<<< Sündfluth >>>
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Sündfluth.

Während die Schöpfung im 1. Buch Mosis um sehr viel anders erzählt ist, als in den heidnischen Kosmogonien, stimmt dagegen, was sie von der Sündfluth sagt, mit unzähligen Sagen anderer Völker überein. Ueberall heisst es, Gott habe die Menschen ihrer Sünden wegen ausgetilgt und nur eine einzige fromme Familie sey auf einem Schiffe gerettet worden. Sogar einzelne bestimmte Züge der mosaischen Erzählung, z. B. vom Raben und von der Taube, kehren in fremden Völkersagen wieder.

Hier eine gedrängte Uebersicht der heidnischen Sündfluthsagen:

1. Die griechische. Zeus wollte das sündige Menschengeschlecht vertilgen und überschwemmte es mit neuntägigem Regen. Nur der fromme Deukalion und sein Weib Pyrrha retteten sich in einem Kasten. Eine Taube, die sie ausfliegen liessen, kündigte ihnen durch ihr Ausbleiben an, dass die Erde wieder trocken sey. Ovid, met. I. 280 f. Plutarch, de solat. animi. Apollodor I. 7. 2. — Von untergeordneter Bedeutung ist die ogygische Fluth.

2. Die chaldäische oder babylonische. Der Gott Saturn oder Belus kündigt dem König Risuthras an, er werde das sündige Menschengeschlecht durch eine Fluth vertilgen und nur ihn wegen seiner Frömmigkeit verschonen. Er nahm seine Familie mit in’s Schiff und sandte Vögel aus, deren [422] Ausbleiben die Trockenheit des Bodens verrieth. Nach Berosus und Obydenus bei Josephus, arch. I. 3. 6. Eusebius, de praep. ev. IX. 11. Cyrillus, contra Jul. I. 14.

3. Die indische. a) Gott Brahma verwandelte sich in einen kleinen Fisch und liess sich von Menu, dem frommen König, fangen und in ein Glas setzen. Das Glas wurde aber bald zu klein; man musste den immer wachsenden Fisch in einen Teich setzen, in den grossen Fluss Ganges, endlich in’s Meer. Da sagte der Fisch: mit ihm wüchse das Gewässer und werde die ganze sündige Welt vertilgen, Menu aber solle sich auf ein Schiff setzen und an das Horn des Riesenfisches anbinden. So geschah es, und Menu schwamm jahrelang mit dem Fisch in unendlichen Gewässern herum, bis er am Berg Himawan ausgesetzt wurde. Nach der Mahabharata. Vgl. Bopp, Sündfluth. — b) Der Gott Wischnu verfährt ganz auf dieselbe Weise mit dem frommen Salyavrata. Hier ist besonders hervorgehoben, dass alle Thiere und Pflanzen mit in’s Schiff genommen werden. Nach dem Bhagavatam. Vgl. auch Paullinus, brahm. Götterlehre S. 190, wonach Wischnu nicht als der die Menschen strafende, sondern vielmehr als der rettende Gott erscheint, indem die Fluth durch böse Dämonen bewirkt wird. Vgl. Rhode, Hindu II. 134. Höfers indische Gedichte I. 39. Eine noch besondere Sündfluthsage, die sich lediglich auf die Insel Ceylon bezieht, in Ritters Erdkunde von Asien IV. 238.

4. Die chinesische. Der Herr des Himmels und der Erde zürnte den sündigen Menschen und vertilgte sie. Nur Niu - va allein bezwang das Gewässer durch ein Holz (das Schiff) und durch einen fünffarbigen Stein (den Regenbogen). Windischmann, die Philosophie im Fortschritt der Weltgeschichte I. 80. Vgl. Ritter, Erdkunde von Asien I. 158.

5. Die japanische. Gott zerschmetterte die Welt durch Blitze und ersäufte sie im Regen. Nur eine fromme Familie wurde auf Nipon (Japan) gerettet. Montanus, niederl. Gesandtschaften S. 435.

6. Die russische. Die Erde steht auf vier Wallfischen. [423] Als der erste starb, entstand die Sündfluth. Wenn wieder einer sterben wird, wird es eine zweite Fluth geben. W. Müller, Russland S. 210.

7. Die lithauische. Pramzimas, der Herr der Welt, sah, dass die Menschen verderbt seyen, und sandte zwei Riesen unter sie, Wandu und Weja (Wasser und Sturm), sie zu vertilgen. Als nun fast alle Menschen ersoffen waren, und nur noch einige auf einem Berggipfel sich hielten, warf er ihnen mitleidig eine Schale von den Nüssen zu, die er eben ass. Auf diesem Schiff retteten sie sich. Sie hatten aber keine Kinder; da tröstete sie der Regenbogen (Linxmine) und sagte ihnen, sie sollten über die Gebeine der Erde springen. Das thaten sie und aus den Steinen, über die sie sprangen, wurden Menschen. Hanusch, slav. Mythologien S. 234.

8. Die nordische. Aus des grossen Riesen Ymers Blut entstand das Meer und überschwemmte das Land so, dass alle andern Riesen darin umkamen. Nur Bergelmir mit seinem Weib entkam. Edda, Grimm Myth. 2te Aufl. S. 526.

9. Die keltische. Als der See von Llion (in England) ausbrach und die Welt überschwemmte, entkam nur der fromme Nevydd, indem er ein Schiff baute und darin je ein Paar von allen Thieren aufnahm. Der Gott Hu aber zog das Schiff in Ochsengestalt durch die Fluth. Mone, Heidenthum II. 492. San Marte, Artursage S. 201.

10. Die afrikanische. Alle meerschwein- und wallfischartigen Meerthiere sollen Abkömmlinge der in der Sündfluth ertrunkenen Menschen seyn. Robertson, die Fantees in Afrika.

11. Die grönländische. Der einzige noch übrige Mensch schlug mit seinem Stock auf die Erde, da kam ein Weib heraus und mit ihr bevölkerte er die Erde auf’s Neue. Cranz, Historie von Grönland I. 246.

12. Die mexikanische. Gott vertilgte die bösen Menschen, nur der fromme Coxcox und sein Weib retteten sich auf einem Kahn. Sie hatten nachher stumme Kinder, bis eine Taube die Kinder verschiedene Sprachen lehrte. Clavigero I. 344. Prescott, Eroberung von Mexiko II. 435. Beides [424] nach deutscher Uebersetzung. Der Letzte erwähnt noch einer andern Sage, derzufolge der Gerettete Tazpi hiess und sein Schiff mit Thieren aller Art anfüllte, auch wie Noah Vögel aussandte, jedoch statt des Raben einen Geyer und statt der Taube einen Colibri.

13. Nordamerikanische Sagen. a) Die Koloschen glauben, der erste Erdenbewohner habe alle Kinder seiner Schwester durch eine Sündfluth vertilgt, diese aber habe einen glühenden Stein gegessen und sey davon mit dem Stammvater der künftigen Menschen schwanger worden. Ausland 1837, Nr. 360. b) Die Hundsripp-Indianer glauben, die Sündfluth sey durch einen Zudrang grosser Fische entstanden und der einzige Mensch, Chapewee, habe sich in einem Schiff gerettet, in das er alle Arten von Thieren mit aufnahm. Auch er schickte zwei Thiere aus, aber statt des Raben den Biber, statt der Taube die Bisamratte. Franklin, zweite Reise S. 309.

14. Die guianische. Die Macus - Indianer glauben, ein Mann und ein Weib seyen allein übrig geblieben und hätten die Welt neu bevölkert, indem sie Steine in Menschen verwandelten. Schomburgk, Reise S. 35. Die Tamanaquon am Orinoko glauben das Nämliche, hier entstehen aber die neuen Menschen aus den Kernen der Mauritiapalme, die sie hinter sich werfen. Daselbst.

15. Die haytische. Ein Kazike erschlug im Zorn seinen Sohn, hob aber dessen Gebeine in einer Kürbisflasche auf. Nachher fand er Fische darin und holte sich so oft Fische, als er wollte. Seine neugierigen Brüder aber öffneten einmal den Kürbis, da fielen Fische aller Art heraus, immer grösser, endlich Wallfische und das ganze unendliche Meer, so dass von der Erde nur wenige Inseln und Bergspitzen blieben. Wash. Irwing, Columbus S. 160.

16. Die brasilianische. Ein einziger Mann, Tamanduare, mit seiner Familie, blieb auf dem Gipfel eines Baumes gerettet und bevölkerte die Erde neu. Prinz zu Wied, Reise II. 59. Lery, Reise S. 281.

Schon wegen dieser allgemeinen Verbreitung der Sage [425] über die ganze Erde ist es nicht wahrscheinlich, dass nur eine lokale Ueberschwemmung gemeint sey. Die Bibel selbst sagt ausdrücklich, die Fluth habe fünfzehn Ellen hoch über den höchsten Bergen gestanden. Das war keine lokale Fluth. Mit Recht haben daher die Naturforscher an eine grosse Katastrophe gedacht. Whiston und Steffens dachten, freilich sehr willkührlich, an einen Kometen, der das Wasser der Erde an sich gezogen und dann zurückgeschnellt haben soll. Davon steht nichts in der heiligen Schrift und ist auch kein ähnliches Beispiel in der Naturgeschichte bekannt. Andere glaubten, die Erdachse habe sich plötzlich geändert und dem Meere einen ungeheuren Stoss gegeben, dass es über das Land hergefluthet sey. Weit sinniger ist die Vermuthung Hugi’s (über die Gletscher 1843. S. 202.) Derselbe nimmt an, die Ausdehnung und Zusammenziehung der Atmosphäre sey in einer früheren Bildungsperiode der Erde noch weit grösser gewesen, wie jetzt. Das Ausdünsten der Erde, die Wolkenbildung und dann der wässerige Niederschlag aus derselben sey viel gewaltsamer gewesen. Daher die Möglichkeit des völligen Untertauchens der Erde unter den vom Himmel strömenden Regen. Damit stimmt eine Erscheinung überein, die man an den kleinen Planeten Pallas und Ceres wahrgenommen hat. Diese haben nämlich eine Atmosphäre, die sich zuweilen in’s Ungeheure ausdehnt und dann wieder klein zusammenzieht. Stellt man sich darunter Wolken vor, so muss deren Entleerung in Regengüssen die Oberfläche der Planeten ganz unter Wasser setzen.

Jedenfalls sind grosse Fluthen über die Erde gegangen, sonst würden nicht so viele organische Reste früherer Erdperioden überschwemmt und begraben worden seyn. Deshalb ist die Erklärung v. Bohlens (Genesis 104) ganz unstatthaft, dass nämlich nicht einmal von einer lokalen ausserordentlichen Ueberschwemmung die Rede seyn könne, sondern dass die Vorstellung der Sündfluth wahrscheinlich nur von den jährlich sich wiederholenden Frühlingsüberschwemmungen herschreibe, die man in vergrössertem Maassstabe auf die Vorzeit übertragen [426] habe. Eben so wenig Werth ist darauf zu legen, dass der Name Sündfluth eigentlich Sintvluot (grosse Fluth) heisse. Die Sünde wird damit nicht hinweginterpretirt.

Die Genesis legt alles Gewicht auf diese Sünde. Nur um ihretwillen erfolgt die Fluth. Gott will das verderbte Geschlecht austilgen und nur den frommen Noah mit seiner Familie erhalten, dem er daher befiehlt, die Arche zu bauen und mit den Seinen, sowie mit je einem Paar aller Thierarten hineinzugehen. Dann lässt er vierzig Tage lang regnen und alles Lebendige vergeht in der ungeheuern Fluth, welche 15 Ellen über den höchsten Bergen steht. Erst nach 150 Tagen nimmt das Gewässer wieder ab, und die Arche strandet auf dem Gipfel des Berges Ararat. Da sendet Noah einen Raben aus, zu prüfen, ob es Zeit sey, auszusteigen. Der Rabe kommt nicht wieder (weil er auf Aas sitzt). Noah schickt eine Taube aus, die nicht Fuss fassen kann und wiederkommt. Dann eine zweite Taube, die mit einem Oelblatt zurückkehrt, zum Zeichen, dass die Erde wieder grüne. Nach sieben Tagen schickt er die dritte Taube aus, die nicht wiederkommt. Nun erst befiehlt ihm der Herr selbst, auszusteigen. Noah gehorcht, die Arche entleert sich, um die Welt neu zu bevölkern. Ein Dankopfer raucht zum Himmel, Gott segnet den Noah und lässt den Regenbogen erscheinen, zum Zeichen, dass fortan Friede sey zwischen Himmel und Erde, zwischen dem versöhnten Gott und der bestraften Menschheit: „Und wenn es kommt, dass ich Wolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolken. Alsdann will ich gedenken an meinen Bund zwischen mir und euch, dass nicht mehr hinfort eine Sündfluth komme.“

Die Sündfluth ist das alttestamentalische Vorbild des Weltendes, denn auch dieses soll durch colossale Entartung der Menschen herbeigeführt werden.

Die Sündfluth und Geschichte Noahs hat verhältnissmässig nicht viele poetische Bearbeiter gefunden. Ein lateinisches Gedicht von Alcinus Avitus s. in Fabricii thes. 392. [427] Vor hundert Jahren schrieb der Schweizer Bodmer sein grosses Epos „die Noachide“, eine sehr wässerige Nachahmung des Messias von Klopstock, worin endlos langweilig alle langgeschnäbelten, kurzgeschnäbelten, breitgeschnäbelten, spitzgeschnäbelten etc. Vögel verzeichnet sind, wie sie in die Arche spazieren. Ein neuer französischer Dichter, Alfred de Vigny, hat sich besser darauf verstanden, die Effecte zusammenzudrängen. Auch der deutsche Dichter Andreas Wasserburg, der 1834 in Mainz eine Sündfluth in poetischer Prosa herausgab, hat in der Ausmalung der Schreckensscenen, z. B. eines Löwen, der sich angstvoll zu den Menschen rettet, eine reiche Phantasie bewährt. Friedrich Schlegel besang die Freude der Errettung, das Opfer und den Dank Noahs (am Schluss des 10ten Bandes seiner Werke). Das ist schön und biblisch. Aber Salomon Gessner besang den Tod zweier unbekannten Liebenden in der Sündfluth, Semin und Semira. Solche sentimentale Abgeschmacktheiten hat man lange bewundert. Sie sind schriftwidrig. In der Sündfluth ist kein unschuldiges Liebespaar umgekommen. Da war Niemand rein, als die sich in die Arche gerettet hatten.

Unter den gemalten Sündfluthbildern muss man die, welche die Schrecken der empörten Natur malen, von denen unterscheiden, welche nur vorzugsweise die Todesangst der Menschen malen. Die letzteren sind bei weitem zahlreicher. Unter den ersteren stehen oben an die Bilder des Engländers Martin, der es liebt, die Natur im Grossen und in ihren Schrecken aufzufassen, bei der Schöpfung, beim Untergang Sodom und Gomorrha’s, Babels und Ninive’s, beim Weltgericht etc. Er malte den Abend vor der Sündfluth ungemein grossartig. Die Elemente selbst sind es, die hier miteinander ringen, die Menschen verlieren sich nur in kaum sichtbarem Ameisengewühl. Die Blitze zucken furchtbar, erlöschen aber gleichsam in dem allüberwiegenden Wasser, und dienen nur, die Schwärze der dichtherabhängenden Wolken zu beleuchten und den Anblick des allgemeinen Grabes noch schauerlicher zu machen. Dazwischen haben aber noch [428] Sonne und Mond Platz gefunden, beide zugleich am düstern Horizont ihre glühenden Augen, wie todesmatt, aufzuschlagen. Auf einem zweiten Bilde stellte Martin die Stillung der Gewässer dar, am Morgen nach der Fluth. Kunstblatt 1835. S. 175. 1840. S. 224.

Unter den Bildern der zweiten Gattung steht oben an das von Nik. Poussin in Paris. Es hat engeren Raum, bringt uns daher die Menschen näher; doch bleibt die Landschaft auch hier noch die Hauptsache, der tiefe Wolkenhimmel, von einem Blitz durchzuckt, unheimliche Felsen zur Seite und schon weitergebeugte und halb entwurzelte Bäume. Schon hat der Tod seine meisten Opfer verschlungen. Den Ueberlebenden schwindet die letzte Hoffnung, Einer klammert sich an einen Kahn in dem Augenblick, wo derselbe einem Abgrund zustürzt. Eine Mutter reicht ihr Kind einem Manne, der es nicht erlangen kann, und die Fluth reisst sie hinweg. Bedeutungsvoll kriecht auch die aus ihrem Versteck getriebene Schlange den Berg hinauf.

Noch grässlicher malte Girodet zu Paris (1804). Mit höchster Anstrengung hat ein Mann seinen alten Vater zu einem Baum emporgetragen und hält ihn noch auf dem Rücken, indem er mit einer Hand sich an den Baum klammert und mit der andern sein schon todtmattes Weib mit zwei Kindern nachzieht; da schlägt ein Blitz in den Baum und Alle stürzen in die Fluth (Landon, ann. XIII. pl. 5.). Aehnliche Grässlichkeiten rühmte Vasari (II. 1. 88.) an einem Bilde von Uccello, z. B. ein schon vom Wasser dickgeschwollenes todtes Kind; einen Raben, der einer Leiche die Augen aushackt etc. Geistreich, wenn auch unwahrscheinlich, ist dabei der erbitterte Kampf zweier Reiter mitten im Wasser.

Der Engländer West malte den Moment, wo schon Alles todt ist. Man sieht nur in der Ferne ganz dunkel durch den Regen die Arche. Im Vordergrunde aber hängen noch die Leichen einer ertrunkenen Familie in den Zweigen eines Baumes; bereits schwarzblau und grässlich entstellt und von drei grossen Schlangen umwunden, die sich auf denselben [429] Baum retteten. Zur Seite aber flattert die weisse Taube, die Botin besserer Zukunft.

Am wenigsten Eindruck machen die Sündfluthbilder, die nicht für sich stehen, sondern nur einen Theil der gemalten Bibel überhaupt einnehmen, daher im Raum beschränkt und dem Geist des Ganzen untergeordnet bleiben. Unter diesen Bildern ist das grossartigste das von Michel Angelo in der sixtinischen Kapelle, jedoch ganz in den Hintergrund gedrückt durch das Bild des Weltgerichts in derselben Kapelle. Einen ziemlich schwachen Eindruck macht das kleine Sündfluthbild in Raphaels Logen. Nur Studien ohne poetische Tiefe sind die Sündfluthbilder von Giulio Romano in England (Waagen I. 477. Passavant 257.), Turchi (l’Orbetto) in Paris (Waagen 517.), Domenichino in Berlin (Kugler I. 131.). Ein Bild von Sabatti in Brescia. Auch von Bassano, der so viel zu den ersten Kapiteln der Genesis gemalt, sind Sündfluthbilder vorhanden, in Madrid, Paris und Florenz. Eine Sündfluth kommt auch unter den alten Mosaiken der Marcuskirche zu Venedig vor.

Unter den französischen Malern malten die Sündfluth noch: Regnault, in zwei Darstellungen; Trioson (Waagen, Paris 728.); Le Fage, gest. von Audran; Blaiset, gest. von Ruotte; Bernard, gest. von Sadeler.

Deutsche und Niederländer: L. Cranach in Schneeberg (Waagen, Deutschland I. 57.), Joh. Breughel in Kassel, Cornelius von Harlem in Salzdalen, Cassiers in Brüssel, Jakobs in München. Kunstblatt 1825. Nr. 53. Romberg. Ein berühmter figurenreicher Holzschnitt von Melchior Lorch.

Die Motive sind gewöhnlich: das Erklettern eines Baumes, die Flucht auf einem Pferde, das Heraufziehen eines Kindes oder sterbenden Weibes, das Zurückstossen des Schwächern durch den Stärkeren, die fruchtlose Anstrengung, die verzweifelnde Resignation. Seltener kommt eine mehr nuancirte Charakteristik vor, der Unterschied der Temperamente, Stände, des Glücks etc., das verschiedenartige Benehmen des Reichen und Armen, Geizigen und Verschwenders, [430] des Schlemmers, des Tartuffe, des Tyrannen, des Wüstlings, der übermüthigen Hetären etc.

Mathäi in Dresden 1805 malte die Gruppe zweier Liebenden, nach Gessners Dichtung. Eine Gruppe sich Rettender malte Court 1823 (Kunstbl. Nr. 62.). Eine andere Liberi in Bergamo, dem es übrigens nur auf die nackten Figuren ankam. Eine andere Danhauser in Wien. Ein grässliches Motiv wählte Ysendyk in einem Bilde zu Antwerpen (Kunstblatt 1831. Nr. 40.), nämlich einen Mann, der, schon von einer Schlange umwunden, doch noch ein Mädchen zu retten bemüht ist. Kessels formte eine berühmte Gruppe in Marmor, einen Mann, der Weib und Kind zu sich erhebt. A. Reumont, röm. Briefe II. 284. Kunstbl. 1838. S. 112.

Mehr allegorisch ist ein Bild der Mistress Cosway. Ein alter Mann steht halb in einem Wolkenbruch, von dem kalt und blaugrau der unendliche Regen niederströmt auf ein bronzeartig mit schaudervoller Miene daliegendes Weib. Fiorillo V. 688.

Von Michel Angelo an, der in seinem Sündfluthbilde liebevolle Rettungsscenen malte, haben die meisten Maler den Fehler begangen, das in der Sündfluth untergegangene sündige Geschlecht viel zu edel, human und sich Einer für den Andern aufopfernd aufzufassen. Sie hätten vielmehr die Corruption, den Egoismus, die Roheit, die Verthierung und Verteufelung hervorblicken lassen sollen.