David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie/Kapitel 7.29

7.28 Die Zerlegung der Zahlen des Kreiskörpers im Kummerschen Körper. David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie (1932) von David Hilbert
7.29 Die Normenreste und Normennichtreste des Kummerschen Körpers.
7.30 Das Vorhandensein unendlich vieler Primideale mit vorgeschriebenen Potenzcharakteren im Kummersehen Körper.
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29. Die Normenreste und Normennichtreste des Kummerschen Körpers.
§ 129. Die Definition der Normenreste und Normennichtreste.

Es sei, wie in § 125, eine Zahl des Kreiskörpers ‚ für welche nicht in liegt, und es bedeute den durch und bestimmten Kummerschen Körper; für eine Zahl in werde die Relativnorm in bezug auf mit bezeichnet. Es sei ein beliebiges Primideal des Kreiskörpers und eine beliebige ganze Zahl in . Wenn dann nach der Relativnorm einer ganzen Zahl des Körpers kongruent ist, und wenn außerdem auch für jede höhere Potenz von stets eine, solche ganze Zahl im Körper gefunden werden kann, daß nach jener Potenz von ausfällt, so nenne ich einen Normenrest des Kummerschen Körpers nach . In jedem anderen Falle nenne ich einen Normennichtrest des Kummerschen Körpers nach .

§ 130. Der Satz von der Anzahl der Normenreste. Die Verzweigungsideale.

Es gilt der folgende wichtige Satz:

Satz 150. Wenn ein Primideal des Kreiskörpers ist, das nicht in der Relativdiskriminante des Kummerschen Körpers aufgeht, so ist jede zu prime Zahl in Normenrest des Kummerschen Körpers nach .

Wenn dagegen ein Primideal des Kreiskörpers ist, das in der Relativdiskriminante des Kummerschen Körpers aufgeht, und im Falle ein beliebiger positiver Exponent, im Falle ein beliebiger Erxponent ist, so sind von allen vorhandenen, zu primen und nach einander inkongruenten Zahlen in genau der -te Teil Normenreste nach .

Beweis. Es sei zunächst ein in der Relativdiskriminante des Körpers nicht aufgehendes und von verschiedenes Primideal des Kreiskörpers ; dann sind zwei Fälle zu unterscheiden, je nachdem in zerlegbar ist oder nicht. Im ersteren Falle sei ein in aufgehendes Primideal des Kummerschen Körpers . Im Hinblick auf den Beweis zu Satz 148 können wir, ohne dadurch eine Beschränkung einzuführen, annehmen; es sei und mithin auch die Relativdiskriminante der Zahl in bezug auf nicht durch teilbar; es gibt dann gewiß im Körper ein System von ganzen Zahlen , …, , für welche die Kongruenzen

erfüllt sind. Nun ist offenbar jede ganze Zahl des Körpers nach einer ganzen Zahl in kongruent; setzen wir

, , …, , ,

so daß , , …, ganze Zahlen in sind, und

,

so ergibt sich daher

, , ,

und durch Multiplikation folgt nach und daher auch nach . Damit ist unter der gegenwärtigen Annahme über das Primideal der erste Teil des Satzes für den Fall bewiesen. Um zu den Fällen überzugehen, nehmen wir an, es sei nach , und setzen dann

, ,

so daß dabei eine ganze, durch , aber nicht durch teilbare Zahl in bedeutet. Die ganze Zahl , wobei eine ganze rationale, der Kongruenz nach genügende Zahl sein soll, erfüllt dann die Bedingung nach . Durch die gehörige Fortsetzung des hier eingeschlagenen Verfahrens gelangen wir schließlich zu einer ganzen Zahl in , deren Relativnorm in bezug auf der Zahl nach einer beliebig hohen Potenz kongruent ist.

Es sei andererseits im Körper nicht weiter zerlegbar; wir können es wiederum einrichten, daß nicht durch teilbar sei, und es ist dann nach Satz 149 jedenfalls kein -ter Potenzrest nach . Nach den Folgerungen aus Satz 139 gibt es in genau zu prime -te Potenzreste nach ; sind diese nach durch , …, vertreten, so fallen die Zahlen

 

sämtlich nach untereinander inkongruent aus, da nicht -ter Potenzrest nach ist, und es ist also jede zu prime Zahl in einer dieser Zahlen nach kongruent. Setzen wir , …, nach , so daß , …, ebenfalls Zahlen in sind, so folgt

, ,

und es ist also jede zu prime Zahl in der Norm einer geeigneten Zahl in nach kongruent; hieraus schließt man weiter, ähnlich wie im vorigen Falle, daß zu jeder zu primen ganzen Zahl in auch in bezug auf eine beliebig hohe Potenz von stets eine ganze Zahl des Körpers gefunden werden kann, deren Relativnorm nach der Zahl kongruent ist.

Wir wollen nun den ersten Teil des Satzes 150 auch für den Fall beweisen, dabei können wir zu prim annehmen; wir bezeichnen mit die höchste in enthaltene Potenz von , wobei jedenfalls sein wird, und setzen

, ,

wo eine ganze rationale, zu prime Zahl bedeuten soll. Ist dann eine ganze rationale Zahl mit der Kongruenzeigenschaft nach , und setzen wir , so wird

, . (72)

Andererseits gelten die Kongruenzen

, , (73)

wo eine jede positive ganze rationale Zahl und eine jede positive ganze rationale zu prime Zahl sein kann. Da die Relativdiskriminante des Körpers in bezug auf im gegenwärtig zu untersuchenden Falle den Faktor nicht enthalten soll, so ist nach Satz 148 notwendig .

Es sei zunächst . Man entnimmt dann leicht aus den Kongruenzen (72) und (73), daß zu jeder beliebigen positiven ganzen rationalen Zahl stets eine ganze Zahl in gefunden werden kann derart, daß die Kongruenz

, 
erfüllt wird. Setzen wir nun und ferner allgemein für jeden Wert von :
,

so wird jedesmal eine ganze Zahl in und

, .

Hieraus folgt unmittelbar, daß jede ganze Zahl in , die der Kongruenz nach genügt, Normenrest des Körpers nach ist. Die Beschränkung, die hier in der Annahme nach liegt, wird leicht aufgehoben. Ist nämlich eine beliebige zu prime Zahl, und wird sie nach der ganzen rationalen Zahl kongruent, so setzen wir , wo eine ganze rationale Zahl mit der Kongruenzeigenschaft nach bedeute; dann wird offenbar nach , und andererseits werden und gleichzeitig Normenrest oder Normennichtrest des Körpers nach sein.

Es sei zweitens in Formel (72) und mithin ; dann können wir, wenn eine beliebige positive ganze rationale Zahl ist, stets zwei ganze Zahlen und in konstruieren derart, daß

(74)

wird. Wir setzen gemäß dem Satze 149 , wo , , …, voneinander verschiedene Primideale des Körpers bedeuten. Die beiden Zahlen

 

gesetzt, sind ganze Zahlen, und da nach wird, so enthält eines der in aufgehenden Primideale, es sei dies etwa das Primideal , zur ersten Potenz und die anderen in aufgehenden Primideale gar nicht. Aus den Formeln (74) folgt

, ,

und wir können nun voraussetzen, daß in der Reihe der Zahlen , , …, in solcher Weise gewählt sei, daß nach und also nach ausfällt. Wegen der letzteren Kongruenz ist auch die Zahl durch , aber durch keines der Primideale , …, teilbar und da auch nach ist, so ist ebenfalls nur durch die erste Potenz von teilbar. Wir können mit Rücksicht auf das eben Bewiesene die gebrochene Zahl in der Form eines Bruches schreiben, dessen Zähler und Nenner zu prim sind. Setzen wir nach in solcher Weise, daß eine ganze Zahl in ist, so wird

, .

Da eine solche Formel für jeden positiven Exponenten möglich ist, so zeigt sich wie vorhin, daß jede zu prime Zahl Normenrest des Körpers ist.

Wir gehen jetzt zum Beweise der zweiten Hälfte von Satz 150 über. Es sei zunächst ein von verschiedenes, in der Relativdiskriminante des Körpers in bezug auf aufgehendes Primideal des Körpers ; wir haben dann nach Satz 149 , wo ein Primideal in ist. Jede ganze Zahl des Körpers muß dann, wie schon mehrfach erwähnt wurde, einer ganzen Zahl in nach kongruent sein. Soll nun eine gegebene, zu prime ganze Zahl in nach kongruent der Relativnorm einer ganzen Zahl in sein, und setzen wir nach , so folgt notwendig nach , und daher auch nach , d. h. ist -ter Potenzrest nach . Umgekehrt, wenn eine Zahl in ein -ter Potenzrest nach ist, so ist offenbar auch kongruent einer Relativnorm nach . Wir entnehmen hieraus, daß die -ten Potenzreste nach auch zugleich die sämtlichen Normenreste des Körpers nach liefern.

Es bleibt endlich die Behandlung des Falles übrig, daß ist und in der Relativdiskriminante des Körpers aufgeht. Wir haben in diesem Falle , wo ein Primideal in ist, und können es im Hinblick auf Satz 148 stets einrichten, daß die Zahl entweder der Kongruenz

, 

oder einer der folgenden Kongruenzen genügt:

, ,

wo einen der Werte , …, bedeutet. Wir wollen alsdann untersuchen, welche Zahlen in es in diesen zwei Fällen gibt, die kongruent der Relativnorm einer Zahl in nach bez. sind, und entnehmen hieraus leicht die Anzahl der nach jeder höheren Potenz von einander inkongruenten Normenreste.

Im Falle nach ist durch , aber nicht durch teilbar, und es gelten die Kongruenzen

(75)
wo , , …, gewisse ganze Zahlen in bedeuten. Endlich ist
,  (76)

für , , , …; , , , …, . Nun genügt offenbar jede zu prime ganze Zahl des Körpers einer Kongruenz von der Gestalt

wo eine bestimmte der Zahlen , , …, und die Exponenten , , …, bestimmte ganze rationale Zahlen aus der Reihe , , , …, sind. Wegen der Kongruenzen (75) und (76) folgt daher: . Der Ausdruck rechter Hand stellt, wenn die Werte , , …, und die Exponenten , , …, unabhängig voneinander je die Werte , , , …, durchlaufen, genau Zahlen dar, und diese sind, wie leicht ersichtlich, alle einander inkongruent nach . Nun ist jede zu prime Zahl in , welche der Relativnorm einer Zahl in kongruent nach ist, notwendig einem Ausdruck dieser Gestalt nach kongruent, und umgekehrt ist auch jeder Ausdruck von dieser Gestalt, wie man aus (75) entnimmt, der Relativnorm einer Zahl in nach kongruent. Mit Hilfe der Kongruenzen (73) erkennt man, daß zwei nach kongruente, zu prime Zahlen in stets gleichzeitig Normenrest oder Normennichtrest nach sind. Die Anzahl der Normenreste nach , welche zu prim und untereinander inkongruent nach sind, ist also genau gleich , d. i. gleich dem -ten Teil der nach möglichen inkongruenten, zu primen Zahlen in , und dieses Resultat kann sofort auf die Potenzen mit Exponenten ausgedehnt werden.

Von den übrigen möglichen Annahmen über werde hier der Kürze wegen nur die einfachste behandelt; es werde nämlich nach zugrunde gelegt. Setzen wir dann , so ist eine durch , aber nicht durch teilbare ganze Zahl in , und wenn wir berücksichtigen, daß nach wird, so erkennen wir durch eine leichte Rechnung die Richtigkeit der Kongruenzen

(77)
wo , , …, gewisse ganze Zahlen in bedeuten. Wir haben ferner
,

wo zur Abkürzung

gesetzt ist. Nun ergibt sich sofort . Die einzelnen Summanden in den Ausdrücken für , , …, sind sämtlich jedenfalls durch teilbar, sie lassen sich ferner in Aggregate von je Summanden zusammenfassen, die aus einem beliebigen unter ihnen durch die Substitutionen , , , …, hervorgehen; setzen wir nun ein beliebiges Glied in der Gestalt an, so bedeutet eine ganze Zahl in und kann daher, wie aus dem Beweise des Hilfssatzes 23 bervorgebt, als ganze rationale Funktion von und mithin auch von dargestellt werden, deren Koeffizienten ganze oder gebrochene Zahlen in mit lauter zu primen Nennern sind. Setzen wir dementsprechend , so läßt sich das betreffende Aggregat von Summanden in die Form.

bringen; die hier in der Klammer stehende Summe fällt, wie leicht ersichtlich, stets kongruent nach aus; danach müssen nun die Zahlen , , …, sämtlich kongruent nach sein, also wird

, . (78)

Endlich ergeben sich leicht die Kongruenzen

,  (79)

für , .

Nun genügt offenbar jede zu prime ganze Zahl in einer Kongruenz von der Gestalt

wo eine der Zahlen , , …, , und wo die Exponenten , , …, bestimmte Zahlen aus der Reihe , , , …, sind. Wegen der vorhin aufgestellten Kongruenzen (77), (78), (79) folgt hieraus:

, .
Der hier rechts stehende Ausdruck stellt nun, wenn die Werte , , …, , und wenn die Exponenten , , …, unabhängig voneinander die Werte , , , …, durchlaufen, Zahlen dar, und diese sind sämtlich zu prim und einander inkongruent nach . Mit Benutzung der Kongruenz nach und weiter der Kongruenzen (73) schließen wir hieraus, daß genau der -te Teil aller zu primen und nach einander inkongruenten Zahlen Normenreste des Körpers nach liefert, und übertragen dann dieses Resultat sogleich auf den Fall der Potenzen mit Exponenten bez. .

Das nämliche Resultat ergibt sich durch entsprechende Rechnungen auch dann, wenn nach genommen wird, und damit ist der Satz 150 in allen Teilen bewiesen. Es sei jedoch bemerkt, daß wir es in unseren späteren Entwickelungen so einrichten können, daß der Satz 150 lediglich für den oben ausführlich bewiesenen Fall nach zur Verwendung gelangt.

Der Satz 150 bringt eine neue, tief eingreifende Eigenschaft der in der Relativdiskriminante des Körpers in bezug auf aufgehenden Primideale zum Ausdruck. Diese Eigenschaft entspricht gewissermaßen dem bekannten Satze über die Verzweigungspunkte einer Riemannschen Fläche, wonach eine algebraische Funktion in der Umgebung eines Verzweigungspunktes -ter Ordnung den Vollwinkel auf den -ten Teil desselben konform abbildet. Infolgedessen nenne ich die in der Relativdiskri-minante von in bezug auf aufgehenden Primideale auch Verzweigungsideale für den Körper ; es bedeuten hier also „Primfaktor der Relativdiskriminante“ und „Verzweigungsideal“ den nämlichen Begriff, und die Verzweigungsideale sind die -ten Potenzen der ambigen Primideale.

§ 130. Das Symbol .

Der Satz 150 weist uns auf die Möglichkeit hin, die nach einer Potenz ( im Falle ) vorhandenen, einander inkongruenten Zahlen des Körpers in Abteilungen zu sondern, die sämtlich gleich viele Zahlen enthalten, und von denen eine die Normenreste nach umfaßt. Um diese Sonderung in übersichtlicher Weise vornehmen zu können, führe ich ein neues Symbol ein, welches zwei beliebigen, von verschiedenen ganzen Zahlen , des Körpers in bezug auf ein beliebiges Primideal in jedesmal eine bestimmte -te Einheitswurzel zuweist, und zwar geschieht dies in folgender Weise:

Es sei zunächst ein von verschiedenes Primideal. Ist dann genau durch und genau durch teilbar, so bilde man die Zahl und bringe in die Gestalt eines Bruches , dessen Zähler und Nenner nicht durch teilbar sind. Das Symbol werde dann durch die Formel

definiert. Es ergeben sich hieraus unmittelbar für dieses Symbol die einfachen Regeln:

(80)

wo , , , , , beliebige von Null verschiedene ganze Zahlen in bedeuten können.

Um das neue Symbol für den Fall zu definieren, stellen wir folgende Überlegungen an:

Wenn eine beliebige ganze Zahl in vorgelegt ist, welche der Kongruenz nach genügt, und wenn wir setzen

,

so daß , , …, ganze rationale Zahlen sind, so genügen diese notwendig der Kongruenz

, .

Setzen wir dann

,

so stellt eine ganzzahlige Funktion -ten Grades dar, und es wird

  und  .

Diese Funktion heiße die zur ganzen Zahl gehörende Funktion. Wir schreiben ferner

, , (81)

welche Verbindungen von Kummer mit Vorteil zur Abkürzung gewisser Rechnungen eingeführt sind [Kummer (12[1])].

Wird die Zahl mit der Kongruenzeigenschaft nach auf irgendeine Weise in die Gestalt

gebracht, wo , , …, ganze rationale Zahlen bedeuten, so stellt

eine ganzzahlige Funktion -ten Grades dar, welche im allgemeinen nicht der Gleichung , aber jedenfalls der Kongruenz
, 

genüge leistet und also für zu prim ausfällt. Zwischen den Differentialquoten von für und den soeben eingeführten Differentialquotienten (81) bestehen folgende Kongruenzen:

Die Richtigkeit dieser Kongruenzen erkennen wir leicht wegen

in der ersten Formel bedeutet eine bestimmte ganzzahlige Funktion von , und die zweite Formel soll besagen, daß in den Entwicklungen der beiden Seiten dieser Kongruenz nach Potenzen von die Koeffizienten von , , , …, nach kongruent ausfallen.

Sind , , irgend zwei ganze Zahlen in mit der Kongruenzeigenschaft , nach , so definieren wir das Symbol wie folgt:

. (82)

Aus dieser Definition ergeben sich unmittelbar die folgenden Regeln:

(83)

wo , , , , , beliebige ganze Zahlen nach in bedeuten können. Bezeichnet eine Primitivzahl nach und die entsprechende Substitution der Gruppe des Kreiskörpers , so gilt, wie leicht ersichtlich ist, die weitere Formel

. (84)

Sind , beliebige zu prime ganze Zahlen des Körpers , so definiere ich das Symbol durch die Formel

.
Für den Fall, daß eine der Zahlen , oder beide durch teilbar sind, vergleiche man die Bemerkungen gegen Schluß des § 133.
§ 132. Einige Hilfssätze über das Symbol und über Normenreste nach dem Primideal .

Hilfssatz 24. Wenn eine ganze Zahl in mit der Kongruenzeigenschaft nach ist, so gilt für die Norm von in die Kongruenz

, .

[Kummer (20[2])].

Beweis. Es bedeute die zu gehörende Funktion, und es werde

gesetzt, wo das Produkt über die Werte zu erstrecken ist. Der Ausdruck stellt eine ganzzahlige Funktion von dar und die Koeffizienten aller durch teilbaren Glieder dieser Funktion sind offenbar durch und folglich wegen der Rationalität der Koeffizienten auch durch teilbar. Durch Entwicklung nach Potenzen von ergibt sich nun:

[WS 3] (85)


Setzen wir erstens in dieser Entwicklung der Reihe nach

ein und addieren die betreffenden Formeln, so entsteht unter Berücksichtigung von

 

die Gleichung:

[WS 3] (86)

wobei das Aggregat der durch teilbaren Glieder der Entwicklung andeutet.

Setzen wir zweitens in der Entwicklung (85) ein und bilden den -ten Differentialquotienten nach , so wird derselbe für :

(87)

Durch Vergleichung der beiden Formeln (86) und (87) ergibt sich

, ,

d. h. die Koeffizienten von , , …, auf der linken Seite sind den entsprechenden Koeffizienten rechts nach kongruent, und wenn wir beide Seiten dieser Kongruenz in den Exponenten von setzen, so erhalten wir zunächst in demselben Sinne, dann aber mit Rücksicht auf die zu Beginn dieses Beweises gemachte Bemerkung auch vollständig die Kongruenz der zwei ganzzahligen Funktionen:

, ,

und folglich für :

, ,

womit der Hilfssatz 24 bewiesen ist.

Hilfssatz 25. Wenn die ganzen Zahlen , in die Kongruenzeigenschaften nach und nach besitzen, und wenn außerdem kongruent der Relativnorm einer ganzen Zahl des durch bestimmten Kummerschen Körpers nach ist, so existiert eine ganzzahlige Funktion vom -ten Grade in , derart, daß ist und die Kongruenzen

, 

und

 

erfüllt sind. [Kummer (20[2])]. Beweis. Nach dem Beweise des Hilfssatzes 23 ist jede ganze Zahl in in der Gestalt

und folglich auch in der Gestalt

darstellbar, so daß , , …, , und , , …, ganze Zahlen in sind und überdies zu prim ausfällt. Infolge des letzteren Umstandes können wir

, 

setzen in solcher Weise, daß , , …, ganze Zahlen in sind. Es sei nun

, , ,

wo , , …, ganze rationale positive Zahlen bedeuten sollen; wir setzen

.

Da in sich und nach erweist, so folgt

, .

Ist nun die vorausgesetzte Zahl, für welche nach wird, so erhalten wir weiter

, ,

also auch

, .

Folglich ist eine Zahl in mit der Kongruenzeigenschaft nach . Wir finden nun mit Rücksicht hierauf leicht eine ganze rationale positive Zahl derart, daß die Norm der Zahl im Körper der Kongruenz

,  (89)

genügt; dann erfüllt die ganzzahlige Funktion

die Bedingungen des zu beweisenden Hilfssatzes 25. Denn es ist offenbar , wo eine ganze Zahl in bedeutet. Hieraus ergibt sich leicht durch eine ähnliche Betrachtung wie auf S. 263:

, . (90)

Andererseits erkennen wir unter Berücksichtigung der Kongruenzen

,  ,
daß identisch in eine Gleichung
(91)

gilt, wo eine ganzzahlige Funktion von bedeutet. Diese Gleichung liefert für mit Rücksicht auf (89) die Kongruenz

, , d. h. , .

Wenn in der Gleichung (91) genommen wird, so ergibt sich

und hieraus, da nach ausfällt,

, ,

d. i. wegen (90)

, .

Damit und in Anbetracht von (89) ist der Hilfssatz 25 vollständig bewiesen.

Hilfssatz 26. Wenn , ganze Zahlen in mit den Kongruenzeigenschaften nach und nach bedeuten, und wenn außerdem Normenrest des durch bestimmten Kummerschen Körpers nach ist, so wird stets

.

[Kummer (20[2])].

Beweis. Aus der bekannten Lagrangeschen Formel für die Umkehrung einer Potenzreihe entnimmt man unmittelbar die folgende Identität:

(92)

dabei stelle man sich unter eine beliebige Potenzreihe von , ferner unter eine Potenzreihe vor, deren konstantes Glied von verschieden ist, und denke sich den Zusammenhang der Variabeln und durch die Gleichung vermittelt.

Es seien nun und die zu den Zahlen und gehörenden Funktionen. Da Normenrest des Körpers nach sein soll, so gibt es nach Hilfssatz 25 eine ganzzahlige Funktion -ten Grades derart, daß

,  (93)
,  (94)

und wird.

Wir setzen nun

diese Funktionen werden nur an der Stelle betrachtet werden, und es sollen die Logarithmen so genommen werden, daß sie für reell sind.

Ersetzen wir die Zeichen , , in der dritten Formelzeile auf S. 266 oben bez. durch , , , so wird aus derselben

, .

Aus Hilfssatz 24 ergibt sich unter Berücksichtigung von (93) die Kongruenz

, 

und folglich wird

, . (95)

Andererseits gilt mit Rücksicht auf (94) die Kongruenz

, 

welche so aufzufassen ist, daß in den Entwicklungen nach Potenzen von die Koeffizienten von , , …, auf den beiden Seiten einander nach kongruent sind, und hieraus ergibt sich die Entwicklung

(96)

welche so aufzufassen ist, daß die Koeffizienten von , , …, auf den beiden Seiten einander nach kongruent sind.

Endlich betrachten wir die Funktion . Wegen nach wird eine Potenzreihe, deren konstantes Glied nach ist. Ferner folgt leicht

, 

in dem Sinne, daß die Koeffizienten von , , …, auf den beiden Seiten einander nach kongruent sind. Es gilt daher weiter in demselben Sinne

, ,

und es folgt hieraus endlich in eben demselben Sinne die Entwicklung

(97)

Die Zusammenstellung der Kongruenz (95) und der beiden Entwicklungen (96), (97) mit (92) liefert, wegen und nach für , die folgende Kongruenz:

, ,
d. i. nach der Definition (82) des Symbols § 131:
,

und hiermit ist der Hilfssatz 26 bewiesen.

§ 133. Das Symbol zur Unterscheidung zwischen Normenresten und Normennichtresten.

Wir sind jetzt in den Stand gesetzt, soweit die betreffenden Symbole bereits definiert sind, die Richtigkeit der folgenden Behauptung einzusehen:

Satz 151. Wenn zwei beliebige ganze Zahlen in sind, nur daß nicht in liegt, und wenn ein beliebiges Primideal des Kreiskörpers bedeutet, so ist Normenrest oder Normennichtrest des durch bestimmten Kummerschen Körpers nach , je nachdem

oder

ausfällt.

Beweis. Es sei zunächst das Primideal von verschieden und gehe nicht in der Relativdiskriminante des Körpers auf. Ist eine ganze Zahl in derart, daß die -te Potenz einer Zahl in ist, so gilt stets ; danach und mit Rücksicht auf Satz 148 können wir hier annehmen, daß nicht durch teilbar ist. Wir unterscheiden zwei Fälle, je nachdem im Körper als Produkt von Primidealen , …, darstellbar wird oder in Primideal bleibt. Nach Satz 149 ist im ersteren Falle , im letzteren und .

Im ersteren Falle bestimmen wir eine ganze Zahl in , welche durch , aber nicht durch und auch nicht durch eines der Primideale , …, teilbar ist; dann geht in der Relativnorm das Primideal genau zur ersten Potenz auf. Ist nun die in enthaltene Potenz von , so läßt sich als ein Bruch schreiben, dessen Zähler und Nenner zu prim sind, und folglich sind Zähler und Nenner dieses Bruches nach Satz 150 Normenreste des Körpers nach . Das gleiche gilt also auch von . Da nach der Definition in § 131

ist, so erweist sich im ersteren Falle der Satz 151 als richtig.

Im zweiten Falle ist die Relativnorm einer ganzen Zahl in jedesmal genau durch eine solche Potenz von teilbar, deren Exponent ein Vielfaches von ist. Es sei wiederum die in enthaltene Potenz von ; ist dann kein Vielfaches von , so kann also nicht Nonnenrest nach sein; in diesem Falle wird andererseits . Ist dagegen ein Vielfaches von , und bedeutet eine ganze durch , aber nicht durch teilbare Zahl in , so setzen wir und erkennen wie im ersteren Falle als Normenrest nach ; andererseits ist jetzt

.

Damit ist der Satz 151 auch für den zweiten Fall bewiesen.

Wir nehmen jetzt an, es sei die Relativdiskriminante des Körpers durch das Primideal teilbar; soll dabei von verschieden sein. Es gehe in genau zur -ten und in genau zur -ten Potenz auf; dann ist jedenfalls kein Vielfaches von . Die Zahl läßt sich in die Gestalt eines Bruches setzen, dessen Zähler und dessen Nenner zu prim sind. Die Zahl ist eine nicht durch teilbare ganze Zahl; nach dem Beweise des Satzes 150 auf S. 261 ist eine solche ganze Zahl dann und nur dann Normenrest des Körpers nach , wenn sie -ter Potenzrest nach ist, d. i. hier, wenn und also ist; damit ist für den gegenwärtigen Fall wiederum der Satz 151 als richtig erkannt.

Es sei endlich . Wir fassen lediglich den Fall ins Auge, daß nach ist: es ist dies der einzige Fall, für den wir die betreffenden Sätze späterhin brauchen werden; die anderen Fälle gestatten übrigens eine ähnliche Behandlung. Beim Beweise machen wir noch die nicht wesentlich einschränkende Annahme nach . Wegen der Annahme nach kann man laut Satz 150 genau Normenreste des Körpers nach bilden, welche kongruent nach ausfallen und untereinander nach inkongruent sind. Andererseits muß ein jeder Normenrest von nach , für den man nach hat, laut Hilfssatz 26 die Bedingung erfüllen. Wegen

 

ergibt sich nach (82)

. (98)

Es sei nun erstens irgendeine ganze Zahl in mit der Kongruenzeigenschaft nach , und es werde gesetzt, wo eine Zahl aus der Reihe , , , …, bedeuten soll; dann ist offenbar ; dagegen fällt jedesmal aus, wenn eine von verschiedene Zahl aus der Reihe , , , …, bedeutet. Wählen wir ferner eine ganze Zahl in , welche ebenfalls kongruent nach , aber keiner der Zahlen , , , …, nach kongruent ist, so sind auch die Zahlen , , , …, nach sämtlich untereinander inkongruent und zugleich keiner der ersteren Zahlen kongruent; unter den letzteren Zahlen gibt es wegen (98) offenbar eine und nur eine Zahl – es sei dies etwa – von der Art, daß ist. Fahren wir in dieser Weise fort, so erkennen wir, daß die Anzahl der vorhandenen nach inkongruenten Zahlen , die kongruent nach sind und der Bedingung genügen, genau gleich ist, und aus der Übereinstimmung dieser Anzahl mit der oben gefundenen für die Normemeste ist ersichtlich, daß umgekehrt auch jede Zahl mit diesen zwei Eigenschaften Normenrest des Körpers nach ist.

Durch die bisherigen Überlegungen ist der Satz 151 in allen Teilen bewiesen; für den Fall allerdings nur soweit, als für die Zahlen die Kongruenzeigenschaften nach und nach erfüllt sind. Die betreffende Einschränkung ist offenbar leicht aufzuheben.

Aus dem Satze 151 folgt, bei Benutzung der ersten Formel in (80) und (83), die Formel

,

wo ein beliebiges Primideal in bedeutet und ein Normenrest des Körpers nach sein soll.

Um nun das Symbol auch für den Fall zu definieren, daß eine der beiden Zahlen oder beide durch teilbar sind, braucht man nur die allgemeine Gültigkeit der Formeln

, 

festzusetzen, wobei ein beliebiger Normenrest des Körpers nach bedeuten soll. Bei dieser Festsetzung folgt dann insbesondere

.

Wir können überhaupt die Definition des Symbols auf die Formeln

, ,

, 

gründen, wo eine zu prime ganze Zahl in ein Normenrest des Körpers nach und beliebige ganze Zahlen in sein sollen (vgl. § 166). Ich habe jedoch gegenwärtig die obige Definition (82) gewählt, welche unmittelbar an die Entwicklungen von Kummer anknüpft.

Schließlich sei hier bemerkt, daß nunmehr das zu Anfang des § 131 gesteckte Ziel erreicht ist; wenn nämlich eine beliebige Potenz eines Primideals bedeutet, wobei im Falle der Exponent sei, so kann offenbar ein vollständiges System zu primer und nach inkongruenter Zahlen in mit Rücksicht auf die Werte, die das Symbol annimmt, in Abteilungen von gleich vielen Zahlen gesondert werden, von denen die eine Abteilung die sämtlichen im System befindlichen Normenreste des Kummerschen Körpers nach darstellt.

  1. [359] Über die Ergänzungssätze zu den allgemeinen Reziprozitätsgesetzen. J. Math. 44 (1851).[WS 1]
  2. a b c [360] Über die allgemeinen Reziprozitätsgesetze unter den Resten und Nichtresten der Potenzen, deren Grad eine Primzahl ist. Abh. K. Akad. Wiss. Berlin 1859.[WS 2]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Kummer, Ernst Eduard: Über die Ergänzungssätze zu den allgemeinen Reciprocitätsgesetzen, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 44 (1851), S. 93–146 GDZ Göttingen
  2. Kummer, Ernst Eduard: Über die allgemeinen Reciprozitätsgesetze unter den Resten und Nichtresten der Potenzen, deren Grad eine Primzahl ist, in: Abhandlungen der Königlichen Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Mathematische Abhandlungen, 1859, S. 19–159 Internet Archive; Auszug in: Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1858 S. 158–171 Berlin-Brandenburgische Akademie
  3. a b Vorlage:
  4. Kummer, Ernst Eduard: Über die allgemeinen Reciprozitätsgesetze unter den Resten und Nichtresten der Potenzen, deren Grad eine Primzahl ist, in: Abhandlungen der Königlichen Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Mathematische Abhandlungen, 1859, S. 19–159 Internet Archive; Auszug in: Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1858 S. 158–171 Berlin-Brandenburgische Akademie
  5. Kummer, Ernst Eduard: Über die allgemeinen Reciprozitätsgesetze unter den Resten und Nichtresten der Potenzen, deren Grad eine Primzahl ist, in: Abhandlungen der Königlichen Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Mathematische Abhandlungen, 1859, S. 19–159 Internet Archive; Auszug in: Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1858 S. 158–171 Berlin-Brandenburgische Akademie
7.28 Die Zerlegung der Zahlen des Kreiskörpers im Kummerschen Körper. Nach oben 7.30 Das Vorhandensein unendlich vieler Primideale mit vorgeschriebenen Potenzcharakteren im Kummersehen Körper.
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