Textdaten
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Autor: Diverse
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Titel: Das Eisenwerk Wittigsthal
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aus: Album der Sächsischen Industrie Band 2, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 2, Seite 21–22
Herausgeber: Louis Oeser
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Das Eisenwerk Wittigsthal.


Am Fuße des steilen Stadtberges oder vorderen Fastenberges, welcher auf seiner Höhe die Stadt Johanngeorgenstadt trägt, dicht an der böhmischen Grenze und zwischen den Flüßchen Schwarzwasser und Breitenbach, liegt in weitem Thalkessel das Eisenwerk Wittigsthal, von Schwarzenberg drei und eine halbe Stunde, von Eibenstock drei Stunden und von Platten, dem nächsten böhmischen Städtchen, eine Stunde entfernt. Der Ort und seine nächste Umgebung zeigen fortwährend viel Leben und Regsamkeit.

Das Etablissement besteht aus fünfundzwanzig Haupt- und Nebengebäuden, und von diesen sind die vorzüglichsten

a) das Herrenhaus mit den nöthigen Wirthschaftsgebäuden, die zusammen einen geschlossenen Hof bilden;
b) eine große mit Blech gedeckte Frischhütte mit drei französischen Frischfeuern;
c) der Hohofen mit Cylindergebläse und mit Gicht-, Poch- und Putzhaus;
d) das Blechwalzwerk mit zwei Walzenstraßen;
e) das Kohlhaus;
f) die Hufschmiede;
g) die Bierbrauerei mit den nöthigen Kellern;
h) die Bretmühle;
i) das Gasthaus mit Scheune und Stallung und
k) drei Pachtgüter mit den nöthigen Wirthschaftsgebäuden.

Hierzu gehören noch circa vierhundert Scheffel Areal, in Garten, Wiesen, Feldern und Waldung, welche theils auf sächsischer, theils auf böhmischer Seite liegen.

Die hier vertretenen Branchen sind die Reif-, Stab-, Zaineisen- und Blechfabrication, der Bretmühlen-, Bierbrauerei- und Oeconomie-Betrieb.

[22] Der Absatz der Erzeugnisse dieses Etablissements erstreckt sich vorzugsweise auf das Inland.

Die Gebläse, Pochwerke, Hämmer, Walzwerke, die Dreherei und die Schneidemühle werden sämmtlich durch Wasserkraft betrieben.

Das hier fortwährend beschäftigte Personal besteht aus einem Comptoiristen und einhundert vier und zwanzig Mann Berg-, Hütten- und Waldarbeitern, Handwerkern und Tagelöhnern.

Besitzer dieses Etablissements ist Herr Carl Gotthilf Nestler.

Das Eisenwerk Wittigsthal wurde um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts in dem damals unter dem Namen Ziegenschaft bekannten Thale von dem reichen Hammerherrn Caspar Wittig gegründet und nach ihm benannt; derselbe besaß zugleich seit 1643 das böhmische Hammerwerk Breitenbach, welches längst eingegangen ist. Jedenfalls existirte Wittigsthal schon eine Reihe Jahre vor der Gründung Johanngeorgenstadts, welche bekanntlich am 10. Mai 1654 Statt fand, und dessen Einwohner ehe sie selbst eine Kirche besaßen, bis 1657, sich in einer Stube des Hammerherrn Wittig zum Gottesdienst versammelten. Herr Wittig war da anfangs wohl nicht ohne Bedenklichkeiten und mochte manche Sorge haben, da er als reich an Grundbesitz in Böhmen gegen dieses Land Rücksichten zu beobachten hatte und sich von Wien aus überwacht wußte; doch scheint dieses Verhältniß von weiter keinen nachtheiligen Folgen für ihn gewesen zu sein, indem er 1671 von dem Kaiser die Befugniß erhielt, das für sein böhmisches Hammerwerk nöthige Holz nur mit dem Waldzins (zwölf Kreuzer der Schragen) zu bezahlen, auch 2520 Strich Getraide und 125 Centner Zinn zollfrei aus Böhmen nach Sachsen zu bringen. Für Wittigsthal erhielt der Gründer 1654 von dem Kurfürst Johann Georg die Concession eines Hohofens, des Mahlens, des Brauens u.s.w. Um diese Zeit erschürfte Wittig bei Anlegung eines Kellers einen schönen Zinngang und es wurde dieses die Veranlassung zur Errichtung der Schmelzhütte am Jugler Bach, welche aber 1673 wieder eingezogen ward.

Manche Unglücksfälle trafen das Werk in erster Zeit, 1661 that die Fluth ungeheuren Schaden, indem das Wasser auf zwölf Ellen Höhe anschwoll und viele Gebäude fortriß; 1718 und dann wieder 1722 brannten die mehrsten Gebäude ab, auch 1804 wurden wieder vier Gebäude in Asche gelegt.

Nachdem die Besitzer dieses Werks oft gewechselt hatten, der Betrieb aber im Allgemeinen beim Alten geblieben war, erkaufte es im Jahre 1824 Herr Carl Gotthilf Nestler und vergrößerte es alsbald durch Einrichtung der Blechfabrication und der Blechverzinnung, und ihm gebührt die Ehre, die Walzeisenblechfabrication zuerst in Sachsen eingeführt zu haben. Dieses Unternehmen erregte die Aufmerksamkeit der hohen Staatsregierung und in Anerkennung seines Strebens ertheilte sie Herrn Nestlern bereits im Jahre 1826 eine Prämie von tausend Thalern.

Im Jahre 1834 beschickte Herr Nestler die Industrieausstellung in Dresden und erhielt eine öffentliche Belobung „wegen Vervollkommnung der zuerst von ihm in Sachsen eingeführten Walzeisenblechfabrikation.“

In den Jahren 1834 bis 1836 erkaufte Herr Nestler in Gemeinschaft mit seinem Schwiegersohn Herrn Breitfeld die Eisenwerke Erla, Rittersgrün und Groß-Pöhla und es wurden die Geschäfte auf gemeinschaftliche Rechnung fortgeführt. Unter dieser neuen Firma beschickte dieses Etablissement die Industrieausstellung in Dresden im Jahre 1837, und erhielt die große silberne Preismedaille „wegen in Sachsen noch nicht gelieferter Größe gewalzter und verzinnter Eisenbleche.“

Im Jahre 1856 trennte sich in Folge freundschaftlichen Uebereinkommens Herr Nestler von Herrn Breitfeld und während Letzterer den Betrieb der übrigen Etablissements unter der alten Firma fortsetzte, nahm Ersterer die Firma C. G. Nestler an und widmete seine Thätigkeit ausschließlich wieder dem Eisenwerk Wittigsthal, welches bis heute ununterbrochen mit größter Regsamkeit betrieben wurde.