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Autor: Karl Wilhelm Mittag
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Titel: Der Butterberg
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aus: Chronik der königlich sächsischen Stadt Bischofswerda, Seiten 611–616
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Erscheinungsdatum: 1861
Verlag: Friedrich May
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Erscheinungsort: Bischofswerda
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Der Butterberg.

Woher dieser Name? Gewiß nicht von dem Producte, das früher gemessen und jetzt gewogen und dabei von Jahr zu Jahr theurer wird, obgleich es eine neuere Sage giebt, welche die Entstehung des Namens nachweisen will, die aber mehr nach der Erklärung eines erfinderischen Kopfes schmeckt. Der Name ist jedenfalls wendischen Ursprungs. Die alten Sorben hatten einen Gott des Frühlings oder, wie man auch meint, des Sonnenaufgangs, Jutrow geheißen. Wie sie den Namen ausgesprochen, läßt sich jetzt kaum mehr bestimmen. Die jetzigen Wenden nennen die Butter Butro. Was bei den alten Germanen die Gottheit Ostar war, war Jutrow bei den alten Sorben. Beide Götter haben einigen Höhen und Dörfern ihre Namen gelassen; daher findet man mehrere Butterberge, d. h. Jutrowberge, woraus die Wenden Butro-, die Deutschen Butterberge machten. Ein Berg nördlich von Bischofswerda gelegen, aus Granit, durch Grünstein gehoben, bestehend, wie alle Berge unserer Gegend, führt den Namen Butterberg. Er gehört zu dem von der Stadt 1544 für 5200 Gulden erkauften Rittergute Pickau, wurde früher größtentheils zur Schafhutung benutzt, ist aber, seitdem die Verwaltung des Rittergutes aufgegeben wurde, 1835 mit Wald bepflanzt worden und wird in 30–40 Jahren einen stattlichen Anblick gewähren; denn ist auch der hiesige Waldboden nicht zur ersten Classe zu rechnen, so ist er doch in den tiefern Theilen des Berges für Kiefern und in den höhern, wo der Fels theils zu Tage geht, theils mehr oder weniger Zolle unter der Bodendecke sich findet, für Fichten wohl geeignet. Im Sommer 1859 begann man auf dem Berge einen Thurm und eine Restauration zu bauen, die 1860 im Herbste vollendet waren. Der Butterberg hat ungefähr 1200 Fuß Seehöhe, und ist nach 3 Seiten hin, nach Süd, Ost und West, von nahen höheren Bergen begrenzt. Die Aussicht von ihm kann also auch keine unbeschränkte, wie die vom Falkenberge, sein; sie ist aber nach 3 Seiten hin so freundlich und interessant, daß mancher Besucher Denen dankbar sein wird, die in einer geweihten Stunde den Plan zur Erbauung des Thurmes faßten, der hier zur Gewinnung einer Fernsicht ebenso nothwendig war, wie auf allen unsern bis zur Kuppe mit Holz bestandenen Bergen. Die Localitäten, sowie die Erbauung und Herstellung des Platzes vor denselben sind auf Kosten der Commun Bischofswerda entstanden. Die Restauration wurde am 20. November 1860 zum ersten male an einen Wirth verpachtet, der [612] zugleich die Einnahme vom Besuche des Thurmes hat, wofür Billets à 1 Ngr. ausgegeben werden. Der Thurm ist eben so hoch, wie der auf dem Falkenberg, aber von geringerem Umfange, und wie das an ihm angebaute Restaurationsgebäude aus Granit des Butterberges erbaut; die größeren behauenen Werkstücken zu den Thürpfosten lieferten die Schmöllner Steinbrüche, den Sandstein die Elbgegend.

Wir gehen nun zu der Fernsicht über, die der Thurm bietet, und fassen dieselbe von 8 Punkten, den 4 Ecken und der Mitte der 4 Seiten des Thurmes, auf. Die Aussicht kann nach Lage und Höhe des Berges der auf dem Falkenberge nicht gleichkommen, dazu fehlt hier der weite Horizont, auch verbirgt gerade der Falkenberg mit seinen Nebenhöhen das prächtige böhmische Gebirge; doch ist dieselbe außerordentlich freundlich und liefert nach Osten hin ein liebliches Landschaftsgemälde, wie es der Künstler sich wünscht; ein freundlicher, durch Dörfer, Busch und Feld gebildeter Vorder- und Mittelgrund, höher und immer höher sich thürmende, hintereinander aufsteigende Berge im Hintergrunde mit wechselnden Formen erfreuen den Beschauer. – Stellen wir uns an die nord-östliche Ecke und schauen über die Dörfer Uhyst am Taucherwalde, Taschendorf, weiterhin über das katholische Dorf Crostwitz, Königswartha und Neschwitz, so ruht der Horizont auf der großen Ebene, die am Fuße des Butterberges beginnt und sich sanft senkend nach der Ostsee hin verläuft und zwar in folgenden Fallverhältnissen: Bautzen liegt 600 Fuß über der Nordsee, Hoyerswerda 400, Berlin 200 Fuß. Vom Butterberge aus sehen wir von dieser durch das ganze nördliche Deutschland sich erstreckenden Ebene nur einige Waldungen der Ober- und Niederlausitz an der sächsisch-preußischen Grenze, die ihren Ueberfluß an Holz auch nach Bischofswerda liefern. Das Gesicht etwas rechts gewendet, erblicken wir über Pohla, Stacha nach der Höhe bei Salzförstchen und Großwelka, die Wiewalce, links gewendet sehen wir über das schöne katholische Kirchdorf Rosenhain nach Wittichenau und Hoyerswerda.

Wir treten links an den mittelsten Stein der Brustmauer und richten den Blick gerade nach Nord. Ueber Niederburkau liegt das 1264 gegründete Cistercienser-Nonnenkloster Marienstern. Sein Thurm sitzt auf dem Dache der großen, 1860 kostbar restaurirten Kirche. Die ganze Landschaft mit zahlreichen, in fruchtbarer Pflege liegenden Dörfern war dem Kloster lehnpflichtig; sie ist wohlhabend und nach dem Grundsatz: cujus regio ejus religio (weß das Land, deß der Glaube), katholisch. Etwas links über den Burkauer Fluren liegt [613] das Klosterdorf Säuritz am Leipzig-Berge, der jedenfalls von lipa, die Linde, so genannt ist.

Wir schreiten weiter nach links, stellen uns an die nord-westliche Ecke und erblicken eine Berglandschaft. Ueber den bewaldeten Rücken des Butterberges schweift der Blick von dem Burkberge bei Oberburkau über den Gebirgskamm, der einst die Lausitz von Meißen schied und eigentlich aus zwei Bergreihen besteht, von denen die nördliche von dem Burkberge, dem Rammenauer Berge, dem Hochstein und Steinberg gebildet wird, bei Rehnsdorf aufhört und sich im Schwarzenberge, Heiligenberge, Walberge und Hutberge bei Kamenz fortsetzt. Die andere südliche Bergreihe enthält den Louisenberg bei Rammenau, den Ohornberg mit Häuschen, den Berg bei Obersteina und im fernen Hintergrunde den Keulenberg oder Augustusberg, der ganz isolirt steht und ebenfalls Mauerwerk sehen läßt. Mit einer Achtelwendung nach rechts sehen wir die drei Kirchen zu Burkau, Elstra und Kamenz eine gerade Linie bilden. Ganz im Hintergrunde auf der großen Ebene streicht ein niedriger Höhenzug von Ost nach West: es ist das Ufer der schwarzen Elster, an dem bei günstigem Wetter die Stadt Senftenberg sichtbar wird.

Wiederum links schreitend zu der nach West gerichteten Mitte der Brustwehr, blicken wir über Rammenau, dessen Rittergut dem Grafen Hofmannsegg gehört, über Schaudorf und die hohe Linde bei Frankenthal nach der malerisch sehr unbedeutenden Radeberger Gegend.

Sehr interessant ist die Aussicht von der südwestlichen Ecke des Thurmes. Hier öffnet sich dem Blicke eine sehr schöne Gegend; Geißmannsdorf im Vordergrunde, darüber die drei Thürme der ehemaligen Bergfeste Stolpen, des Wohnsitzes der letzten Meißner Bischöfe. Zwischen Stolpen und der „schönen Höhe“ bei Dittersbach hat die Wesenitz einen Einschnitt in das das östliche Elbufer begrenzende Granitgebirge gemacht, durch den man, wenn auch nicht die Elbe, so doch den Dampf der dieselbe befahrenden Dampfschiffe gewahrt. Den Hintergrund bildet das sächsische Erzgebirge, das sich vom Mückenthürmchen bei böhmisch Voigtsdorf und von dem böhmischen und sächsischen Zinnwald und dem Geising nach Frauenstein u. s. w. bis zu dem Wilisch bei Kreischa hin abdacht, welche Punkte sämmtlich zu erkennen sind.

Zwei Schritte nach links stellen uns genau in die Richtung nach Süd. Da liegt Pickau, das zu Bischofswerda gehörende Rittergut, die Stadt Bischofswerda, dahinter der Rüdenberg, von Unkundigen das Rehwäldchen [614] genannt, welch letzterer Name aber dem rundgebauten, zum k. Reviere Seeligstadt gehörigen Berge zwischen Großdrebnitz und Lauterbach zukommt. Den Horizont schließt der Schneeberg bei Tetschen, neben dem links ein steiler Fels, der große Tschirnstein, die sächsische Schweiz nach Süden hin abschließt, von der man bei hellem Wetter einige Berge: den Lilienstein, Königstein und Pabststein gewahrt.

Von der süd-östlichen Ecke aus überschauen wir einen sehr beschränkten Horizont. Es zeigt sich der Gasthof zum goldnen Löwen, weiterhin Schmölln mit Staupitz, etwas rechts Belmsdorf mit dem kleinen, seines Steinbruchs wegen aber merkwürdigen Berge, Putzkauer Häuser und der Falkenberg, der von hier als Beherrscher der Gegend sich darstellt. Rechts, etwas entfernter, sehen wir den langgestreckten Unger hinter Neustadt mit dem Rugiswalder Bergrücken; links vom Falkenberg ragt über die sich an ihn anschließenden Höhen die Spitze der Lausche hervor.

Den Preis der Schönheit trägt die Aussicht von der gerade nach Ost gerichteten Mitte davon. Sie bietet sich sofort beim Heraustritt aus der Thüre des Treppenhäuschens dar. Grade vor uns über das Dörfchen Kynitzsch und eines oft vom Dampfe des Eisenbahnzuges belebten Wäldchens erheben sich die Berge zwischen Hochkirch, das man deutlich sieht, und Kunewalde, das sich uns verbirgt, der Thronberg, der thurmgekrönte Czorneboh, der Stein bei Dehsa und ein Berg bei Lauba; richten wir uns etwas rechts, so zeigt sich der Gaußiger Thurm, Arnsdorf, Sorau auf dem Berge gleiches Namens und zwischem diesem und dem Püchow in größerer Entfernung der Bielaboh bei Beyersdorf, neben dem wiederum ganz hinten der breite Rücken der Tafelfichte die Richtung angiebt, in welcher das Riesengebirge zu suchen ist. Wenden wir uns links, so liegt zu unsern Füßen das zu Pohla gehörende Schönbrunn, darüber hin das alte Göda, das erste christliche Dorf der Oberlausitz, die Stadt Bautzen, stattlich mit hohem Schloß und vielen Thürmen geschmückt, dahinter das Dorf Gröditz und die Stadt Weißenberg. Den Horizont schließt links der Dubrauer Berg in der preußischen Oberlausitz mit dem Dorfe Groß-Radisch und rechts die Königshainer Berge unweit Görlitz. Hinter Hochkirch erscheint bei sehr klarer Luft das eine Horn der Landeskrone mit dem Thürmchen.

Zum Butterberge gehört der Scharfenberg, nach Osten gelegen, durch eine sehr unbedeutende Senkung von ersterem getrennt. Die Aussicht von demselben ist ziemlich dieselbe wie vom Butterberge. An einem Fuße liegt ein waldiges Thal und in demselben eine Wiese [615] mit dem Schusterborn, der letzten Erinnerung an ein Dorf, Teupitz genannt, dessen als wüste Mark Teupitz gedacht wird, angekauft von der Stadt zugleich mit Pickau. An keinem Orte der Umgegend erschallt der Chor der Vögel so vollstimmig, nirgends sammeln sich im Frühjahr deren so viele und verschiedene, als in diesem geschützten, wenig betretenen Thale. Der Grundfels, aus dem beide Berge bestehen, ist gelb gefärbter, verschieden gekörnter Granit, untauglich für Steinmetzarbeiten; gespalten, springt er unregelmäßig und zeigt sehr verschiedene Härte. Beide Berge, wie alle Höhen der Umgegend, wurden durch Grünstein gehoben, hier ein schieferblauer, sehr fester und feinkörniger Stein, hauptsächlich zum Chausseebau verwendbar. Wie durch alle unsere Berge, so ziehen sich auch durch den Butterberg, Quarzadern mit Erzspuren, weswegen man auch in Zeiten, wo die Gesteinkunde noch in der Kindheit lag, bald auf Silber, bald auf Gold baute, ohne Metalle zu finden. Die Erzspuren sind vorherrschend Eisen, aber ihrer Armuth wegen nicht bauwürdig.

Da der Butterberg nordwärts von der Stadt liegt, so ist die 1859 gebaute Kamenzer Chaussee der natürliche Weg, den wir etwa 10 Minuten lang verfolgen. Eine einsame Linde rechts ist der Wegweiser, der uns auf einen der Aussicht wegen empfehlenswerthen Weg nach dem Berge führt. Pickau bleibt dem Wanderer links liegen; eine Höhe, mit einer Laube aus Linden gekrönt, bietet nach Stolpen und Bautzen hin eine schöne Aussicht. Dahinauf führt eine 1857 angelegte Kirschbaumallee, hinab nach dem Stadtwalde ein Fahrweg zwischen Feldern, die theils zu Pickau und theils nach Schönbrunn gehören. Der Eingang in den Wald hat den Namen Kuhkirchhof, und zeigt sehr gesundes Holz, links Kiefern, rechts Fichten. Der Aufstieg auf den Berg ist nicht anstrengend und erfolgt in der bereits erwähnten Einsenkung zwischen dem Butterberge und Scharfenberge. – Um dem zweiten Wege zu folgen, benutzen wir von Bischofswerda aus die Chaussee bis ziemlich an die ersten Häuser von Geißmannsdorf, lassen das Forsthaus links und wenden uns hinter demselben kurz vor einem Gehöfte rechts. – Ein dritter Weg, in der Mitte dieser beiden, führt von dem Dörfchen Pickau aus, gerade auf den Thurm zu und ist zugleich für die den Berg Besteigenden der bequemste, auch zum Fahren eingerichtet. Auf allen 3 Wegen erreicht man die Höhe von der Stadt aus bei gewöhnlichem Schritte in ¾ Stunden.

Von Burkau führt ein Fahrweg vom Gericht des Oberdorfes aus nach Pickau. Im Walde biegt ein Fußweg nach dem Butterberge ab, der den Wanderer nach dem Thurme in ¼ Stunde bringt. Wer von [616] Kamenz aus die Chaussee fährt und da, wo der Fahrweg, der Rammenau mit Burkau verbindet, dieselbe kreuzt, nach Burkau hin sich wendet, findet nach wenigen Schritten eine Schänke, von der ein Fußweg immer im Schatten auf der Grenze von Burkau und Geißmannsdorf fort bis auf den Butterberg führt, der aber namentlich im Anfange, hinter dem Burkberge, wo von Jahr zu Jahr mehr Ackerland aus dem ehemaligen Gehölze entsteht, schwer zu finden ist.