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Himmel.

Hinter dem sichtbaren Himmel über uns dachte man sich auch den unsichtbaren Himmel als die Wohnung Gottes und der Engel. Gott thront im Aether auf dem Regenbogen, die Erde dient ihm nur als Fussschemmel. In den jüdischen und gnostischen Systemen vermischten sich die Engelchöre mit dem Begriff der Planetensphären. Daher die Voraussetzung von sieben Himmeln über einander. Vgl. Gfrörer, Jahrh. d. Heils II. 35. Man dachte sich die Erde in der Mitte, umgeben von sieben zwiebelartig in einander steckenden Sphären der Planeten, über denen erst Gott wohne. Die Wölbung des Himmels galt als fest, als blauer Saphir, Exodus 24, 10, oder als durchsichtiger Krystall, Ezechiel 1, 22. Hinter dieser festen Decke war der Regen zurückgehalten, bis die Schleussen des Himmels sich öffneten. Psalm 104, 3. 148, 4. Das Gewölbe hatte Fenster, 1. Mos. 7, 11. Vgl. v. Bohlen, Genesis 10. Es war auf Säulen oder Berge gestützt, Hiob 9, 6.

[397] Die Mehrheit der Himmel bezieht sich nicht auf diese verschiedenen Auffassungen, sondern bedeutet eine Rangordnung. Drei Himmel entsprechen nur Stufen der Seligkeit oder den Abstufungen von Heiligen, Engeln und Gott. Paulus wurde bis zum dritten Himmel verzückt. 2. Korinth. 12, 2. Auf Miniaturen des frühen Mittelalters reckt Gott Vater häufig seine Hand aus drei concentrischen Kreisen heraus, was ohne Zweifel die drei Himmel bedeutet. Vgl. Didron, icon. p. 211. Auch in dem alten Psalterium der Stuttgarter Bibliothek. Sieben Himmel sind zwar entlehnt von den Planetensphären, entsprechen aber den sieben Geistern Gottes, so wie neun Himmel den neun Engelchören. Auf der grossen Weltkugel, welche Christus im Campo santo zu Pisa hält, ist die Erde von den Planeten umgeben; diese umschliesst der Thierkreis und dann folgen noch neun Ringe als neun Himmel, alle ohne Ausnahme ganz mit geflügelten Engeln angefüllt. Abgebildet bei Didron, annales IX. 183.

Andeutungsweise wurde der Himmel in den gezimmerten Decken der ältern Basiliken durch Vergoldung bezeichnet; dieselbe Bedeutung hatte auch der Goldgrund, auf den die göttlichen Personen gemalt wurden. Das Gold bedeutete hier den lichten Aether, das himmlische Element. Auf Bildern des Weltgerichts gehen die Seligen oft in eine Kirche ein, die das neue Jerusalem vorstellt und an deren Pforten meist der heilige Petrus mit den Schlüsseln steht. Aber auch aus dieser Kirche strahlt noch zuweilen aus Fenstern und Thüren jener Goldglanz des himmlischen Elements. So auf einem Bild des Fiesole zu Florenz (Wessenberg, christl. Bilder I. 280.). Auch auf dem merkwürdigen Bilde zu Weilheim. Kunstbl. 1840, S. 415. – Als die Wölbungen im Kirchenbau aufkamen, wurde die Decke meist blau und mit Sternen gemalt, um den Himmel oben anzudeuten. Diese Sterne concentrirten sich zur Sonne in den alten Kirchen von S. Kunibert und Gereon zu Köln. Fiorillo I. 399. – Nach der Offenb. Joh. 19, 17. könnte man meinen, die Sonne selbst sey der Himmel, denn hier ruft der Engel in der Sonne die Seligen, [398] herbeizukommen zum Abendmahl des grossen Gottes. Auf dem Bild hinter dem Altar des Ulmer Münsters ist ein Weltgericht dargestellt, auf dem wirklich die nackten Seligen vergnügt in eine grosse Sonne hineinspazieren.

Die Unmöglichkeit, Himmlisches mit dem Maass des Irdischen zu messen, führte im Verlauf des Mittelalters die christlichen Dichter und Maler zu Vorstellungen, die sich nicht mehr auf das Räumliche bezogen, sondern mehr das innere Wesen der Seligkeit charakterisiren sollten. So wurde in der Vision des Bischofs Salvinus (Surius zum 10. September) nur das gleichförmige Licht, die Ruhe, die tiefe Harmonie des Daseyns, der süsse Wohlgeruch und die Schönheit der Engel als das Charakteristische des Himmels hervorgehoben. Auch in dem Gedicht des grossen Dante ist dem Himmel vor Allem Licht, Luftigkeit, leichtestes Schweben und Berühren eigen. Die Bewegung ist geisterhaft. Nur Beatricens Blick allein zieht Dante in höhere Regionen empor. Alles, was Figur annimmt, ist nur symbolisch. Vom alten Paradiese ist nur der zarteste Hauch und Blüthenstaub noch übrig, alle Blätter, alle gröberen Formen verschwinden. Eben so schmelzen hier die Juwelen an den festen Mauern des himmlischen Jerusalems und werden alle Contoure des Tempels flüssig und ätherisch. Mit weniger Aufwand von Kunst, aber in der edelsten Naivetät füllten die altitalienischen Maler den Himmel mit schönen und glücklichen Menschen an. Durch ein seliges Lächeln liess sich mehr ausdrücken, als durch eine grosse paradiesische Landschaft oder durch einen Wunderbau. Fiesole malte nur spazierende Paare auf einer grünen Wiese, aber mit so friedseligen und verzückten Mienen, dass man gern vom Himmel nicht mehr verlangen möchte. Der Frieden ist auch immer das vorzugsweise Ersehnte gewesen, was man im Himmel suchte. Sonderlich in Klöstern und später in den Sekten der Herrnhuter, Quäker, Mennoniten versuchte man eine Nachahmung des himmlischen Friedens schon auf Erden.

Durch die geistige Auffassung des Himmels unterscheiden sich die Christen von den Juden und Muhamedanern. Die [399] Juden fassen ihn grob materiell und denken sich im Himmel Alles colossal und in unnützer Fülle und Menge. Die Muhamedaner sind eben so materiell, aber feiner, und erwarten vom Himmel nichts als ausgesuchte Sinnengenüsse. Die Christen dagegen weisen alles Materielle aus ihrem Himmel hinaus, und halten auch selbst in der geistigsten Verklärung den eignen Genuss der Seligkeit nicht für das Erste, sondern verlangen eine Selbstentäusserung, um sich ganz nur in das Schauen und Lobpreisen Gottes zu versenken. Wenn irgend etwas den hohen Adel der christlichen Lehre bewährt, so ist es der Werth, den sie auf das Schauen Gottes legt, welches jede andere Seligkeit aufwiegt.

Die einfachste alttestamentalische Auffassung der himmlischen Seligkeit ist das Sitzen in Abrahams Schooss, das jedoch von der christlichen Kirche nur in den Lazarusbildern aufgenommen ist. Ein ebenfalls aus dem alten Testament entlehntes, wenn auch selten vorkommendes Sinnbild der Seligkeit ist der nach langen Leiden wieder zum höchsten irdischen Glück emporgehobene Hiob, thronend als König oder von seinen Kindern umringt bei der Mahlzeit sitzend. – Wie in der Hölle die Strafen der Verdammten sich nach den sieben Todsünden unterscheiden, so hat man auch die Seligkeiten im Himmel nach den sieben Werken der Barmherzigkeit unterschieden. So auf einem Bilde des Weltgerichts von Bernardin von Orley im Berliner Museum. Catal. von 1830, S. 161.

Indem man sich des allgemeinen Ausdrucks Himmel für den Aufenthalt der Seligen bedient, verwechselt man ihn oft mit dem Paradiese, welches ursprünglich nur die selige Wohnung der ersten Menschen bedeutet, aber auch als Garten gedacht wird, in welchen die Gerechten vor dem jüngsten Gericht kommen sollen, – desgleichen mit dem neuen Jerusalem, welches ausschliesslich der Aufenthalt der Seligen nach dem Weltgericht werden soll. Vgl. die Artikel Paradies und Jesusalem.