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[309]
Samuel

wurde, wie seine Mutter gelobt, dem Herrn gewidmet, daher schon als Knabe zum Hohenpriester Eli gebracht. Während Eli’s Söhne den ärgsten Unfug trieben, weckte die Stimme des Herrn den frommen Knaben Samuel und weihte ihn in seinen grossen Beruf ein. Eckhout malte, wie er als Kind zum Priester geweiht wird (Waagen, Paris 587.). Josua Reinolds malte ihn ebenfalls als Kind in der ersten glühenden Begeisterung des von Gott empfangenen Berufes (Waagen, England II. 196, bemerkt hiezu: er scheine ihm doch weder ein rechtes Kind, noch ein rechter Prophet).

Die Wirksamkeit Samuels als Hoherpriester beginnt erst nach der Rückkehr der Lade. Samuel rief ganz Israel zusammen und verkündete ihm Erlösung von den Philistern, wenn es allen fremden Götzendienst abthäte. Da wurden Baalim und Astaroth verbannt und Alles diente wieder nur dem Gott Abrahams, dem Samuel ein grosses Brandopfer darbrachte. Während dieses Opfers stürmte das Heer der Philister heran, aber Gott liess gewaltige Donner über sie rollen und sie erlitten eine furchtbare Niederlage.

Samuel bewirkte eine vollkommene Restauration der mosaischen Theokratie, reinigte das Land von allem Schmutz des Heidenthums und von den Feinden, und waltete ganz allein, ein Priester, mitten unter dem republikanischen Volke. [310] Um sich her gründete er eine Prophetenschule zur Befestigung der Hierarchie.

Allein das Volk vermochte sich zur Idee der Theokratie nicht zu erheben; und da es sah, dass Samuels Söhne aus der Art schlugen, Geschenke nahmen und das Recht beugten, trotzten sie dem Vater um der Söhne willen und verlangten statt des regierenden Priestergeschlechts einen König, „wie ihn alle Heiden haben.“ Der Herr sprach zu Samuel: „Thue ihren Willen auf ihre Gefahr, denn sie haben nicht dich, sondern mich verworfen.“ Samuel aber stellte dem Volk noch einmal in einer sarkastischen Rede vor, wie thöricht es handle, den himmlischen Herrn mit einem irdischen zu vertauschen, und sich selbst einen Tyrannen zu setzen, der nur Böses thun werde. (1. B. Sam. 8.)

Inzwischen machte das Volk noch geltend, dass es Krieg mit den Nachbarn zu führen habe und deshalb einen Krieger, keinen Priester zum Haupt haben wolle. So wurde Saul ihr König. Nun trat das irdische Königthum im ganzen grellen Gegensatz gegen die verschmähte Theokratie hervor. Von nun an wird Samuel, der in seiner Person das Hohepriesterthum mit dem Prophetenthum vereinigt, in seinen Kämpfen mit dem Königthum Vorbild jener grossen Päpste und Bischöfe, welche die christliche Kirche rein erhielten und schützten gegen die laxe Observanz und Gewaltthätigkeit der weltlichen Macht.

König Saul trachtete nicht, sein Volk als treuer und demüthiger Diener Jehovahs zu regieren, sondern nach eigener Willkühr. Samuel verlangte, der König wie das Volk sollten dem höchsten Herrn unterworfen bleiben, und seine Gebote halten, wo nicht, so werde er sie für ihre Sünden strafen, und vor Allem für die Sünde, statt Gottes einen Menschen zum König gemacht zu haben. Zur Bestätigung seiner Worte liess Gott donnern und regnen, und das Volk erschrack sehr und gelobte dem Priester Alles, was er verlangt hatte. Diese ergreifende Scene ist, so viel ich weiss, nie von einem bedeutenden Maler aufgefasst worden. — Saul aber trachtete [311] bald, sich von dem Priester zu emancipiren und bestand die Probe nicht, auf die ihn dieser stellte. Denn als Saul ein grosses Opfer angesagt hatte, als Vorbereitung zum Kampf gegen die Philister, kam Samuel nicht, der das Opfer verrichten sollte. Saul wartete sieben Tage, dann opferte er selbst. Nun erst erschien Samuel und machte ihm schwere Vorwürfe, dass er ihm in’s Amt gegriffen.

Im Kampf wider die Philister beging Saul eine neue Uebereilung. Er verfluchte Jeden und weihte ihn dem Tode, der etwas essen würde, bis er Rache an den Philistern genommen. Dadurch feuerte er die Wuth seines Volkes an und siegte wirklich. Aber sein eigener Sohn Jonathan hatte, ohne des Vaters Befehl zu kennen, etwas Honig gegessen und sollte nun sterben. Das Volk zwang jedoch den König, sein unvernünftiges Wort zurückzunehmen. Also ein neuer Beweis, dass die Handlungen und Worte der Könige nichtig und eitel sind, wenn Gott nicht davon weiss, wenn sie Gott dabei nicht zu Rathe gezogen.

Zum drittenmal übereilte sich Saul in seiner Eigenmächtigkeit, als ihm Samuel im Namen des Herrn gebot, die feindseligen Amalekiter und alle ihre Habe zu vernichten, damit nichts von ihnen übrig bleibe. Saul schlug das Volk, konnte sich aber nicht überwinden, auch die fetten Heerden derselben zu vertilgen und nahm sie als gute Beute mit. Samuel hörte das Blöcken der Schafe und das Brüllen der Rinder, und machte Saul bittere Vorwürfe. Saul wollte das erbeutete Vieh nun Jehovah opfern, aber Samuel sprach: „Gehorsam ist dem Herrn lieber, als Brandopfer.“ Saul demüthigte sich vor dem Priester und bat ihn um Vergebung; aber Samuel wandte sich im Zorn von ihm. Saul suchte ihn dabei aufzuhalten und riss ihm einen Zipfel seines Gewandes ab. Da sprach Samuel: „Gott hat heute das Königthum von dir gerissen und einem Andern gegeben, der besser ist als du!“ Allein auf Sauls dringende Bitte kehrte Samuel doch wieder um, liess sich aber den gefangenen Amalekiterkönig Agag vorführen und hieb ihn mit eigener Hand in [312] Stücken. Ein venetianischer Dichter, Carrer, hat 1819 ein Trauerspiel daraus gemacht und darin im kirchenfeindlichsten Sinne den Samuel als ein priesterliches Scheusal, den Agag aber als einen edeln Martyrer aufgefasst.

Als Samuel einst im tiefen Leide dasass, darum, dass er den Saul zum König gemacht hatte, sprach der Herr zu ihm und befahl ihm, einen Würdigeren zum König zu salben, und zwar den jungen Sohn des Isai von Bethlehem. Samuel begab sich nach Bethlehem und besah des Isai’s Söhne, der Herr aber bezeichnet ihm den jüngsten, David, als den verheissenen. Man musste ihn von der Heerde hereinholen, die er im Felde hütete. Samuel salbte ihn, wie er den Saul gesalbt hatte. Eine grosse Vorbedeutung liegt darin, dass der bessere König in Bethlehem geboren ist. Dort soll dereinst der höchste König selbst geboren werden. Wie fromm nämlich auch David ist, so bleibt er als irdischer König doch immer nur ein Surrogat für den himmlischen König. Gott lässt dem Volk einen irdischen König, um seiner Schwäche willen, ohne doch je die Idee der Theokratie aufzugeben. So wie er bald darauf auch den Tempelbau zulässt, ohne die Idee der unsichtbaren und allgegenwärtigen, darum keines Hauses bedürftigen Göttlichkeit aufzugeben. Beides, der König David wie der Tempel Salomo’s, sind nur provisorische Vorbilder des himmlischen Königs, der einst aus Davids Stamm entsprossen soll, und des himmlischen Zions oder neuen Jerusalems, des allgemeinen Gottesreichs auf Erden, das durchaus nur noch Tempel und in dem Jeder Priester seyn soll. Diese Hinweisung ist in den Büchern Samuelis deutlich ausgesprochen.

Aber Samuel starb, David war auf der Flucht und Saul herrschte noch. Die Philister bekriegten ihn auf’s Neue und machten ihm grosse Sorge. Saul glaubte sich von Gott verlassen und bewog die Hexe von Endor, ihm den Geist Samuels aus dem Grabe zu beschwören, um sich Raths bei ihm zu erholen, bei dem, den er bis in den Tod gehasst und verfolgt hatte. Aber der Geist Samuels verkündete ihm nur [313] Gottes Zorn und nahen Untergang. Das ist eine der grossartigsten Scenen im alten Testament, und ein Vorbild für das Verhältniss des Staats zur Kirche. Denn wenn der Staat, um von der Kirche unabhängig zu seyn, die Kirche ganz unterdrückt, ihre Diener vertreibt und sich auf eigne Hand stellt, alle Abhängigkeit von Gott verleugnend, so kommt er in seiner Gottentfremdung in Bedrängnisse, die ihn nöthigen, angstvoll noch nach dem blossen Schatten der verlornen Kirche zu greifen. Aber dann ist es zu spät und das Gericht des Herrn wird ohne Erbarmen vollzogen, ehe ein frömmeres Geschlecht die Kirche wiederfindet.

Die Verheissung ging in Erfüllung. Saul wurde in einer grossen Schlacht von den Philistern überwunden; sein Sohn Jonathan und mehrere seiner andern Söhne fielen, er selbst liess sich von seinem Waffenträger mit dem Schwert durchstechen, worauf auch der Waffenträger sich in sein Schwert stürzte. So endete der unglückliche König, der wider seinen Willen zur Krone berufen worden war und sich ihrer nicht würdig erwiesen hatte, weil er nicht Gottes Geboten, sondern dem eigenen Willen gehorchen wollte. Er verstand das Königthum in der Weise, wie die Heiden, und sollte es doch in einem ganz andern Sinne verstehen; denn ein Gesalbter des Herrn bei den Juden sollte auch in der Furcht des Herrn leben und nicht selber Herr seyn wollen.

Saul eignet sich in vorzüglichem Grade zum Helden eines Trauerspiels. Deshalb ist er schon durch Hans Sachs, dann durch Holzwart (zu Gabel in Böhmen, vgl. Jördens VI. 346. Meyer, Faust S. 43.) 1571, ferner in einer Tragödie von 1606 (Gottsched, Vorrath I. 160.) und in einem Singspiel von Rolle auf die deutsche Bühne gebracht worden. Aber die Dichter standen alle schon auf dem Standpunkt der modernen Staatstheorie und konnten die Idee der Theokratie und den Charakter Samuels nicht mehr begreifen.

Tiefer fasste den Saul zuerst Alfieri auf, aber nicht glücklich; denn er gibt ihm dem Priester gegenüber Recht, und stellt ihn als ein edles Opfer dar. Der Franzose Soumet [314] behandelte denselben Stoff 1822, dann wieder die Deutschen Knebel, Bock (1840) und Rückert. Alle fassen nur das individuelle Schicksal des Königs auf und stellen seine beklagenswerthe Persönlichkeit in’s Licht, ohne dabei die grosse Idee der Theokratie zu würdigen oder würdigen zu wollen. Die Grösse Samuels ist allen Dichtern der Neuzeit unerreichbar geblieben.

Samuel erscheint auf Kirchenbildern im vollen Ornat des Hohenpriesters, und weil er schon als Kind vom Herrn zum Priesteramt berufen wurde, ist er auch häufig noch als zarter Knabe im Priesterornat, aber voll prophetischen Geistes und Feuers in den wunderbar strahlenden Augen gemalt worden. So von Josua Reinolds und Eckhout.