Das Kriegslager bei Fischbach im Jahre 1813

Textdaten
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Autor: Friedrich Bernhard Störzner
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Titel: Das Kriegslager bei Fischbach im Jahre 1813
Untertitel:
aus: Was die Heimat erzählt. Sagen, geschichtliche Bilder und denkwürdige Begebenheiten aus Sachsen, S. 74–75
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1904
Verlag: Arwed Strauch
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: SLUB Dresden und Commons
Kurzbeschreibung:
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32. Das Kriegslager bei Fischbach im Jahre 1813.
Eine geschichtlich denkwürdige Stätte bilden die nördlich an das Dorf Fischbach grenzenden Grundstücke. Da Fischbach hart an der Bautzener Landstraße, einer alten Heerstraße liegt, hat es in Kriegszeiten viel dulden und leiden müssen. Das für Sachsen verhängnisvolle Kriegsjahr 1813 war für Fischbach besonders wegen der nahen Heerstraße sehr unheilbringend. Die Not erreichte für den Ort in den Monaten August, September und Oktober des genannten Jahres den höchsten Grad. Genug schon hatte das Dorf in den vergangenen Monaten desselben Jahres leiden müssen. Bei den vielen Durchmärschen von Militär aller Gattungen war Fischbach vollständig ausgeplündert worden. Doch am größten wurde die Kriegsnot erst Ende Juli des Jahres 1813. Über 13 000 Mann Franzosen hielten eines Tages ihren Einzug und errichteten auf den Feldern nördlich vom Dorfe ein festes Lager. Die ausgehungerten Truppen zehrten fast plötzlich den noch gebliebenen Rest aller Nahrungsmittel in Fischbach für Mensch und Tier auf und schleppten dann, nachdem in dem Dorfe Fischbach nichts mehr zu haben war, aus der Umgegend zusammen, was nur zu erreichen war. Da die französischen Soldaten auch die nächstliegenden Dörfer Seeligstadt, Arnsdorf, Wilschdorf und Rennersdorf ausgeraubt hatten, zogen sie ihre Kreise immer weiter und brachten selbst aus der Gegend von Kamenz und Königsbrück Lebensmittel herzugeschleppt.

Zum Bau von Baracken und zur Unterhaltung der unzähligen Nachtfeuer rissen die Franzosen Zäune, Schuppen und Scheunen ein, warfen das Dachwerk von den Häusern und schafften alles in’s Lager. Im Oberdorfe zu Fischbach, von der Schule bis hinaus an die Bautzener Straße, war weder eine Scheune noch ein Schuppen zu finden. An den Wohnhäusern fehlten [75] Türen und Fenster, sowie die Dächer. Nur in einem einzigen Hause des Oberdorfes war noch ein Fenster vorhanden. Dieses Haus wurde von zwei Generälen bewohnt. Sämtliche Einwohner dieses Dorfteiles waren geflohen. Einige derselben hielten sich im Niederdorfe auf, die meisten aber draußen im Walde in der Nähe der Torfstiche des Karswaldes und in der Masseney. Hier lagen sie bei Tag und Nacht, bei Regen und Kälte, halb verhungert und teilweise krank. Es wütete zu dieser Zeit unter den Leuten das bösartigste Nervenfieber und raffte in Fischbach allein gegen 100 Personen, also den dritten Teil der damaligen Einwohnerschaft, hinweg. Die am Nervenfieber Erkrankten brachte man „allesamt“ auf dem Hausboden des Pfarrhauses, wo sie wenigstens notdürftigen Schutz gegen Kälte und Nässe hatten, unter.

Mit großer Sehnsucht erwartete man den Aufbruch der Franzosen. Die Geduld der armen Ortsbewohner sollte aber auf eine lange und harte Probe gestellt werden. Erst nach vollen elf Wochen wurde das französische Lager aufgehoben, weil es dann die Franzosen für geraten hielten, den von Harthau und Schmiedefeld her anrückenden Russen, von denen sie durch Kanonenschüsse beunruhigt wurden, aus dem Wege zu gehen. Die Franzosen zogen in der Richtung nach Dresden zu ab. Ihr verlassenes Kriegslager bezogen nun aber die Russen, doch blieben diese nicht lange in Fischbach liegen.

Die Russen zeigten sich während ihrer Anwesenheit auch menschenfreundlicher als die Franzosen und meinten es besonders mit den Kindern gut. Deshalb gingen auch beherzte Knaben fleißig zu ihnen in’s Lager hinaus und brachten den Russen Trinkwasser, woran es diesen sehr mangelte. Dafür erhielten die Kinder regelmäßig ein Stückchen Brot oder Fleisch, was diesen natürlich vortrefflich mundete. Endlich zogen auch die Russen ab, und die in die Wälder der Umgegend geflohenen Dorfbewohner kehrten allmählich zurück. Da galt es nun zunächst, die halbverwüsteten Wohnhäuser wieder in wohnlichen Zustand zu bringen. Jahrzehnte hat es gedauert, ehe der Ort sich erholt hatte. Im ganzen Dorfe war nicht ein Stück Melk- oder Zugvieh zu finden. Zum Ankauf fehlte auch das nötige Geld. Es waren traurige Zeiten!

Da, wo einst das Kriegslager der Franzosen und Russen bei Fischbach aufgeschlagen war, hat man wiederholt beim Ackern und Graben Kugeln, Metallknöpfe, Hufeisen, Waffengegenstände u. dergl. m. aufgefunden. Meist hat man leider diese Fundgegenstände unachtsam beiseite geworfen. –