Textdaten
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Autor: Christian Fürchtegott Gellert
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Titel: Damokles
Untertitel:
aus: Sämmtliche Schriften. 1. Theil: Fabeln und Erzählungen, Erstes Buch. S. 84-85
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1769
Verlag: M. G. Weidmanns Erben und Reich und Caspar Fritsch
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Erstdruck 1746/48
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S. 84-85


[84] Damokles.

Glaubt nicht, daß bey dem größten Glücke
Ein Wütrich jemals glücklich ist;
Er zittert in dem Augenblicke,
Da er der Hoheit Frucht genießt.

5
Bey aller Herrlichkeit stört ihn des Tod’s Schrecken,

Und läßt ihn nichts, als theures Elend, schmecken.

_________


Als den Tyrannen Dionys
Ein Schmeichler einstens glücklich pries,
Und aus dem Glanz der äußerlichen Ehre,

10
Aus reichem Ueberfluß an Volk und Gold erwies,

Daß sein Tyrann unendlich glücklich wäre;
Als dieß Damokles einst gethan,
Fieng Dionys zu diesem Schmeichler an:
So sehr mein Glück dich eingenommen,

15
So kennst du es doch unvollkommen;

Doch schmecktest du es selbst, wie würde dichs erfreun!
Willst du einmal an meiner Stelle seyn?
Von Herzen gern! fällt ihm Damokles ein.

Ein goldner Stuhl wird schnell für ihn herbeygebracht.

20
Er sitzt, und sieht auf beiden Seiten

Der Hohen größte Herrlichkeiten,
Die Stolz und Wollust ausgedacht.
[85] Von Purpur prangen alle Wände,
Gold schmückt die Tafel aus, im Golde perlt der Wein.

25
Ein Wink! so eilen zwanzig Hände,

Des hohen Winkes werth zu seyn.
Ein Wort! so fliegt die Menge schöner Knaben,
Und sucht den Ruhm, dieß Wort vollstreckt zu haben.

Von Wollust süß berauscht, von Herrlichkeit entzückt,

30
Schätzt sich Damokles für beglückt.

O Hoheit! ruft er aus, könnt ich dich ewig schmecken!
Doch ach! was nimmt er plötzlich wahr?
Ein scharfes Schwerdt an einem Pferdehaar,
Das an der Decke hängt, erfüllt sein Herz mit Schrecken;

35
Er sieht die drohende Gefahr

Nah über seinem Haupte schweben.
Der Glückliche fängt an zu beben;
Er sieht nicht mehr auf seines Zimmers Pracht,
Nicht auf den Wein, der aus dem Golde lacht;

40
Er langt nicht mehr nach den schmackhaften Speisen,

Er hört nicht mehr der Sänger sanfte Weisen.
Ach! fängt er zitternd an zu schreyn:
Laß mich, o Dionys, nicht länger glücklich seyn!