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Titel: Brütende Schlangen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 28, S. 484
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Brutpflege von Schlangen
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[484] Brütende Schlangen. Als vor einigen Jahrzehnten aus Indien berichtet wurde, daß dort die große Tigerschlange ihre Eier ausbrüte, da lächelte man in Europa ungläubig über ein derartiges Ammenmärchen. Die Reptilien kümmern sich nicht um ihre Brut, sagte man; aber man irrte. Die Riesenschlangen der Alten Welt bekümmern sich wohl um ihre Eier, und im Monat Juni d. J. bildeten zwei Pythonschlangen, die auf ihren Eiern zusammengeringelt lagen, eine Sehenswürdigkeit des Zoologischen Gartens zu Leipzig. Sie waren mit anderem Gethier durch den Dampfer „Benares“ aus Kalkutta gebracht worden und sind schöne große Exemplare von 6 bis 7 m Länge. Die Eier sind ungefähr von der Größe der Gänseeier und mit einer dicken lederartigen Haut überzogen; über dem Eierhaufen brütet die Pythonschlange derart zusammengeringelt, daß ihr Leib ein flaches Gewölbe bildet, das vom Kopfe der Schlange gekrönt wird. Es vergehen etwa zwei Monate, bis die Brut die Eier verläßt.

Die südasiatische Pythonschlange wurde bei ihrem Brutgeschäft zum ersten Male im Pflanzengarten zu Paris im Jahre 1841 von Valenciennes und Dumeril beobachtet. Aus fünfzehn Eiern schlüpften damals acht junge Tigerschlangen heraus. Während des Brutgeschäfts wurde wiederholt die Temperatur innerhalb der Falten der Schlangen gemessen und es stellte sich heraus, daß die Wärme des Schlangenkörpers die der Umgebung zuweilen um 10 bis 12° C. übertraf.

Auch die nahe Verwandte der asiatischen Tigerschlange, die Hieroglyphenschlange oder Assala, welche in West- und Mittelafrika heimisch ist, pflegt ihre Eier auszubrüten. Eine dieser Riesenschlangen hatte im Jahre 1862 im Londoner Thiergarten gegen 100 Eier gelegt und brütete vom 13. Januar bis zum 4. April; auch in diesem Falle wurde eine Wärmezunahme zwischen den Falten des Schlangenleibes festgestellt, die zwischen 5 bis 9° C. schwankte. Die Eier gingen jedoch in Verwesung über.

Ob es im Leipziger Zoologischen Garten gelingen wird, Riesenschlangenbrut zu erhalten, wird die nächste Zukunft lehren.

Wir möchten bei dieser Gelegenheit bemerken, daß die Beobach[t]ung der Entwicklung unserer harmlosen weit verbreiteten Ringelnatter nicht weniger lehrreich ist. Die Ringelnatter legt je nach Alter und Größe 6 bis 30 Eier, die etwa die Größe der Taubeneier erreichen und von einer pergamentartigen weißen bis grauweißen Schale umgeben sind. Die Schlange entwickelt bei der Wahl des Ortes, an dem sie die Eier ablegt, eine gewisse Vorsorge, indem sie feuchtwarme Erdlöcher, die nach Süden gelegen sind, aufsucht; ja sie wählt auch gern Misthaufen, Löcher im Stallboden und legt mitunter ihre Eier – unter ein Hühnernest, wo von der Brutwärme der Henne den Schlangeneiern etwas zugute kommt. Es wurde auch wiederholt festgestellt, daß mehrere Ringelnattern ihre Eier gemeinschaftlich an einem Orte ablegten. Der verdiente Erforscher der Lebensgewohnheiten der deutschen Kriechthiere und Lurche, A. Franke, fand z. B. in einem alten Steinbruche in Leulitz bei Wurzen einen Haufen von traubenartig zusammengeklebten Schlangeneiern, deren Zahl an 600 betrug; zu deren Hervorbringung waren mindestens 30 Pärchen nöthig.

Die Eier der Ringelnatter bedürfen zum Ausreifen der Zeit von etwa acht Wochen. Man kann in einem gut eingerichteten Terrarium das Ausschlüpfen des Schlängleins aus dem Ei wohl beobachten. „Endlich,“ schreibt darüber A. Franke, „durchbricht die junge Schlange die Eihülle oft an mehreren Stellen und sieht neugierig und vorsichtig aus einer der gemachten Oeffnungen in die Welt. In dieser Situation habe ich sie öfters bewundert, wie sie zögernd hervorkam und erstaunt und erschrocken über das zahlreiche Auditorium sich schnell wieder zurückzog und stundenlang denselben Versuch wiederholte.“ *