Das wunderthätige Marienbild zu Fürstenau
Die Kirche des eine Stunde von Lauenstein entfernten Dorfes Fürstenau, eines der höchstgelegensten Punkte des Meißner Hochlandes (2300 F. üb. d. Meere), ist die älteste der ganzen Umgegend und besitzt ein am Altar befindliches Marienbild mit reicher Vergoldung und leidlicher Bildhauerarbeit. Dasselbe stellt den Besuch der Maria bei ihrer Schwester Elisabeth vor, und in katholischer Zeit zog es wegen seiner angeblichen an Kranken verübten Wunderheilungen viele Wallfahrer dorthin. Eines Tages wurde dieses Bild (um 1419–36) von frechen Dieben entwendet, allein kaum waren sie in dem naheliegenden Walde angelangt, so hatten sie den Weg verloren und sahen sich genöthigt, das Bild einstweilen unter einem Strauche zu verstecken und den verlorenen Pfad wieder aufzusuchen. Kaum hatten sie aber das Bild niedergelegt, als sie sich auch wieder zurecht fanden, allein dasselbe [213] war entschwunden, fand sich aber Tags darauf an seinem früheren Platze in der Kirche wieder. Einer der Diebe entdeckte diese wunderbare Geschichte seinem Beichtvater auf dem Sterbebette. Später versuchten andere Diebe dieselbe Unternehmung noch einmal, als sie aber schon eine Strecke weit entfernt waren, wurden sie plötzlich in der Umgegend von Teplitz von unbekannten Männern angefallen, das Bild ihnen wieder von denselben entrissen und an den Prior des Klosters Mariaschein abgeliefert. Letzterer wollte jedoch dasselbe seiner Schönheit und reichen Vergoldung halber für sich behalten und es der Fürstenauer Kirche nicht zurückgeben, und siehe, eines schönen Tages war es wieder verschwunden und an seinen alten Platz zurückgekehrt. Als nun auf Befehl des Priors diese Begebenheit in allen Kirchen der Umgegend bekannt gemacht worden war, hat seitdem Niemand mehr einen Entwendungsversuch gemacht. Uebrigens findet noch jetzt jedes Jahr am Sonntag nach Mariä Heimsuchung eine Wallfahrt der Katholiken aus dem benachbarten Böhmen nach diesem Marienbilde statt.