David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie/Kapitel 7.13

7.12 Die Beziehung der arithmetischen zu algebraischen Eigenschaften des Galoisschen Körpers. David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie (1932) von David Hilbert
7.13 Die Zusammensetzung der Zahlkörper.
7.14 Die Primideale ersten Grades und der Klassenbegriff.
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13. Die Zusammensetzung der Zahlkörper.
§ 51. Der aus einem Körper und dessen konjugierten Körpern zusammengesetzte Galoissche Körper.

Satz 85. Wird aus den beiden Körpern und ein Körper zusammengesetzt, so enthält die Diskriminante des zusammengesetzten Körpers alle und nur diejenigen rationalen Primzahlen als Faktoren, welche in der Diskriminante von oder in derjenigen von oder in beiden aufgehen.

Der erste Teil dieses Satzes folgt unmittelbar aus Satz 39; der zweite Teil ergibt sich mit Hilfe von Satz 41 wie folgt:

Seien , …, bez. , …, eine Basis von bez. , dann läßt sich in der Form

mit ganzen rationalen , …, , darstellen. Sind ferner , …, die bezüglich relativkonjugierten Zahlen zu so sind die Zahlen

gewisse konjugierte zu , und hieraus folgt, daß die Elemente

von in gewissen Elementen von aufgehen. Nach der Definition der Relativdifferente und Satz 38 folgt hieraus die Behauptung.

Eine unmittelbare Folge des Satzes 85 ist die weitere Tatsache:

Satz 86. Wenn man aus dem Körper vom -ten Grade und den sämtlichen zu ihm konjugierten Körpern einen Galoisschen Körper zusammensetzt, so enthält die Diskriminante dieses Körpers alle und nur diejenigen rationalen Primzahlen, welche in der Diskriminante des Körpers aufgehen.


§ 52. Die Zusammensetzung zweier Körper, deren Diskriminanten zueinander prim sind.


Ein besonderes Interesse beansprucht der Fall, daß die Diskriminanten der zusammensetzenden Körper zueinander prim sind. Der wichtigste und fruchtbarste Satz über diesen Fall ist der folgende:

Satz 87. Zwei Körper und bezüglich von den Graden und , deren Diskriminanten zueinander prim sind, ergeben durch Zusammensetzung stets einen Körper vom Grade .

Beweis. Der aus und den sämtlichen zu konjugierten Körpern zusammengesetzte Galoissche Körper werde mit bezeichnet; die Diskriminante von ist nach Satz 86 prim zu der Diskriminante von . Es sei eine den Körper bestimmende Zahl; dieselbe genügt einer irreduziblen Gleichung -ten Grades mit ganzen rationalen Koeffizienten.

Wäre nun der aus und zusammengesetzte Körper von niederem als dem -ten Grade, so müßte diese Gleichung im Rationalitätsbereich reduzibel werden, d. h. die Zahl würde dann einer Gleichung von der Gestalt

genügen, deren Grad ist und deren Koeffizienten Zahlen in sind. Der aus diesen Koeffizienten zusammengesetzte Zahlkörper werde genannt. Da sich durch die Wurzeln der obigen Gleichung rational ausdrücken lassen, so ist ein Unterkörper von , und da auch zugleich ein Unterkörper von ist, so müßte die Diskriminante von nach Satz 39 sowohl in der Diskriminante von als auch in derjenigen von als Faktor enthalten sein; hieraus würde für die Diskriminante dieses Körpers der Wert 1 folgen, und dieser Umstand widerspricht dem Satze 44.

Wir heben noch folgende Tatsachen hervor, deren Richtigkeit nunmehr leicht erkannt wird:

Satz 88. Wenn , , zwei Körper bezüglich von den Graden , und mit den zueinander primen Diskriminanten sind, so ist die Diskriminante des zusammengesetzten Körpers gleich . Die Zahlen einer Basis des Körpers erhält man, wenn man jede der Basiszahlen des Körpers mit jeder der Basiszahlen des Körpers multipliziert. Ist eine rationale Primzahl, welche in die Zerlegung und in die Zerlegung erfährt, wo , …, und , …‚ voneinander verschiedene Primideale bez. in den Körpern und bedeuten, so gilt in die Zerlegung , wo das Produkt über , …, und , …, zu erstrecken ist und dasjenige Ideal in bedeutet, welches als der größte gemeinsame Teiler der beiden Ideale und definiert ist. Die Ideale sind nicht notwendig Primideale in .

Werden zwei Körper , mit beliebigen Diskriminanten zugrunde gelegt, so ist die Beantwortung der entsprechenden Fragen nur unter beschränkenden Annahmen über die Natur der zu zerlegenden Primzahlen einfach [Hensel (3[1])].

Die bisher in Kapitel 10—13 dargelegten Resultate scheinen mir die wichtigsten Grundzüge einer Theorie der Ideale und Diskriminanten des Galoisschen Körpers zu enthalten. Die befolgten Methoden gestatten noch nach mannigfachen Richtungen eine allgemeinere Ausführung; insbesondere gilt eine Reihe der in §§ 39—44 bewiesenen Sätze ohne wesentliche Änderung für relativ Galoissche Körper [Dedekind (8[2])].


  1. [358] Über Gattungen, welche durch Komposition aus zwei anderen Gattungen entstehen. J. Math. 105 (1889).[WS 1]
  2. [356] Zur Theorie der Ideale. Nachr. K. Ges. Wiss. Göttingen 1894.[WS 2]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Hensel, Kurt: Ueber Gattungen, welche durch Composititon aus zwei anderen Gattungen entstehen, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 101 (1887), S. 329–344 GDZ Göttingen
  2. Dedekind, Richard: Zur Theorie der Ideale, in: Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen – Mathematisch-Physikalische Klasse, 1894, S. 272–277 GDZ Göttingen


7.12 Die Beziehung der arithmetischen zu algebraischen Eigenschaften des Galoisschen Körpers. Nach oben 7.14 Die Primideale ersten Grades und der Klassenbegriff.
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