<<< Richter >>>
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Richter, die.

In den ersten Jahrhunderten seit der Einwanderung der Juden in Kanaan heissen ihre obersten Lenker Richter (Schophtim). Es sind nicht die Hohenpriester, obgleich sie zuletzt mit denselben in Eli zusammenfallen; vielmehr stehen sie als die weltlichen Richter und Heerführer neben den Hohenpriestern, wie Moses neben Aaron, Josua neben Eleazar. Es hat nicht immer Richter gegeben, sie treten nur in kritischen Zeiten als Retter hervor, und es ist sogar einmal ein Weib (die Deborah) Richterin, zum Beweise, dass hier immer nur wieder Erweckte zu verstehen sind, die der Herr aufruft, wie er früher den Abraham, den Moses aufrief. An ein ununterbrochenes Amt ist dabei nicht zu denken, eben so wenig an eine Erbfolge. Der Versuch des Sohnes Gideons, das Richteramt erblich zu machen, misslang kläglich.

In derselben Zeit sehen wir die Kinder Israel in fast unaufhörlichem Streit mit ihren arabischen, syrischen und phönikischen Nachbarn, und von denselben häufig unterjocht; die Einheit unter den jüdischen Stämmen selbst erscheint meist ganz aufgelockert, und das Ansehen der Stiftshütte tief gesunken. Massenweise buhlen die Kinder Israel mit den fremden Götzen und vermischen sich mit fremden Weibern, was natürlich ihre Selbstständigkeit untergräbt und den heidnischen Nachbarn den Sieg erleichtert. So ist denn die grosse Erhebung des Volkes unter Moses wieder vergessen; die Erfüllung der Weissagung, die dem Abraham geworden, die endliche Einführung der Kinder Israel in ihr verheissenes Erbe, der Besitz des gelobten Landes hat sie nicht dankbar gemacht; der Gott der Väter, der sich so gnädig an ihnen erwiesen, wird nicht mehr von ihnen geehrt; fremde Götzenbilder erheben sich rings im Lande und ihnen dampft der Weihrauch. Die [272] grosse Idee der republikanischen Theokratie kann unter einem so erbärmlichen Volke nicht verwirklicht werden. Wie viele Generationen auch aufeinander folgen, keine genügt; die Gegenwart ist immer eine verlorne, und nur der Blick in die Zukunft erfrischt den gesunkenen Muth. Die ganze jüdische Geschichte ist ja nur Vorbereitung auf die christliche. Das ganze alte Testament ist nur die Verheissung des neuen. Die messianische Idee ist der goldne Faden, der sich durch das alte Testament fortzieht, ohne den es keinen Sinn hätte. Tiefe Sehnsucht aus dem Schlamme der Corruption, aus dem immerwährenden Zurücksinken in’s Heidenthum ist der poetische Charakter des Buchs der Richter und des Buchs Samuels, wie der späteren prophetischen Bücher. Diese Sehnsucht des alten Testamentes aber motivirt das neue.

Unsre wirre Zeit, in der so viel wieder mit allen Arten des Heidenthums gebuhlt wird, das Verband der Christen im Innern so tief gelockert und überall Kampf ist, hat viele Aehnlichkeit mit jener alten Zeit der Richter.