiter zerlegbar ist.

Im ersten Falle muß wegen der Exponent gerade sein und in genau zur -ten Potenz aufgehen; ferner erkennen wir aus (7), daß genau durch die -te Potenz von teilbar sein muß. Nun sei eine durch teilbare, aber zu prime ganze Zahl in . Dann ist gewiß eine ganze Zahl in und wir erhalten nach . Bestimmen wir noch eine ganze Zahl in , so daß nach ausfällt, so folgt nach , d. h. ist Normenrest des Körpers nach .

Im zweiten Falle setzen wir , so daß ein Primideal in bedeutet. Wegen geht in genau die -te Potenz von auf und wegen der Kongruenz (7) geht in genau die -te Potenz von auf. Wir bestimmen nun eine Zahl in wie im ersten Falle, und gelangen dann durch die entsprechenden Schlüsse wiederum zu dem Resultat, daß Normenrest des Körpers nach sein muß.

Im dritten Falle endlich setzen wir , wo ein Primideal des Körpers bedeutet, welches von seinem relativkonjugierten Primideale verschieden ausfällt. Nun gehe in das Primideal genau zur -ten und das Primideal genau zur -ten Potenz auf; ferner gehe in das Primideal genau zur -ten und genau zur -ten Potenz auf; es ist dann und , und folglich

. (8)

Wir bilden jetzt in eine ganze Zahl , die genau durch die -te Potenz von und durch die -te Potenz von teilbar ist, und endlich eine ganze Zahl in , die durch teilbar ist, aber zu prim ausfällt. Wegen der Ungleichung (8) ist dann gewiß eine ganze Zahl in und wir erhalten nach . Bestimmen wir also noch eine ganze Zahl in , so daß nach ausfällt, so folgt nach , d. h. ist Normenrest des Körpers nach . Damit ist die Richtigkeit der in Formel (6) ausgesprochenen Behauptung in allen Fällen als richtig erkannt.

Wegen der über gemachten Voraussetzung dürfen wir oder setzen, wobei Relativnormen gewisser ganzer Zahlen in bedeuten. Mit Hilfe der eben bewiesenen Formel (6) erhalten wir

  und   ;

mithin ist auch

.

Die letztere Formel und die Formel (5) zusammen zeigen die Richtigkeit des Satzes 12.

§ 9. Die allgemeinen Grundformeln für das Symbol .

Aus den in § 8 entwickelten Eigenschaften des Symbols können wir ein System von Grundformeln für dieses Symbol herleiten unter der Voraussetzung, daß dabei ein in nicht aufgehendes Primideal bedeutet.

Satz 13. Es sei ein zu primes Primideal des Körpers und , seien zwei beliebige ganze Zahlen in ; geht das Primideal in diesen Zahlen , genau zur -ten, bez. -ten Potenz auf, so bilde man die Zahl und bringe dieselbe in die Gestalt eines Bruches , dessen Zähler und dessen Nenner nicht durch teilbar sind: dann gilt stets die Gleichung

.

Beweis. Die Sätze 9, 10, 11 zeigen unmittelbar, daß der Satz 13 für , , für , und für , gilt. Im Falle , haben wir zu setzen; da nun

die Relativnorm der Zahl ist, so ergibt sich nach Satz 12

,

und da andererseits nach Satz 9

ist, so folgt auch für diesen Fall die Richtigkeit des Satzes 13.

Sind nun , beliebige ganze rationale nicht negative Exponenten, so möge den Wert oder bedeuten, je nachdem gerade oder ungerade ausfällt, und entsprechend möge den Wert oder bedeuten, je nachdem gerade oder ungerade ausfällt. Wir bestimmen jetzt im Körper eine ganze Zahl , in der genau die -te Potenz von aufgeht, und eine Zahl , in der genau die -te Potenz von aufgeht von der Beschaffenheit, daß und Quadrate von Zahlen in sind; dann setzen wir gleich einem Bruche , dessen Zähler und dessen Nenner ganze zu prime Zahlen in sind, und erkennen leicht, daß in der Zahlenreihe

,   ,   ,   ,   ,   ,  

jede Zahl durch die darauffolgende dividiert, gleich dem Quadrat einer Zahl des Körpers wird; wir schließen hieraus, daß auch der Quotient der ersten Zahl und der letzten in jener Reihe gleich dem Quadrat einer gewissen Zahl des Körpers sein muß. Da andererseits diese Zahlen beide zu prim sind, so läßt sich notwendig auch in die Gestalt eines Bruches setzen, dessen Zähler und dessen Nenner ganze zu prime Zahlen in sind. Wir erhalten mithin und folglich ist ; da ferner ausfällt, so ist auch

. (1)
Weiter ist nach Satz 12
, (2)

und da nach dem ersten Teil des gegenwärtigen Beweises der Satz 13 auf die Zahlen , angewandt werden darf, so gilt die Gleichung

, (3)

Aus den Formeln (1), (2), (3) folgt die Richtigkeit des Satzes 13 allgemein.

Aus Satz 13 ergeben sich für das Symbol eine Reihe von wichtigen Formeln, die wir in folgendem Satze zusammenstellen:

Satz 14. Wenn , , , , , beliebige ganze Zahlen des Körpers sind, so gelten in bezug auf irgendein zu primes Primideal des Körpers stets die Formeln:

Beweis. Die erste Formel folgt unmittelbar aus Satz 13.

Um die zweite Formel zu beweisen, nehmen wir an, es gehe das Primideal in , , bez. genau zur -ten, -ten, -ten Potenz auf, und setzen dann

,   ,

so daß ganze zu prime Zahlen in sind. Nach Satz 13 erhalten wir

und diese Gleichungen zeigen die Richtigkeit der zweiten Formel.

Die dritte Formel ist eine unmittelbare Folge der ersten und zweiten.

Im Lauf der gegenwärtigen Untersuchung werden wir erkennen, daß die Formeln des Satzes 14 auch für jedes in aufgehende Primideal des Körpers gültig sind.
§ 10. Die Anzahl der Normenreste nach einem nicht in aufgehenden Primideal.

Satz 15. Wenn ein zu primes Primideal des Körpers ist, das nicht in der Relativdiskriminante des relativquadratischen Körpers aufgeht, so ist jede zu prime Zahl Normenrest des Körpers nach .

Wenn dagegen ein zu primes Primideal des Körpers ist, das in der Relativdiskriminante des Körpers aufgeht und wenn ein beliebiger positiver Exponent bedeutet, so sind von allen vorhandenen zu primen und nach einander inkongruenten Zahlen in genau die Hälfte Normenreste des Körpers .

Beweis. Es gehe in genau zur -ten Potenz auf. Soll zunächst zur Relativdiskriminante des Körpers prim ausfallen, so muß nach Satz 4 eine gerade Zahl sein; da ferner nach Voraussetzung zu prim ist, so können wir bei Anwendung des Satzes 13 zur Bestimmung des Symbols einfach und setzen und erhalten dann

,

womit der erste Teil des Satzes 15 bewiesen ist.

Soll andererseits in der Relativdiskriminante des Körpers aufgehen, so ist nach Satz 4 der Exponent eine ungerade Zahl; mithin haben wir nach Satz 13

,

woraus leicht mit Rücksicht auf Satz 2 der zweite Teil des Satzes 15 zu entnehmen ist.

An späterer Stelle werden wir erkennen, daß dieser Satz 15 ebenso wie Satz 14 auch für jedes in aufgehende Primideal gilt; doch bietet der Nachweis hierfür erheblich größere Schwierigkeiten. Wir werden dann auf die Bedeutung hinweisen, die diesem Satz 15 und seiner Verallgemeinerung auf beliebige Primideale für unsere Theorie zukommt.

§ 11. Die Einheitenverbände des Körpers .

Definition 7. Wenn eine Einheit des Körpers ist, so heißt das System aller Einheiten von der Form wo alle Einheiten des Körpers durchläuft, ein Verband von Einheiten oder ein Einheitenverband des Körpers . Der durch die Einheit bestimmte Einheitenverband, d. h. derjenige Verband, welcher die Quadrate aller Einheiten des Körpers enthält, heiße der Hauptverband und werde mit bezeichnet. Wenn , zwei beliebige Verbände von Einheiten in sind und jede Einheit in mit jeder Einheit in multipliziert wird, so bilden sämtliche solche Produkte wiederum einen Verband von Einheiten in ; dieser werde das Produkt der Verbände und genannt und mit bezeichnet. Wenn eine Anzahl von Verbänden in vorgelegt ist, von denen keiner der Hauptverband ist und keiner durch Multiplikation aus den anderen erhalten werden kann, so heißen dieselben von einander unabhängig.

Es mögen die Einheiten , ..., ein volles System von Grundeinheiten[3] des Körpers bilden. Ferner sei eine Einheitswurzel, welche in vorkommt, während nicht in liegt; wir setzen und erkennen dann leicht, daß , ..., ein System von Einheiten bilden derart, daß überhaupt jede Einheit in auf eine und nur auf eine Weise sich in der Gestalt

darstellen läßt, wo die Exponenten , , ..., nur die Werte oder annehmen und eine geeignete Einheit in bedeutet. Es bestimmen also offenbar die Einheiten , ..., ein System von unabhängigen Verbänden in , durch deren Multiplikation überhaupt jeder in vorhandene Verband erhalten werden kann. Der Körper besitzt, wie wir hieraus schließen, im ganzen genau verschiedene Einheitenverbände.

§ 12. Die Komplexe des relativquadratischen Körpers .

Definition 8. Ist ein Ideal aus einer Idealklasse des in bezug auf relativquadratischen Körpers , so werde die durch das relativkonjugierte Ideal bestimmte Idealklasse mit bezeichnet und die zu relativkonjugierte Klasse genannt. Eine Idealklasse des Körpers heiße eine ambige Klasse, wenn sie ihrer relativkonjugierten Klasse gleich wird, wenn also

ist.

Insbesondere ist offenbar jede Klasse des Körpers ambig, welche ein ambiges Ideal des Körpers enthält; doch kann es, wie später gezeigt werden wird, sehr wohl ambige Klassen in geben, welche kein ambiges Ideal enthalten.

Das Quadrat einer ambigen Klasse ist stets eine solche Klasse in , welche unter ihren Idealen sicher auch in liegende Ideale enthält; dies folgt leicht aus der Gleichung .

Definition 9. Ist eine beliebige Klasse in , so nenne ich das System aller Klassen von der Form , wo die Klassen des Körpers durchläuft, einen Komplex des Körpers . Der Komplex der aus den sämtlichen Klassen in besteht, heiße der Hauptkomplex des Körpers und werde mit bezeichnet.

Wenn und zwei beliebige Komplexe sind und jede Klasse in mit jeder Klasse in multipliziert wird, so bilden sämtliche solche Produkte wiederum einen Komplex; dieser werde das Produkt der Komplexe und genannt und mit bezeichnet.

Wenn eine Klasse im Komplexe ist, so werde derjenige Komplex, zu welchem die relativkonjugierte Klasse gehört, der zu relativkonjugierte Komplex genannt und mit bezeichnet.

Jeder Komplex, der mit dem ihm relativkonjugierten Komplexe übereinstimmt, heißt ein ambiger Komplex. Wenn ein ambiger Komplex ist, so folgt aus die Gleichung

,

d. h. das Quadrat jedes ambigen Komplexes ist der Hauptkomplex. Umgekehrt, wenn das Quadrat eines Komplexes den Hauptkomplex liefert, so ist ein ambiger Komplex. In der Tat folgt, da stets gleich ausfällt, aus die Gleichung .

Jeder Komplex , der eine ambige Klasse enthält, ist ein ambiger Komplex; ein solcher Komplex werde ein aus der ambigen Klasse entspringender Komplex genannt. Enthält insbesondere die ambige Klasse ein ambiges Ideal , so heißt ein aus dem ambigen Ideal entspringender Komplex.

Wenn eine Anzahl von Komplexen des Körpers vorgelegt ist, unter denen keiner der Hauptkomplex ist und keiner durch Multiplikation aus den übrigen hergeleitet werden kann, so heißen diese Komplexe voneinander unabhängig.

§ 13. Primideale des Körpers mit vorgeschriebenen quadratischen Charakteren.

Ein sehr wichtiges Hilfsmittel für die weitere Entwicklung der Theorie der relativquadratischen Körper gewinnen wir durch die Erörterung der Frage, ob es stets im Körper Primideale gibt, nach denen irgendwelche gegebene Zahlen vorgeschriebene quadratische Charaktere besitzen. Wir führen die Untersuchung dieser Frage in folgender Weise:

Satz 16. (Hilfssatz.) Es bedeute irgendeine ganze Zahl in , welche nicht das Quadrat einer Zahl in ist, und man setze

,   ,

wo die Summe rechter Hand über sämtliche Primideale des Körpers zu erstrecken ist: dann nähert sich die Funktion der reellen Veränderlichen , wenn nach abnimmt, einer endlichen Grenze.

Beweis. Wir fassen den Körper vom Grade und ferner den durch bestimmten relativquadratischen Körper vom Grade ins Auge und bilden bez. die Funktionen

,   ,
wobei das erste Produkt über alle Primideale in und das zweite Produkt über alle Primideale in zu erstrecken ist, und wo ferner die Norm von in und die Norm von in bedeutet. Es ist bekannt, daß diese unendlichen Produkte für konvergieren und daß die Grenzausdrücke
,  

endliche und von verschiedene Werte darstellen[4]; hieraus folgt, daß auch der Ausdruck

(1)

einen endlichen von verschiedenen Wert besitzt. Ordnen wir nun das Produkt

(2)

nach den Primidealen des Körpers , aus welchen die Primideale herstammen, so gehört, wenn wir Definition 4 berücksichtigen, zu einem beliebigen Primideale in dem Produkt (2) das Glied

  oder     oder   , (3)

je nachdem

  oder     oder  

ausfällt. Wir können daher die drei Ausdrücke (3) in der gemeinschaftlichen Form

schreiben und erhalten so

und da der Grenzwert (1) endlich und von verschieden ausfällt, so folgt das gleiche für den Grenzwert

,

und hieraus schließen wir, indem wir in bekannter Weise zum Logarithmus übergehen, daß der Ausdruck

einen endlichen Wert besitzt, wie es Satz 16 behauptet. Satz 17. (Hilfssatz). Es seien , ..., irgend ganze Zahlen in , welche die Bedingung erfüllen, daß kein aus denselben zu bildendes Produkt gleich dem Quadrat einer Zahl in wird; es seien ferner , ..., nach Belieben vorgeschriebene Einheiten : dann gilt eine Gleichung von der Gestalt

,   ;

hierbei ist die Summe linker Hand über alle diejenigen Primideale des Körpers zu erstrecken, die den Bedingungen

genügen und rechter Hand bedeutet eine Funktion der reellen Veränderlichen , welche sich für einem endlichen Grenzwert nähert.

Beweis. Wir haben

  ,

wobei die Summen über alle Primideale in zu erstrecken sind und eine für endlich bleibende Funktion der reellen Veränderlichen bedeutet. Da andererseits der Ausdruck für endlich und von verschieden bleibt, so folgt, daß in der Gleichung

,   , (4)

wiederum eine für endlich bleibende Funktion von bedeutet.

Wir setzen nun in der über alle Primideale zu erstreckenden Summe

,   (5)

den Wert ein und multiplizieren die so entstehende Gleichung mit dem Faktor . Wir erteilen dann jedem der Exponenten , , ..., nacheinander die Werte , , jedoch so, daß das eine Wertsystem ausgeschlossen wird. Nach Satz 16 bleiben die sämtlichen aus (5) in dieser Weise entstehenden Ausdrücke für endlich. Werden dieselben zu (4) addiert, so erhalten wir daher eine Gleichung von der Form

, (6)

wo wiederum eine für endlich bleibende Funktion bedeutet. Die Richtigkeit des Satzes 17 folgt unmittelbar aus dieser Beziehung (6), wenn wir bedenken, daß der Ausdruck

für alle diejenigen Primideale , die den Bedingungen des Satzes 17 genügen, den Wert besitzt und daß dieser Ausdruck für alle anderen Primideale des Körpers verschwindet, abgesehen von den endlich vielen Primidealen, die in aufgehen.

Aus der soeben bewiesenen Gleichung des Satzes 17 folgt, indem wir bedenken, daß über alle Grenzen wächst, sofort die folgende Tatsache:

Satz 18. Es seien irgend ganze Zahlen in welche die Bedingung erfüllen, daß kein aus denselben zu bildendes Produkt gleich dem Quadrat einer Zahl in wird: es seien ferner nach Belieben vorgeschriebene Einheiten : dann gibt es im Körper stets unendlich viele Primideale die den Bedingungen

genügen.

  1. Vgl. meinen der Deutschen Mathematiker-Vereinigung erstatteten Bericht „Die Theorie der algebraischen Zahlkörper“. 1897, Satz 22 (dieser Band S. 82) und Satz 24 (dieser Band S. 82). Ich werde in der vorliegenden Abhandlung diesen Berioht von mir kurz mit „Algebraische Zahlkörper“ zitieren. (Dieser Band Abh. 7, S. 63-363.)
  2. Vgl. „Algebraische Zahlkörper“ Satz 93 (dieser Band S. 154), woselbst dieser Satz allgemein für relativzyklische Körper von einem Primzahlgrade aufgestellt und bewiesen worden ist.
  3. Vgl. „Algebraische Zahlkörper“, dieser Band S. 102 und S. 108.
  4. Vgl. „Algebraische Zahlkörper“ § 26, dieser Band S. 116.
9. Über die Theorie des relativquadratischen Zahlkörpers. Nach oben 9.II Die Theorie der relativquadratisehen Körper für einen Grundkörper mit lauter imaginären Konjugierten und von ungerader Klassenanzahl.
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