Textdaten
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Autor: E. K.
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Titel: Christnacht der Bergleute
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aus: Die Gartenlaube, Heft 52, S. 890
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[890] Christnacht der Bergleute. Zu dem Schönsten, was das sagenreiche steirische Hochland uns erzählt, gehören unstreitig die Sagen des Knappenvolkes. Aus dem Eisenerzer Gebiet in der Nähe von Leoben stammt die hübsche Mär von jenem liederlichen Knappen, den die zürnenden Berggeister wieder einem rechten Lebenswandel zugeführt haben. Während Weib und Kind daheim darbten, brachte der leichtsinnige Geselle jede freie Stunde in der Schenke zu. So kam er auch einmal in der Christnacht in betrunkenem Zustande heim zu den Seinen. Er begann alsbald mit seinem Weibe, das ihm seine strafwürdige Lebensweise vorhielt, zu streiten und rief so einen recht stürmischen Auftritt hervor, welcher schließlich damit endete, daß der Knappe seine Grubenlampe anzündete, das Haus verließ und dem Erzberg zuwanderte. Dort begann der Bergmann in der grabesstillem Grube seine Thätigkeit. Eine Stunde mochte er schon gearbeitet haben, als er – Mitternacht mußte nahe sein – neben sich ein Rascheln und Flüstern hörte und plötzlich aus der Felswand winzige Bergleute herauskommen sah. Eines dieser gnomenhaften geheimnißvollen Männchen forderte seine Kameraden auf, Messer zu holen, und diese verschwanden rasch. Den Bergknappen aber erfaßte qualvolle Todesangst; er ließ vor Schreck die Grubenlampe aus seinen zitternden Händen fallen, so daß ihn tiefste Finsterniß umgab.

Daß die Bergmännchen die Entweihung der heiligen Christnacht schwer bestrafen würden, wußte der Liederliche gar wohl. In seiner grenzenlosen Angst wendete er sich mit heißem Flehen dem Himmel zu und versprach reuig Besserung von dieser Stunde an, sofern die himmlischen Mächte ihn diesmal der Gewalt der erbosten Berggeister entzögen. Und seine Bitte fand Erhörung. Milder Lichtschein erhellte plötzlich den nächtigen Grubenraum und der Knappe bemerkte vor sich eine Leiter, welche nach aufwärts führte, die er jedoch früher, da seine Lampe noch brannte, nicht gesehen hatte. So schnell als ihn die wankenden Beine nur zu tragen vermochten, stieg er die Sprossen empor, höher und höher, bis er endlich über sich das sternenhelle Firmament leuchten sah … Aus der kleinen Dorfkirche herüber vernahm er die feierlichen Orgeltöne und das weihevolle Singen der Gemeinde, welche eben der Mette beiwohnte. In inbrünstiges Beten versunken, lag er an den Stufen des Kirchenthores, als die fromme Schar aus dem Gotteshause traf. Am nächsten Christabend aber saß er daheim bei Weib und Kind; denn er hatte sein Versprechen treu gehalten und war ein anderer, ein besserer geworden. Nur sein schneeweißes Haar erinnerte ihn und alle, die ihn kannten, an die fürchterlichste Stunde seines Lebens. E. K.