<<< Glocken >>>
{{{UNTERTITEL}}}
aus: Christliche Symbolik
Seite: {{{SEITE}}}
von: [[{{{AUTOR}}}]]
Zusammenfassung: {{{ZUSAMMENFASSUNG}}}
Anmerkung: {{{ANMERKUNG}}}
Bild
[[Bild:{{{BILD}}}|250px]]
[[w:{{{WIKIPEDIA}}}|Artikel in der Wikipedia]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
[[Index:{{{INDEX}}}|Wikisource-Indexseite]]
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[339]
Glocken.

Das fromme Mittelalter sah in den Kirchenglocken nicht gerne nur todtes Erz, sondern legte denselben eine gewisse Persönlichkeit bei, als den Vorsängern und Administranten beim Gottesdienste, als den kirchlichen Wächtern über der Gemeinde. Die gewaltige Stimme der Glocke, immer nur ertönend im Dienste Gottes und zum Nutzen der Gemeinde, verlieh ihr nicht nur etwas Ehrwürdiges, sondern auch etwas Persönliches. Daher der unschuldige Gebrauch, bei der Einweihung der Glocken denselben auch einen Namen beizulegen, was man doch nur uneigentlich eine Taufe nennen und als gottlosen Aberglauben bekämpfen konnte, wenn man nur in den Schranken der Symbolik blieb. Die sogenannte Glockentaufe, wie sie noch in der katholischen Kirche geübt wird, ist rein sinnbildlich, und sieht in der Glocke nicht einmal eine Persönlichkeit, sondern nur das Symbol des göttlichen Wortes, verkündet in der Stimme des Priesters. Die Waschung der Glocke bedeutet die Reinigung der Lehre; das weisse Linnen, womit sie getrocknet wird, die Alba des Priesters, die Räucherung mit Weihrauch die Vertreibung der Dämonen oder alles Unreinen und Gemeinen; die siebenfache Salbung die sieben Gaben des Geistes. Vgl. Rippel, Alterthum der Cäremonien S. 541. Kreuser, Kirchenbau I. 566. Die Unpopularität der Glockentaufe, wie sie sich z. B. im [340] Jahre 1522 in den Beschwerden beim deutschen Reichstage zu erkennen gab, bezog sich auf die Missbräuche der Pathengeschenke, aus denen verdorbene Bischöfe und Priester einen Tribut gemacht hatten.

Liegt nun auch in der Symbolik der kirchlichen Glockenweihe nichts, was den Glauben an eine Persönlichkeit der Glocken voraussetzen und als Superstition bezeichnen liesse, so fasste doch der poetische Volksglaube jenes Persönliche auf. Wahrscheinlich gab die Furcht der Heiden vor den Glocken die erste sehr unschuldige Veranlassung dazu. Wo die ersten Kirchenglocken durch die Wälder des heidnischen Deutschland, England, Skandinavien tönten, glaubten die erschrockenen Heiden die Stimme eines neuen unbekannten Gottes zu hören, vor dem ihre alten Heimathsgötter fliehen müssten. Der allgemeine Glaube im nördlichen Europa, dass durch den Ton der Glocken die Teufel und insonderheit auch die Gewitter, Hagel etc. vertrieben würden, stammt ohne Zweifel daher. Der heidnische Donnergott (Thor) war vom Volk am meisten verehrt, als der mächtigste; aber auch er musste mit seiner Donnerstimme der Glockenstimme des Christengottes oder seiner Engel weichen. Wahrscheinlich wurden die ersten Gewitterglocken geläutet, um die Neubekehrten von der Angst zu befreien, Thor nahe im schrecklichen Gewitter, um sich an ihnen wegen ihrer Bekehrung zu rächen. In viel spätern Zeiten hegten die heidnischen Indianer in Peru, als sie die ersten Glocken der spanischen Einwanderer hörten, vor denselben die nämliche Furcht. Vgl. Allg. Historie der Reisen IX. 26. Auf der grossen Glocke zu Erfurt steht geschrieben: Ich heisse Susanna und treibe die Teufel von danna. Auf einer in Stuttgart: Osanna heiss ich, der böse Feind flieht mich. In Otte's Kunstarchäol. 89 f. sind viele ähnliche Inschriften erwähnt: Fulgura frangonoxia frangoCampana depellat singula vana etc. Das schwäbische Sprichwort: „Katharina und Susein treiben die Wetter über den Rhein“ bezieht sich gleichfalls auf die Glocken. Klunzinger in seiner Geschichte d. Zabergaus S. 61 [341] erwähnt dazu einer Glocke zu Bönnigheim, die von den Einwohnern vergraben wurde, damit sie nicht den Raubhorden Melacs in die Hände fallen möchte, die man aber, als heftige Gewitter kamen, rasch wieder ausgrub und läutete. Afzelius, schwed. Volkssagen III. 195, berichtet, die Schweden hätten in ihrem ganzen weiten Lande keinen Platz übrig lassen wollen, wohin nicht das Glockengeläute dränge (um überall die heidnischen Dämonen zu vertreiben), darum hätten sie auch an ganz abgelegenen einsamen Orten sogenannte wüste Kirchen errichtet, d. h. nur eine Art Glockenthürmchen.

Zuweilen kommt in den Sagen die Sitte vor, lebendige Ottern in den glühenden Glockenguss zu werfen; dann werden die Ottern aus der ganzen Gegend, so weit die Glocke tönt, verbannt. So heisst es von der Glocke der Marienkirche in Stargard. Temme, Volkssagen aus Pommern Nr. 269. So von einer Glocke zu Bernau, dessen Volkssagen der Altmark S. 113. Kuhn, märk. Sag. Nr. 162. Hiebei muss man wohl an den heidnischen Schlangencultus denken. Wie heilig die Glocken geachtet wurden, erhellt auch aus dem Hexenglauben. Die Hexe verschreibt sich dem Teufel, indem sie etwas Metall von einer geweihten Glocke abschabt und in’s Wasser wirft mit den Worten: „So wenig dies Metall sich je wieder mit der Glocke vereinigt, so wenig meine Seele je wieder mit Gott.“ Aus dem berüchtigten Hexenprozess zu Mora in Schweden.

Wie nun die durch die Glocken vertriebenen Donner- und Wettergötter, Götzen und Teufel vom christlichen Volk noch persönlich aufgefasst wurden, so wurde hinwiederum von den Heiden die Glocke wegen ihrer mächtigen Stimme als ein persönliches Wesen, als der neue Gott selbst oder ein Dämon in seinem Dienste gedacht.

Der Volksglaube, dass den Glocken ein vom Menschen unabhängiger Geist und Wille inwohne, immer aber im Dienste des höchsten göttlichen Willens, kehrt sehr häufig wieder in den schönen Legenden und Volkssagen vom freiwilligen Läuten der Glocken, welches erfolgt, ohne dass [342] ein Mensch sie anrührt. Den grössten Ruhm genoss in dieser Beziehung die Glocke zu Villila in Aragonien, die jedesmal von selbst läutete, wenn Spanien ein grosses Unglück bevorstand. Nieremberg, hist. rat. p. 391. Francisci, höll. Proteus S. 1033. Gräfin d'Aunoi, Reise in Spanien I. 96. Eine Glocke zu Avignon soll jedesmal geläutet haben, wenn ein Papst sterben sollte. Berkenmeyer, kur. Antiqu. I. 141. Eine Glocke zu Roquemador in Frankreich läutete von selbst, so oft Jemand auf dem Meer in Gefahr schwebte. Gumppenberg, marian. Atlas I. 55. Eine Glocke läutete von selbst bei der Geburt des Johannes de Deo. Acta SS. zum 8. März. Noch viel öfter melden die Legenden, die Glocken hätten von selbst geläutet beim Tode eines Heiligen, worüber man nur die Register der Acta SS. s. v. campana nachschlagen darf, um der Beispiele in Menge zu finden; so wie Bagatta, admiranda V. 6.

Weil die Glocken in der geschlossenen Zeit vor Ostern verstummen, glaubt das Volk in Frankreich, sie pilgern nach Rom, wo alle Glocken einen Tag lang im Jahre versammelt seyen, um den heiligen Vater zu sehen. Dies gab dem Zeichner Grandville Anlass, in dem Journal l’Illustration 1845, S. 53. die Reise der Glocken nach Rom launig zu skizziren.

Oefters kommen in den Legenden auch Glockentöne vor als Stimmen aus dem Himmel, die von Heiligen gehört werden, wo weit und breit keine Kirche zu finden ist. So pflegten unsichtbare Glocken den heiligen Papst Cölestinus zum Gebet zu wecken. So hörte St. Hymerius himmlische Glocken; desgleichen die Mutter des heiligen Gaucherius.

Dem stolzen Papste Bonifacius VIII. träumte, er sehe eine die ganze Welt umspannende Glocke, aber ohne Klöppel. Da sagte ihm der fromme Mönch Jacoponi: „Die Glocke bist du selbst, weil du eine ungeheure Macht hast, aber keinen guten Willen." Görres, Gesch. d. Mystik II. 165.

Wie dem Reiche Gottes überhaupt ein Reich des Teufels äffisch gegenübersteht, so auch insbesondere eine Teufelsglocke [343] der geweihten Kirchenglocke. So lange eine gegossene Glocke noch nicht getauft war, galt sie als dem Teufel zugänglich (gleich dem ungetauften Kinde). Die Glocke zu Dendermonde klang nicht, bis sie getauft wurde, wobei der Teufel mit grossem Krachen und Gestank ausfuhr. Wolf, niederl. Sagen Nr. 463. Eine vom Teufel besessene Glocke zu Hof im Vogtlande gab einen fürchterlichen Klang von sich, vor dem sich Jedermann entsetzte. Döbenek, Volksglauben I. 163. – Auch kommen Teufelsglocken vor, die von Zauberern durch Bewältigung geheimer Naturkräfte verfertigt werden.

In den geheimen Unterredungen von der Magie 1702, S. 136 f. wird die Mischung aller sieben Metalle Electrum genannt. Eine Glocke davon soll der Zauberer Virgilius besessen haben von einem so schrecklichen Ton, dass Jeder ausser sich gerieth, der sie hörte; weshalb er sich den Spass zu machen pflegte, allemal wenn eine Buhlerin über eine gewisse Brücke ging, zu läuten, wodurch sie so erschreckt wurde, dass sie sich sogleich in’s Wasser stürzte. Alle sieben Planetengeister, die zugleich die Elementargeister sind, werden durch die Glocke herbeigerufen. Wenn man auf die Glocke gewisse Charaktere von Thieren grabe, so kann man, sagt jenes Buch weiter, auch diese Thiere herbeirufen und z. B. Schlangen und Mäuse alle auf Einen Fleck bringen und vertilgen. – Theophrastus Paracelsus goss sich aus sieben Metallen bei einer gewissen günstigen Constellation der sieben Planeten, denen diese Metalle zugeordnet sind, eine Glocke, die dadurch eine solche magische Kraft bekam, dass man, wenn man sie anschlug, durch ihren Ton alle Geister der Metalle zwingen konnte, zu erscheinen. (Aus dem kleinen Buch: 138 Geheimnisse.)

Von dämonischer Art ist auch die Lügenglocke zu Gent in einem Nonnenkloster, die allezeit entweder zu früh oder zu spät läutet. Wolf, niederl. Sagen Nr. 531.