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Orpheus,

der berühmte thrakische Sänger, dessen Gesang zur Lyra die wilden Thiere so bezauberte, dass sie sich um ihn versammelten und zahm zu seinen Füssen lagen, wurde in den [175] ersten Jahrhunderten der Christenheit mit Christo, als dem guten Hirten, identificirt und schon auf den altchristlichen Katakombengräbern in Rom und in sehr alten Miniaturen unter den wilden Thieren abgebildet. Aringhi, Rom. subt. I. 547. 563. 577. Bosio p. 239. 627. Bottari II. tab. 63. 71. d’Agincourt III. 6. 3. Didron, icon. p. 346. Twining, symb. 16. Piper, Myth. I. 122. 415. Waagen, Paris 195. Kunstblatt 1840. Nr. 15. Christus = Orpheus trägt auf diesen Bildern noch in antiker Weise die phrygische Mütze und neben der Lyra (zuweilen auch der Panflöte) einen Hirtenstab. Die wilden Thiere erscheinen hier zum erstenmal wieder vereinigt wie im verlornen Paradiese. Adams Sünde zerriss auch den Frieden der Thiere, Christus, als neuer Adam, gibt ihnen den Frieden zurück. Diese Thiere bedeuten aber auch die Menschen oder Völker, welchen die himmlische Botschaft oder die neue Lehre zu Theil wird. Man darf dies Bild daher nicht verwechseln mit der Vorstellung, die häufig in Miniaturen zu alten Psalterien vorkommt, nach Psalm 8, 7 f., wo Adam unter den Thieren sitzt, über welche Gott ihm die Herrschaft verliehen. – Eine Variante bieten die Apokryphen dar, nach denen das Christkind auf der Flucht nach Aegypten von allen Thieren der Wüste umringt und angebetet wurde. Hofmann, Apokr. 141. – In einem schönen Auto des Calderon rettet Orpheus (Christus) seine geliebte Euridice (die menschliche Natur) aus der Unterwelt (der Versündigung und Verschuldung). Sehr poetisch ist das Erstaunen und der Schrecken des Höllenfürsten aufgefasst, als er zum erstenmal die himmlischen Töne des nahenden Orpheus in seiner Höllennacht vernimmt.