Dämmerstunde (Hajota)
Wie lieb’ ich, graue Stunde, dich!
Wenn, nahst du mir allabendlich
Und spinnst mit mattem Dämmerschein
In bunte Träume still mich ein,
Zu Rüste geht.
Von Last und Hitze, Leid und Lust
Ermattet, schöpft die Menschenbrust
Tief Atem nach dem lauten Tag
Als schweb’ es leis in holdem Traum
Zum Himmelsraum.
Wie lieb’ ich, graue Stunde, dich!
Wenn Licht im Schatten kaum erblich,
Errötend, wie ein Mägdelein
In Hymens Schleier, lieberfüllt,
In Nebel hüllt.
Wie lieb’ ich dich, du Grenzgebiet,
Der Sonne, wie des Mondes Glanz –
Die eine, Licht und Leben ganz,
Dem andern beides still verleiht
Im Silberkleid.
An Glanz und Glut und Farben reich,
In jedes Herz die Hoffnung sprüht –
Erst wenn verlöschend sie verglüht,
Der Mond küßt wie Erinnerung
Die Sonne blendet’s nur zu bald;
Der Mond nur düster, matt und kalt
Erhellt ihm die Vergangenheit,
Und zwingt den Blick im herbsten Leid
Im – Grabe ruht.
Für all’ die Täuschung, all’ die Qual
Der Seelenkämpfe sonder Zahl,
Für all’ die welken Röslein rot,
Gieb, Vater, du nur eins zum Lohn
Dem Erdensohn:
Gieb, daß sein Geist der – Ruhe pfleg’,
Zum Fluge nicht die Schwingen reg’,
Begeisterung – erlahmen soll,
Bis er, ob Not sich endlos dehn’,
Nichts mehr ersehn’.
Gieb, daß die liederreiche Brust,
Verstumme stolz, wie Waldesnacht,
Bis sie, vom Wiederhall erwacht,
Entschweb’ im – Dämmerstunden-Traum
Zum Himmelsraum!