Das Leichenhemd Friedrich’s des Großen
[592] Das Leichenhemd Friedrich’s des Großen. Es ist hinlänglich bekannt, daß Friedrich der Große ein vorzüglicher Haushalter gewesen und, die Kriegsjahre ausgenommen, immer Ueberschüsse nicht nur in der Hauptstaatskasse, sondern auch in der Hofstaatskasse zu vergeben hatte.
Sein Hofstaat war klein und nicht prächtig, seine Tafel mäßig. Nach seinem Tode machte der Geheime Staats- und Kabinetsminister Graf von Herzberg in seinen Dissertations académiques bekannt, daß der große König allein in den Jahren 1763 bis 1786 an die Provinzen seines Reiches 24399838 Thaler schenkungsweise vertheilt habe, besonders an die vom siebenjährigen Kriege heimgesuchten Provinzen. In seinem Testamente macht er die Bemerkung, daß er die Legate von seinen Ersparnissen und nicht aus seinem Schatze nehme, denn „mein Schatz gehört nicht mir, sondern dem Staat“. Und so sagte Friedrich mit Recht: „Der Staat ist reich, ich aber bin arm.“ Obgleich er den von Friedrich I. 1706 eingeführten Grand-Maitre de Garderobe beibehielt, kleidete er sich, wie bekannt, außerordentlich einfach, ging in einem alten, abgetragenen und geflickten Kleide, mit kahlem, abgeschabtem Hute, und ein scharf beobachtendes Auge konnte öfter in seinen Beinkleidern ein Loch entdecken. Auch störte es den großen König nicht, wenn Hemd und Taschentuch zerrissen waren. Ein Jude zahlte nach Friedrich’s Tod für seine sämmtliche nachgelassene Kleidung und Wäsche 400 Thaler, die unter seine Kammerbedienten vertheilt wurden.
Als Friedrich II. das Zeitliche gesegnet hatte, fand man unter seiner Leibwäsche kein ganzes Hemd, das man seinem Leichnam hätte anziehen können, und da man sich nicht Zeit nehmen konnte, ein neues machen zu lassen, gab der Geheime Kriegsrath Schöning eines von seinen noch nicht gebrauchten Hemden her, die ihm seine Braut geschenkt hatte, und in diesem ist der Leichnam begraben worden. Es ist uns dies von einem Zeitgenossen Friedrich’s, von dem königl. preuß. Oberkonsistorialrath Dr. Büsching, überliefert worden. Derselbe versichert außerdem, daß er diesen ihm glaubwürdig erzählten Umstand für wahr befunden, als er ihn „sofort untersuchte“. Z.