Christliche Symbolik/Herodias
die üppige Tochter des Königs Herodes, die durch ihren Tanz den Vater bezauberte und als er ihr eine besondere Gnade anbot, das Haupt Johannes des Täufers verlangte. Ihr eigentlicher Name ist Salome, doch wird sie gewöhnlich mit dem Namen ihrer Mutter Herodias genannt. Die neuern Maler pflegen sie in dem Augenblick zu malen, in welchem sie die Schüssel mit dem abgeschlagenen Haupt ihrem Vater bringt, und legen es darauf an, den leichenhaften Ausdruck in dem Kopfe auf der Schüssel mit der lebensfrohen Miene der Trägerin zu contrastiren. Viele, ja die Meisten, malen sie so unbefangen, als ob sie eine Schüssel mit Speise oder Obst brächte. Der grosse Titian hat seine eigne schöne Tochter als Herodias auf diese Weise gemalt und ganz dieselbe Figur in derselben Stellung auch wieder als Blumenmädchen, indem er nur das Haupt in der Schüssel in Blumen verwandelte. Ein vornehmes Mädchen kann sehr leichtsinnig seyn, auch einen Mord veranlassen, aber schwerlich ihm mit so viel Frohsinn anwohnen und ein abgeschlagenes Haupt so lustig dahertragen. Das ist gegen alles weibliche Gefühl. Daher muss der alte Maler in Siena gelobt werden, der die Herodias gemalt hạt, wie der Kopf ihr gebracht wird und wie sie vor demselben erschrocken und mit Ekel zurückfährt, während gleichwohl eine Befriedigung wegen des Erfolges in ihren Mienen zu lesen ist. Kunstbl. 1827, S. 208. [388] Das Mittelalter hat eine ganz wunderbare Sage von dieser Herodias ausgebildet. Die Königstochter soll nämlich, nachdem sie den Tod des Täufers verschuldet, gegen das schöne Haupt desselben in Liebe entbrannt seyn. Aber das Haupt, berichtet die Sage weiter, habe sich mit Abscheu von ihr abgewandt und sey durch die Luft vor ihr entflohen. Seitdem jage nun Herodias unablässig weinend dem „wehenden Johannishaupte“ nach, welches sie, so oft sie es erreicht, anbläst und dadurch zurückstösst. Reinardus p. 1139 f. Grimm, d. Myth. 261. Wahrscheinlich eine heidnische Vorstellung, die aus deutschem Volksglauben in die christliche Tradition überging. Unter Herodias oder Pharaildis dürfte nur eine deutsche Göttin, Frau Hilde, zu verstehen seyn. Indess macht Kopisch zu Dante S. 21. darauf aufmerksam, dass auch im 5ten Gesange der Hölle des Dante die Sinnlichen und Ueppigen durch ein rastloses Dahinstürmen bestraft werden.