Textdaten
Autor: Hajota
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Titel: Dämmerstunde
Untertitel:
aus: Polnische Dichtung in deutschem Gewande, S. 50–51
Herausgeber: Albert Weiß
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Otto Hendel
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Erscheinungsort: Halle a. d. S.
Übersetzer: Albert Weiß
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
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[50]
Dämmerstunde.

Wie lieb’ ich, graue Stunde, dich!
Wenn, nahst du mir allabendlich
     Und spinnst mit mattem Dämmerschein
     In bunte Träume still mich ein,

5
Der Tag, der morgen aufersteht,

          Zu Rüste geht.

Von Last und Hitze, Leid und Lust
Ermattet, schöpft die Menschenbrust
     Tief Atem nach dem lauten Tag

10
     Und stiller wird des Herzens Schlag,

Als schweb’ es leis in holdem Traum
          Zum Himmelsraum.

Wie lieb’ ich, graue Stunde, dich!
Wenn Licht im Schatten kaum erblich,

15
     Die Erde sich im Zwielichtschein,

     Errötend, wie ein Mägdelein
In Hymens Schleier, lieberfüllt,
          In Nebel hüllt.

Wie lieb’ ich dich, du Grenzgebiet,

20
Da Doppellicht das Auge sieht:

     Der Sonne, wie des Mondes Glanz –
     Die eine, Licht und Leben ganz,
Dem andern beides still verleiht
          Im Silberkleid.

25
Die Sonne nur, der Jugend gleich

An Glanz und Glut und Farben reich,
     In jedes Herz die Hoffnung sprüht –
     Erst wenn verlöschend sie verglüht,
Der Mond küßt wie Erinnerung

30
          Es wieder jung.
[51]

Die Sonne blendet’s nur zu bald;
Der Mond nur düster, matt und kalt
     Erhellt ihm die Vergangenheit,
     Und zwingt den Blick im herbsten Leid

35
Zu schauen, was trotz Thränenflut

          Im – Grabe ruht.

Für all’ die Täuschung, all’ die Qual
Der Seelenkämpfe sonder Zahl,
     Für all’ die welken Röslein rot,

40
     Die Seufzer um sein täglich Brot,

Gieb, Vater, du nur eins zum Lohn
          Dem Erdensohn:

Gieb, daß sein Geist der – Ruhe pfleg’,
Zum Fluge nicht die Schwingen reg’,

45
     Eh’ er ermattet, und doch voll

     Begeisterung – erlahmen soll,
Bis er, ob Not sich endlos dehn’,
          Nichts mehr ersehn’.

Gieb, daß die liederreiche Brust,

50
Eh’ – ausgesungen Leid und Lust,

     Verstumme stolz, wie Waldesnacht,
     Bis sie, vom Wiederhall erwacht,
Entschweb’ im – Dämmerstunden-Traum
          Zum Himmelsraum!