Textdaten
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Autor: Johann Georg Theodor Grässe
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Titel: Das Mönchskalb zu Freiberg
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aus: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. S. 257–258
Herausgeber:
Auflage: Zweite verbesserte und vermehrte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Schönfeld
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Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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[257]
279) Das Mönchskalb zu Freiberg.
Moller Bd. II. S. 179. cf. Bd. I. S. 213.

Den 29. Juni 1523 ist zu Freiberg im öffentlichen Kuttelhofe in einer geschlachteten Kuh, so einem Bauer zu Klein-Waltersdorf zugehörte, das sogenannte Mönchskalb gefunden worden. Dieses Kalb hat einen runden ungestalteten Kopf gehabt und oben darauf eine Platte wie ein Pfaffe, sammt zwei großen Warzen wie kleine Hörner: mit dem Untermaule ist es einem Menschen, mit dem obern und der Nase einem Kalbe gleich, sonst aber ganz glatt am Leibe gewesen, es hat die Zunge lang aus dem Munde herausgestreckt; die Haut am Halse und Rücken herunter hat wie eine gewundene Mönchskutte ausgesehen, an den Seiten aber vorn und an den Beinen ist es voller Ritze und Schnitte gewesen, als wenn die Kutte zerhauen oder zerschnitten wäre. Solches Ungeheuer ist von Dr. M. Luther in seinen Schriften (Bd. IX. d. Witt. A. f. 187), wo es auch abgebildet wird, neben der Beschreibung des Papstesels[1], den man 1496 zu [258] Rom gefangen, gedeutet worden, Melanchthon aber (Epist. ad Camerarium p. 22) meinte, daß durch dieses Kalb die Verderbniß der lutherischen Lehre in fleischliche und verderbliche Meinungen, wie sie zu selbiger Zeit im Schwunge gewesen, angezeigt worden, inmaßen auch bald hierauf ein Schwein zu Halle in den Osterfeiertagen ein Ferklein geworfen, welches einem Pfaffen in Gestalt des damaligen Habits ganz ähnlich gesehen. Es hat aber gedachtes Mönchskalb die Autorität der Geistlichen, so dem Papste zugethan gewesen, sehr verringert, also daß auch die Bergleute ein besonderes schimpfliches Lied davon gedichtet und dasselbe den Mönchen und Pfaffen zu Spott und Hohn lange Zeit allhier gesungen mit Bezug darauf, daß der Fleischer mit Vorbedacht und Willen das Fleisch von der Kuh, in welcher man das besagte Mönchskalb gefunden, Niemandem als den Canonicis, Mönchen und andern Geistlichen gelassen und solche dasselbe unbewußt verzehrt haben.


  1. S. Deuttung der zwo grevlichen Figuren Bapstesels zu Rom und Munchkalbs zu Freyberg jn Meyssen funden (durch Dr. M. Lutherum). [258] Wittenb. 1523. 4. Der Papstesel, ein Monstrum mit einem Eselskopfe, mit einem weiblichen, mit Schuppen bedeckten Leibe, mit Ochsenfuß und Vogelklauen, statt der rechten Hand einen Eselsfuß, mit der Unterschrift: Monstrum Romae inventum mortuum in Tiberi Anno 1496, bildet auch Bl. 1. des Cranach’schen Holzschnittwerkes: das Papstthum von 1545 (beschr. im Allg. Lit. Anz. Bd. IV. S. 94 sq. Serapeum 1841 S. 33. sq. Chr. Schuchardt, L. Cranach und seine Werke. Leipzig 1851. Bd. II. S. 248. sq.) Der Papstesel, das Mönchskalb und der Säupfaffe sind abgebildet bei Lycosthenes, Wunderwerk S. CCCCLX. u. CCCCLXXIII. S. a. Seidemann, Beitr. z. Reform.-Gesch. Bd. I. p. 200. sq.