Christliche Symbolik/Ehe
Dass die alte Kirche die Ehe zu einem Sakrament erhob, hängt auf’s Genaueste mit ihrem Grundsatz zusammen, das Naturleben christlich zu weihen. Der Protestantismus glaubte dagegen, die Kirche ziehe zu viel Natur in sich hinein und nahm der Ehe die sakramentale Bedeutung wieder, wodurch sie allerdings profanirt und ein lüderliches System von leichten Scheidungen begründet worden ist.
Ehen dürfen nicht vollzogen werden in der geschlossenen Zeit, d. h. in der Fasten und in den Buss- und Trauerzeiten der Kirche. Das Symbol der gegenseitigen Angelobung ist der Ringwechsel zwischen Bräutigam und Braut. Der Ring hat die Bedeutung der Bindung. Der Kranz, den ehemals der Bräutigam wie die Braut trug, ist die Krone der Jungfräulichkeit. Wer nicht mehr rein war, durfte dieses Ehrenzeichen nicht tragen. Zum Handschlag, den sich die Verlobten vor dem Altare geben müssen, kommt in der katholischen Kirche noch die kreuzweise Bindung ihrer Hände mit der priesterlichen Stola. Eine Menge Hochzeitsgebräuche scheinen aus dem ältern Heidenthum als unschuldig oder feinsinnig im Christenthum beibehalten worden zu seyn. So das Bestreuen des Brautpaars mit Waizen oder das Austheilen von Brodt, als Sinnbild der Fruchtbarkeit. Der sogenannte Johannistrunk, den man den Brautleuten reicht (Rippel, Alterth. der Cäremonien S. 415), wird zwar auf das in Wein verwandelte Wasser auf der Hochzeit zu Cana bezogen, scheint jedoch mit dem altheidnischen Minnetrinken zusammenzuhängen. Nicht zu gedenken zahllosen Hochzeitsaberglaubens, der offenbar schon bei den Heiden üblich war.
Die Monogamie, die den Christen nirgends gestattet, zugleich mehr als Ein Weib zu haben, und die den Katholiken [225] sogar keine Wiederverheirathung erlaubt, wenn das erste Ehegespons noch lebt, ist die schönste und edelste Auffassung der Ehe, alle andern, Polygamie, Polyandrie, so wie auch der Leichtsinn des Ehewechsels in der protestantischen Kirche sind unwürdiger. Der Mensch soll in dem, mit dem er sich ehelich verbindet, nicht blos die Befriedigung thierischer Naturtriebe, noch auch irdische Vortheile suchen, sondern ihn als Glied der Kirche, als mitbegriffen in der Gemeinschaft der Heiligen betrachten, und in den Rechten, die er im Ehegenossen ehrt, die eigene Würde spiegeln.
Eine seltsame Auslegung des: „Die Ehen werden im Himmel geschlossen,“ findet sich in der hist. Jeschnae Nazareni. Jesus und Petrus wandern und wissen den Weg nicht. Sie fragen einen faulen Schäfer, der nur den Fuss aufhebt und ihnen damit die Richtung weist. Dann eine fleissige Schäferin, die mit ihnen geht, bis sie nicht mehr irren können. Nachher gibt Jesus ihr den Segen, dass sie den faulen Schäfer heirathen soll. Petrus findet das ungerecht; Jesus aber erwidert: Sie wird ihn selig machen, der sonst durch seine Trägheit in’s Verderben käme. Ich aber bin der barmherzige Gott, der Ehen stiftet nach den Werken der Menschen. Vgl. Schmidt, discipl. cler. S. 146.
Im Kirchenjahr ist den ehelichen Beziehungen ein eigner Zeitraum besonders geheiligt und vorbehalten, vom 16. bis 23. Januar. Unmittelbar vorher sind die meisten Tage von Epiphania an den heiligen Einsiedlern und Asceten gewidmet, in denen die Heiligkeit des jungfräulichen Standes verherrlicht erscheint. Um aber das Gleichgewicht herzustellen und auch die Heiligkeit des Ehestandes und des häuslichen Lebens darzulegen, sind die folgenden Tage, der 16. Januar der heiligen Concordia, der 19. dem Marius und der Martha, einem musterhaften Ehepaar, der 20. dem Fabian und Sebastian, als Patronen der Fruchtbarkeit, der 21. der keuschen Agnes, der 23. dem Verlobungsfest der heiligen Jungfrau Maria gewidmet, und das Sonntagsevangelium betrifft die Hochzeit von Cana. Vgl. Strauss, Kirchenjahr S. 146 f.