Das verwunschene Schloß
[62] Das verwunschene Schloß.
Inmitten einer lieblichen Au,
Die sonniges Licht übergoß,
Erhob sich einst ein stattlicher Bau,
Ein schönes, strahlendes Schloß.
War des Königs „Gedanke“ Land,
Und Seraphschwingen waren darob
Unsichtbar ausgespannt.
Goldgelbe Banner aus Damast,
Wallten schimmernd herab vom Palast
Wie eine goldne Flut.
Und jeder schmeichlerische Zephyr,
Der mit den Blüthen dort
Als Wohlgeruch wieder fort.
[63] Die Wandrer blickten in jenem Thal
Durch Fenster aus leuchtendem Glas
In einen hohen blendenden Saal,
Sein Thron mit purpurnem Baldachin
War ganz aus Edelgestein
Und Genienschaaren umschwebten ihn
Zu lieblichen Melodei’n.
War des Palastes Portal,
Durch dieses flatterte früh und spät
Ein Echoschwarm ohne Zahl
Vor den König hin, indem es ihm,
Einen Chorus sang wie Seraphim,
So süß und träumerisch leis.
Doch wüstes Volk in der Sorge Gewand
Nahm Thron und Reich in Beschlag.
Der Tag, weh, nimmer ein Tag!
Und alles, alles, was dort umher
Gepranget an Herrlichkeit,
Ist jetzund eine traumhafte Mär’
[64] Jetzt zeigen sich des Wanderers Blick
Gestalten knöchern und starr
Und schwingen sich zu toller Musik
In Reigen wild und bizarr.
Sich in die ewige Nacht
Zur Thür hinausstürzt Phantom um Phantom
Und nimmermehr lächelt – doch lacht.