Buchhändlerische Annexion
[464] Buchhändlerische Annexion, um die mildeste Bezeichnung zu wählen, ist die Benutzung von Titel, Format und Ausstattung eines bereits gangbaren Unternehmens, um etwas neues Aehnliches an dessen Stelle beim Publicum einzuschmuggeln. Dies ist soeben mit dem seit Jahren erschienenen „Illustrirten Familien-Kalender“ von Payne’s Kunstanstalt in Leipzig geschehen, welchem plötzlich der hiesige Verlag von Karl Minde einen solchen nachgeborenen Zwilling für dieses Jahr voraus in die Welt geschickt hat. Daß hier eine Täuschung des Publicums beabsichtigt ist, erkennt der Fachmann auf den ersten Blick, denn Alles, Papier, Farbe und Format desselben, Titelvignette und innere Einrichtung, ist bei diesem Minde’schen genau dem Payne’schen Kalender nachgeahmt. Obwohl die Payne’sche Kunstanstalt und namentlich die Redaction des „Illustrirten Familien-Journals“ sich nicht so verdient um die Gartenlaube und deren Herausgeber gemacht haben, daß wir Beiden besondere Zuneigung schuldig wären, so müssen wir doch das ihrem Geschäftsrechte durch eine solche buchhändlerische Annexion widerfahrene Unrecht rügen und unser Bedauern darüber aussprechen, daß überhaupt solche Kunststückchen von Verlagsspeculation im deutschen Buchhandel noch möglich sind und gegen die eigene Collegenschaft ausgeführt werden.