Das Ehrengeschenk der Stadt London an den deutschen Kaiser
[580] Das Ehrengeschenk der Stadt London an den deutschen Kaiser. Bei Gelegenheit des Besuchs des deutschen Kaisers in der Guildhall zu London am 10. Juli wurde ihm neben einer Adresse ein Geschenk von außerordentlicher Schönheit und hohem künstlerischen Werthe überreicht, dessen Abbildung wir unseren Lesern vorlegen. Es ist ein in gothischem Stile ausgeführtes Schmuckkästchen, dessen Deckel von einer Figur gekrönt wird, welche den Genius der Stadt London versinnbildlicht. Sie hält in der Rechten den Merkuriusstab, das Zeichen der Welthandelsstadt, und in der Linken einen Schild mit dem Stadtwappen in den entsprechenden Farben.
Die Seiten des Deckels weisen außer dem Stadtwappen
Ansichten hervorragender Gebäude der Stadt auf; das alles
ist in zarten Farben fein emailliert. Auf dem Rande des
Deckels stehen sechs kaiserliche Adler.
Die Felder auf der vorderen Langseite
des Kästchens selbst enthalten in getriebener
Arbeit sinnbildliche Figuren
in Gold auf blau emailliertem Hintergrunde:
eine schwerttragende Engelsgestalt,
zu deren Füßen der überwundene
Drache liegt und deren Linke einen
Kranz hochhält; gegenüber die „Gerechtigkeit“,
welche die kaiserliche Krone
über ihr Haupt emporhebt, während zu
ihren Füßen Schwert und Wage zu sehen
sind und ihre Linke an einem Füllhorn
ruht. Zwischen diesen beiden Feldern
erblicken wir das kaiserliche Wappen,
dessen Krone mit echten Diamanten
besetzt ist. Die Felder an der
Schmalseite stellen zwei Ereignisse
aus der Geschichte dar, welche auf
die nahe Verwandtschaft Englands
und Deutschlands hinweisen: die
Hochzeit der Königin Viktoria mit
Prinz Albert und die des verstorbenen
Kaisers Friedrich mit der Prinzeß
Viktoria. Auf der Rückseite befinden sich
im Mittelfelde die Widmung, auf
den beiden Seitenfeldern die Versinnbildlichungen
des Handels und der Wohlfahrt. –
Das Band unter diesen Feldern enthält Namen und Wappen
der zum Deutschen Reiche gehörenden Staaten. Unter den Füßen, auf
denen der Kasten ruht, blickt zu jeder Seite der Londoner Greif hervor,
die Augen sprühen Blitze, denn es sind Diamanten, deren sich diese Wesen
als Sehorgan bedienen. Das Ganze steht auf einem eichenen mit
blauem Sammet überzogenen Untersatze; ein silbervergoldetes Inschriftband
umzieht ihn, das prächtig aus seinem Untergrunde hervorleuchtet.
So ist dieses Werk nicht nur von hohem künstlerischen Werthe durch
Erfindung und Zeichnung, auch die Farbenvertheilung läßt den bedeutsamen
Künstler erkennen. Eine reiche Pracht entfaltet sich in dem Gold,
dem Silber, dem Email, den Edelsteinen, und doch ist nirgends
Ueberladung zu finden, überall ist ein schönes Maß gewahrt. Die Kassette macht
den Erfindern und Verfertigern, Mappin Brothers, alle Ehre. A. S.