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Blut,

Sinnbild des Lebens und der Seele. 3. Mos. 17, 14. 5. Mos. 12, 23. Die Juden durften kein Blut essen, weil sie sonst die Seele gegessen hätten. Wer Blut vergiesst, dessen Blut soll wieder vergossen werden. Blut schreit[WS 1] zum Himmel. Der persönliche Lebensgeist klagt im Blut den Mörder an. Vgl. Herder zur Theologie I. 219. v. Bohlen, Genesis 97. Josephus, arch. I. 3, 8. Das Baarrecht des Mittelalters beruht auf diesem Glauben. Man führte den des Mordes Verdächtigen zur Leiche und wenn deren Blut von Neuem floss, sah man es als Beweis an.

Daher ist das Blutopfer das Edelste. Daher vergiesst der menschgewordene Gott selber sein Blut für die Sünde der Menschen. Und daraus folgt wieder die Heiligkeit des Blutbundes. Der Genuss des Blutes im Abendmahlswein schliesst einen Blutbund, das Eingehen einer Blutverwandtschaft in sich, die eine Gemeinschaft der Seelen ist. Die Bluttaufe der Martyrer oder der Blutzeugen ist eine [144] Nachahmung des göttlichen Opfertodes, in dem Sinne, wie die Helden und Getreuen ihrem Führer in den Tod folgen, zugleich aber auch eine Aufnahme in den höhern Blutadel der Heiligen. – Diese Symbolik wiederholt sich auch auf der Nachtseite des teuflischen Cultus. Wie der Blutbund mit Gott durch das vergossene Blut der Martyrer und durch den Genuss des allerheiligsten Opferblutes geschlossen wird, so geht auch der Gottlose den Bund mit dem Teufel nur ein, wenn er sich demselben mit seinem Blute, d. h. mit seiner Seele, verschreibt.

Vom Blute Christi zuerst. Sein Hauptsinnbild ist der Wein, sodann der seine Jungen mit eignem Blut tränkende Pelikan. Vom Blut und nicht blos vom Purpur der königlichen Würde ist auch die rothe Farbe am Gewande des Heilandes herzuleiten. Indem aber Roth die Farbe der Liebe ist, drückt es zugleich die Liebe aus, die Gott den Menschen bewies, indem er sich für sie opferte. — Zum Beweise, dass im Abendmahl der wirkliche Leib und das wirkliche Blut Christi empfangen werde, und zweitens auch zum Beweise, dass die Laien in der Hostie zugleich Leib und Blut des Heilandes genössen und des Kelches nicht bedürften, bluteten nach den Legenden häufig die Hostien in der Hand solcher Heiligen und Priester, die gewürdigt wurden, die Zweifler durch das Wunder zu bekehren. Vgl. den Art. Hostie. An vielen Orten wird „heiliges Blut“ Christi als Reliquie auf bewahrt. Zu Willisau bei Luzern fiel es vom Himmel, als ein Spieler, der Alles verloren hatte, den Dolch gen Himmel schleuderte, um Gott zu treffen. Murner, Helvetia sancta p. 342. Zu Waldthürn in Franken fielen durch Ungeschick des Priesters beim Abendmahle Tropfen Wein auf das Corporale und sogleich zeigten sich auf demselben das Christusbild und umher noch eilf Christusköpfe, nach der Zahl der Tropfen. Man wallfahrtet dahin, und rothe Seide, womit man das Corporale berührt hat, wird weit und breit als Heilmittel gegen Blutkrankheiten gebraucht. Journal von und für Deutschland I. 338. Das heilige Blut in Weingarten [145] am Bodensee soll durch den Römer Longinus, der den Heiland in die Seite stach, aber bekehrt und ein Heiliger wurde, nach Deutschland gebracht worden seyn. Es wird je zu Himmelfahrt feierlich um die Felder getragen, um denselben Segen zu bringen, wobei der Blutträger auf einem weissen Rosse reitet und von oft mehr als tausend bewaffneten Reitern begleitet wird. Oberamtsbeschreibung von Ravensburg S. 139. v. Tettnang S. 133. E. Meier, schwäb. Sagen S. 400. — Blut des Heilandes wird auch in Mantua bewahrt, wohin es gleichfalls Longinus gebracht haben soll. Millin, Lombardei II. 461. Desgleichen vormals zu Wilsnack in der Mark (Ludeci, Geschichte des heiligen Blutes 586; Palacki, böhm. Geschichte III. 216). Ein Tropfen soll im Handschuh des Nicodemus nach Rupella gekommen seyn. Auch Heiligenblut unter dem Berge Glockner hat den Namen vom Blut des Heilandes, welches der heilige Briccinus dahin gebracht haben soll. Schaubach, Alpen V. 45.

Der dunkle Fleck auf dem Blatte des polygonum persicaria wird vom Blute Christi hergeleitet. Regensburger Flora 1835, I. 272.

Nach 1. Joh. 1, 7, Ebr. 9, 14 und der Offenb. Joh. 7, 14 werden die Gerechten ihre Kleider weiss waschen im Blute des Lammes. Dieses Bild und das der Seitenwunde des Heilandes spielt eine grosse Rolle im Gesangbuch der Herrnhuter. Die fromme Poesie spielt hier etwas zu viel mit dem Blutsymbol und gefällt sich, gleichsam in Blut zu baden.

Auch am Blute der Heiligen geschahen viele Wunder. In Neapel dient das Blut des heiligen Januarius als Orakel; wenn es in der Hand des Priesters flüssig wird, zeigt es der Stadt Glück an. Daselbst befindet sich auch Blut Johannes des Täufers, welches flüssig werden soll, wenn es seiner Rippe nahe gebracht wird. Mayer, Neapel II. 857. Der heilige Cletus warf einem tyrannischen Fürsten vor, er sauge dem Volke das Blut aus, und brach zum Beweis ein Geldstück entzwei, aus dem Blut floss. Der heilige Spensippus wurde in seinem eignen Blute getauft. Acta SS. 17. Januar. Als [146] der heilige Polycarpus lebendig verbrannt werden sollte, löschte das Feuer von seinem Blute aus.

Ein Priester verrieth das Beichtgeheimniss, brachte dadurch den beichtenden Mörder auf's Blutgerüst, glitt aber selber im Blute desselben aus und brach den Hals.

Der Blutzauber ist meist ein Blutopfer, in edler Hingebung dargebracht, z. B. um unheilbare Kranke damit zu heilen. Vgl. den Art. Aussatz. Aber auch ein Opfer fremden Blutes zu ruchlosen Zwecken. So glaubte man im Mittelalter, die Juden schlachteten Christenkinder, um mit dem unschuldigen Blute derselben Zauberei zu treiben. Constantin der Grosse soll im Blute junger Kinder gebadet haben, um sich vom Aussatz zu reinigen, aber erst durch die Taufe geheilt worden seyn. Bunsen, Beschreibung von Rom III. 1. 538. Hieher gehört mancherlei Aberglaube, der auch schon im heidnischen Alterthum geübt wurde, z. B. die Anwendung des Blutes bei Liebeszauberei, beim Giessen von Freikugeln etc.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Berichtigung Band II. In der Vorlage: 'steigt'