Das Grab der Marlitt
[408] Das Grab der Marlitt. Sieben Jahre sind es her, seit Eugenie John, dem deutschen Volke und vorab den Lesern der „Gartenlaube“ unter dem Namen „E. Marlitt“ in unvergeßlichem Angedenken, auf dem Friedhofe von Arnstadt an der Seite ihres Vaters die letzte Ruhestätte gefunden hat. Schlicht und einfach ist das Grab, ganz so anspruchslos, wie seine stille Bewohnerin es im Leben gewesen; ein Eisengitter umgiebt es und auf einem weißen Marmorkreuz stehen kurz Namen, Geburts- und Todesjahr der Entschlafenen verzeichnet.
Durch eine seltsame Ungunst der Verhältnisse war diesem Plätzchen Jahre hindurch der freundliche Schmuck grünen Pflanzenwuchses versagt geblieben, denn es stößt hart an eine Mauer, von der die Strahlen der Mittagssonne so glühend zurückgeworfen werden, daß es nicht gelingen wollte, Gras, Epheu oder Immergrün aufzubringen. Auch die den Hügel umsäumenden selbstgezogenen Lieblingsrosen der Dahingeschiedenen sind trotz aller Nachpflanzungen bis auf zwei kleine Exemplare zu Grunde gegangen. Da griff der Bruder der Entschlafenen, dem wir diese Mitteilungen verdanken, infolge einer Anregung des Friedhofswärters zu dem Auskunftsmittel, eine Laube aus wildem Wein über dem Hügel zu errichten; sie gedieh, und unter ihrem Schutze werden, das steht zu hoffen, nun auch die lieblichen Kinder Floras wachsen und blühen können, damit dem Grab der Dichterin die Poesie des Blumenschmuckes nicht mehr fehle. So ist es gekommen, daß E. Marlitt, die im Leben ihre unvergleichliche Begabung ganz in den Dienst der „Gartenlaube“ gestellt hatte, nun unter einer „Gartenlaube“ den ewigen Schlaf schläft.