<<< Heimsuchung >>>
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Heimsuchung.

Einige Zeit nach der Verkündigung verliess die heilige Jungfrau Maria ihre Heimath und begab sich zu ihrer ältern Freundin Elisabeth. Dieser Besuch (Heimsuchung) ist nicht blos als ein menschlicher Vorgang, sondern mit bestimmter Beziehung auf die Mission Gott des Sohnes zu erklären. Auch die menschliche, sogenannte natürliche Erklärung braucht keineswegs so weit zu gehen, wie Herder, welcher (zur Theologie IX. 37.) die Jungfrau schon rohen Verleumdungen in ihrer Heimath ausgesetzt seyn lässt, oder Olshausen (I. 53.), welcher die Vermuthung aufstellt, Joseph habe den Zustand seiner Braut bereits bemerkt und sich seines Rechts bedient, sie zu entlassen (nach 5. B. Mos. 24, 1.) Es genügt, dass Maria aus zarter Scham ihren Zustand nur einer Freundin bekennen wollte, die in demselben Zustande war. Die Heimsuchung hat aber hauptsächlich eine mystische Seite. Sofern der Sohn Gottes im jüdischen Volke Fleisch wurde und das Heil des Christenthums wie eine göttliche Flamme auf dem Herdaltar des Judenthums entzündet wurde, genügte es nicht, diesen Zusammenhang blos physisch durch die Genealogie Mariens und ihre Herleitung aus Davids Geschlecht auszudrücken; auch der Geist des alten mosaischen Gesetzes musste in einer würdigen Personification schon dem noch ungebornen Geist des neuen Bundes die erste Huldigung darbringen. Dem Judenthum gebührte hierin der Vorrang vor dem Heidenthum, und wenn dieses letztere später in der Personification der drei Weisen aus Morgenland dem eben gebornen Christo huldigt, so war dem Judenthum diese [380] Huldigung noch früher vergönnt in der Person der Elisabeth. Denn die Messiasidee, die durch das ganze alte Testament hindurchgeht, war gleich dem noch ungebornen Christo, und in ihr huldigte das Judenthum dem künftigen Christenthum. Dieses Verhältniss nun findet seinen Ausdruck darin, dass Elisabeth in dem gesegneten Leibe ihrer jungen Freundin den Messias erkennt, und dass sie die erste unter allen Sterblichen ist, die ihn anbetet, ehe denn er noch an's Licht der Welt getreten ist.

Elisabeth erkannte, dass Mariens Schooss den Heiland der Welt in sich schloss, und sympathetisch hüpfte ihr eignes Kind im Leibe vor Freude auf (oder kniete nach spätern Legenden im Mutterleibe nieder und betete das fremde Kind an). Elisabeth sprach zu der demüthig Zagenden: „Gebenedeit bist du unter den Weibern und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes. Selig bist du, die du geglaubt hast!“ Maria aber ging vom Kummer plötzlich in Freude über, und ihre Demuth erhob sich zu seligem Stolze: „Von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder, denn der Herr hat grosse Dinge an mir gethan.“ Ihrem Geiste werden plötzlich alle die alten Verheissungen klar, die Gott den Kindern Abrahams gegeben, und sie glänzt im Nimbus himmlischer Offenbarung. Die fromme Magd erscheint erhoben in die königliche Glorie des Stammes David, und schon liegt in dieser Entzückung die Ahnung der Himmelskönigin.

Die Kirche hat im Magnificat diesen herrlichen Lobgesang der Jungfrau zu dem Rang in der Kirchenmusik erhoben, der ihm gebührt.

Nur aus dieser mystischen Beziehung der beiden Testamente aufeinander durch die Messiasidee erklärt sich auch alles sonst Räthselhafte in dem Charakter des Täufers Johannes, worauf wir später zurückkommen. Elisabeth ist aufzufassen als der uralte fromme Glaube im Judenthum, ihr Mann Zacharias als das dem Glauben abgestorbene Siechthum des Volkes. Beide sind schon hochbetagt, wodurch das Alter des Volkes überhaupt ausgedrückt werden soll. Sie haben keine [381] Kinder, wodurch der hoffnungs- und zukunftslose Zustand der Juden unter den Römern bedeutet wird. Da verheisst dem Zacharias Gott der Herr noch im höchsten Greisenalter einen Sohn, wie einst dem Abraham, woraus die stellvertretende Bedeutung des Johannes für Abrahams Volk noch bestimmter hervorgeht. Diesmal aber ist die Spätgeburt nicht im physischen, sondern im geistigen Sinne zu verstehen; denn der verheissene Sohn ist nicht wie Isaak der physische Gründer eines neuen Volkes, sondern er ist der Täufer Johannes, durch den das Volk auf geistige Weise dem lange verheissenen und endlich erschienenen Messias zugeführt werden soll. Johannes repräsentirt das jüdische Volk in seiner endlichen Erhebung zur christlichen Potenz.

Zacharias glaubte an die göttliche Verheissung nicht, d. h. die Juden waren schon so überlebt, dass sie an den Messias, den sie so oft ersehnt, als er endlich wirklich kam, gar nicht mehr glauben wollten. Er verlangte ein Zeichen, da machte Gott ihn stumm und liess ihn nicht eher wieder reden, als bis er den Namen seines Sohnes aussprechen sollte. Elisabeth aber glaubte und war des Kindes froh, das sie unter dem Herzen trug. Sie hatte es sechs Monate früher empfangen, als Maria das ihrige. Daher tritt Johannis des Täufers Geburt genau ein halbes Jahr früher ein, als die des Heilands; jene zu Johanni in der Sommersonnwende, diese zu Weihnachten in der Wintersonnwende. Zu Johanni hat die Sonne ihren höchsten Lauf vollendet und sinkt von nun an. Bei allen heidnischen Völkern galt dieser Tag als Tod der Sonne. Zu Weihnachten aber beginnt die neue Sonne des Jahres; das war bei allen Heiden der Geburtstag der Sonne. Die Natur wird hier zum Bilde der Geschichte. Der Sinn ist, dass im Täufer Johannes, als dem letzten grossen Propheten, sich das Judenthum vollendete, um in Jesu Christo einer neuen Religion den Weg zu bereiten.

Auf Bildern der Heimsuchung hat Maria gewöhnlich ein grünes Kleid, in der Farbe der Hoffnung. Noch bestimmter ist die Farbensymbolik auf dem schönen Altarbilde von Hans [382] Baldung im Freiburger Dom, indem die Jungfrau hier ein weisses Kleid mit grünem Mantel trägt, die Farben der Unschuld und Hoffnung. Auf einem berühmten Bilde Raphaels in Madrid spiegelt sich das Grün auch in der Natur. Rings um die beiden Frauen her ist Frühling, ein neues Paradies. Vgl. v. Quandt, Reise in Spanien S. 247. Ein gewöhnliches Attribut der Maria auf Heimsuchungsbildern ist auch ihr Stroh- oder Reisehut und ein Wanderstab. Als ein unschicklicher Missbrauch einer ursprünglich gut gemeinten und naiven Symbolik ist das Bild aus der alten Kölner Schule im Berliner Museum (Catalog von 1830, S. 297.) zu betrachten, in welchem der Jungfrau das heilige Kind, mit Strahlen umgeben, auf den Leib gemalt erscheint. So findet es sich auch in der Kathedrale zu Chartres. Didron, annales I. 217, vgl. 222; auch dessen icon. p. 287. 291. Das zu Bogen an der Donau verehrte Muttergottesbild lässt sogar durch ein Glasfenster das geputzte Christkind im Innern des Leibes sehen.