Cotta’scher Musenalmanach für das Jahr 1898

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Titel: Cotta’scher Musenalmanach für das Jahr 1898
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 49, S. 819
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1897
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[819] Cotta'scher Musenalmanach für das Jahr 1898. Wiederum ist ein neuer, und zwar der achte Jahrgang des „Cotta'schen Musenalmanachs erschienen, ein Urenkelkind jener Musenalmanache, die einst Schiller im Cotta’schen Verlage herausgab. In seiner gefälligen Ausstattung, geschmückt mit sechs trefflichen Kunstbeilagen, ist er als eine entschiedene Bereicherung unserer Geschenklitteratur zu betrachten.

Der Cotta'sche Musenalmanach versammelt die hervorragendsten deutschen Lyriker der Gegenwart, abgesehen von den jüngsten Secessionisten. Keineswegs aber fehlt der jugendliche Nachwuchs, nur sind es junge Dichter, die ihre eignen Wege wandeln und nicht zu einer Parteifahne schwören. Daß nicht in jedem Jahrgang alle neuen Dichter von uns vertreten sind, ist wohl selbstverständlich, aber wer in dem einen Jahrgang fehlt, erscheint in dem anderen wieder, so daß die Galerie, welche die gesammelten Jahrgänge der Musenalmanache bieten, doch eine vollständige ist. Wie seine Vorgänger beginnt auch der neue Musenalmanach mit Prosadichtungen, die natürlich knapp gehalten sein müssen und ein beschränktes Maß nicht überschreiten dürfen. „Scharka“ von Max Haushofer ist eine spannende Erzählung, die Lokalfarbe ihres Hintergrundes, der Stadt Prag und ihrer Umgebung, ist lebhaft und wohlgetroffen, auch die Liebhaber des Geheimnisvollen und Grellen kommen dabei auf ihre Rechnung. Die Erzählung von Ernst Muellenbach (Ernst Lenbach) „Eigenes Leben“ hat zum Helden den Enkel eines berühmten Mannes, auf welchem der Nimbus desselben schwer lastet, bis er sich durch den Verkauf der vielbesuchten Heimstätte davon befreit und ein eigenes Leben beginnt, welches auch bald durch das Glück der Liebe verschönt wird. Die Erzählung ist anmutend und schließt mit einer launigen, schalkhaften Wendung. „Ben Saccarias Wunderhorn“ von Julius R. Haarhaus ist ein sinniges Märchen. Auf die Erzählungen in Prosa folgen zwei dramatische Dichtungen: „Kain“ von Bulthaupt ist, für die Komposition bestimmt, nicht ohne einige grandiose Züge, die an Byron erinnern. „Im Frühling“ lautet der Titel einer dramatischen Scene des jungen talentvollen Dichters Ferdinand von Hornstein. Wir betreten jetzt die Halle, wo die erzählenden Dichter ihre Fresken zur Schau stellen. Da erblicken wir zunächst ein Marinegenrebild von Norbert Waldmüller „In der alt-alten Weide.“ Ein zu den Seinen beurlaubter Schiffsjunge wird von der Flut überrascht und rettet sich auf eine alte Weide, von wo ihn die Leute aus dem Heimatdorf noch rechtzeitig in Sicherheit bringen. Wir finden dann eine nordische Ballade von Felix Dahn, „Das Leben um die Liebe“, mit der im Titel ausgesprochenen Pointe, eine italienische Ballade genrehafter Art mit schalkhafter Wendung. „Römisches“ von Wilhelm Jensen, eine darwinistische Ballade von Max Haushofer „Mein Freund im Affenpelz.“ Wilhelm Jordan bietet in seiner gediegenen Dichtweise eine poetische Erinnerung aus seiner früheren Lebenszeit, deren Heldin die Müllerstochter „Laura“ ist. Albert Möser steuert ein stilvolles Gedicht „Kolumbus“ bei, Karl Landsteiner eine altdeutsche Legende, „Das Geheimnis der Ewigkeit“, welche an die Sage vom Epimenides erinnert. Sinnreich ist auch die poetische Erzählung „Leben und Sterben“ von Rudolf Krauß. „Der Thor“ von Karl Woermann ist in wohlklingenden anmutig verschlungenen Terzinen gedichtet. Andere wertvolle Beiträge rühren von Max Kalbeck, Heinrich Bierord, Albert Geiger, Karl Stelter, Karl Schönhardt, Edward Wechßler, Albert Matthaei und Irene von Schellander her. Einige dieser Dichter finden wir auch in der Abteilung wieder, welche die lyrischen und vermischten Gedichte enthält. Aus dem Nachlaß von J. G. Fischer werden fünf Gedichte mitgeteilt, welche den Liederreigen eröffnen, sie verleugnen durchaus nicht die gediegene Eigenart des Poeten. Gedankenschwer ist das Gedicht „Einspruch“ von Wilhelm Jordan, gegen den Pessimismus und Hochmut des neuesten Dichtergeschlechtes gerichtet, stimmungsvoll sind Hermann Linggs „Hochzeitsgesang auf dem See“ und die „Lieder von der Riviera“ von Ernst Ziel mit ihrem warmen bildlichen Kolorit, gedankenvolle Distichen bringt das Gedicht „Das Kleine“ von Georg Ebers; niedliches lyrisches Schnitzwerk bieten die Gedichte von Ernst Muellenbach „Kleine Geister“ und „Sommerspruch“. Auch unter den anderen Gedichten findet sich viel Anziehendes, wir erwähnen noch die volkstümlichen Gedichte von Carl Weitbrech, die sich dramatisch aufbauende Ballade „Krankenbesuch“ von Heinrich Bulthaupt, das in reimlosen Jamben gehaltene, humoristisch angehauchte Salonbild „Vergeltung“ von Ernst Eckstein die schlaghafte Parabel von Arthur Fitger „Holzknecht und Nixe“, den Hymnus auf Franz Schubert von Adolf Stern und die formschönen Sonette des Herausgebers Otto Braun, der den „Blumengarten“ dieser Musenalmanache als treuer kundiger Gärtner pflegt. Die Spruchdichtung vertreten Ludwig Fulda, Georg Scherer und Emil Claar. Mit hübschen Bildern haben L. Noster, R. Aßmus, O. Lingner, F. Boucher, H. v. Pausinger und H. Nestel den Musenalmanach geschmückt.†