Christliche Symbolik/Jahr
Das Kirchenjahr beginnt mit dem Advent und schreitet fort durch den Winter zum Sommer, durch Nacht zum Licht, durch Leiden zum Siege, durch Tod zum Leben, durch Armuth zum Reichthum. Die lange Nacht des Winters, in welche die Geburt Christi fällt, bedeutet das Heidenthum und die alte Nacht der Sünde. Es ist die Weihnachtszeit. Der Frühling, in welchen das Wirken, Leiden und Sterben des Heilands fällt, bedeutet das Erlösungswerk. Es ist die Osterzeit. Der Sommer, in welchen die Himmelfahrt und Ausgiessung des heiligen Geistes fällt, bedeutet den vollendeten Sieg des Lichts. Es ist die Pfingstzeit. Der Herbst endlich, in den die Reife der geistigen, wie der irdischen Saaten fällt, bedeutet das letzte Gericht, den Tod des Zeitlichen und den Gewinn des Ewigen, zugleich aber den letzten Triumph der Kirche. Es ist die Zeit der Kirchweihe. Vgl. Durandi, rationale offic. VI. 1. 11. In dem schätzbaren Werke ist von Friedrich Strauss, das evangelische Kirchenjahr 1850, jene altkatholische Symbolik des Kirchenjahres einsichtsvoll gewürdigt, jedoch glaubte der Verfasser als Protestant, was [427] Durandus objectiv auffasste, subjectiv auffassen zu müssen, so zwar, dass er S. 56 den Jahreslauf nicht blos mit dem grossen welthistorischen Entwicklungsgange der Kirche, sondern auch mit dem „Gnadenlauf und der Geschichte der Erlösung der einzelnen Seele“ vergleicht.
Der bezeichneten Symbolik entsprechen nun die wichtigsten Feste und Heiligentage im Jahre. Jeder Jahreszeit ist zugewiesen, was ihrem symbolischen Charakter entspricht. Die Perikopen, die für jeden Sonntag im Jahre zum Vorlesen und zu Predigttexten bestimmten Bibelstellen ergänzen diese Symbolik, wo die Heiligennamen zum Verständniss nicht ausreichen. In diesen alten Festsetzungen, namentlich der Heiligennamen, dürfte Vieles enthalten seyn, was die Neuzeit nicht mehr zu erklären weiss. In mancher Beziehung hilft hier die Tradition im Volk aus, in Sagen und Gebräuchen.
In einer spanischen Dichtung huldigen die Jahreszeiten dem neugebornen Christkind. Clarus, span. Lit. II. 349. Sie kommen aber auch schon auf einem altchristlichen Bilde vor, durch Rosen, Aehren, Weinreben und Feuer bezeichnet, in ihrer Mitte der Heiland als guter Hirte. Bottari, Roma sotter. II. tav. 55. Vgl. I. tav. 48. Aringhi I. 389.