Textdaten
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Autor: Carl Ernst Bock
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Titel: Blut- und Blutlaufsleiden
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 12, S. 194–196
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1871
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[194]
Schulkindkrankheiten oder Schulkrankheiten?
Ohne phosphorhaltiges Gehirn kein Verstand, kein Gemüth, kein Wille, also keine geistige Thätigkeit.
Strafpredigt für Eltern, Lehrer und Schulvorsteher.
VI. Blut- und Blutlaufsleiden.


Die Quelle des Lebens ist das Blut. Nur, wer sich der gehörigen Menge guten Blutes erfreut und bei wem sich dieses Blut im richtigen Laufe durch den Körper befindet, nur Der kann leben und gesund sein. Es ist sonach eine Hauptaufgabe für Jeden: die Blutbildung und den Blutlauf innerhalb seines Körpers in Ordnung zu halten und Alles zu vermeiden, was störend auf die Menge, die Beschaffenheit und den Lauf des Blutes einwirken könnte. Daß dies nun aber die allermeisten Menschen nicht verstehen und daß deshalb ein so jämmerliches Menschengeschlecht existirt, das fällt als Schmach und Schande auf die Schule und die Lehrer zurück. Die große Mehrzahl der letzteren, zu denen auch Directoren von Lehrerbildungsanstalten, von Volks- und höheren Schulen gehören, sie sollten sich schämen, daß sie in ihrem lächerlichen Dünkel auf ihr pädagogisches Wissen die Kenntniß der im Weltall und im Menschen herrschenden Naturgesetze viel zu wenig achten und der Lehre vom Baue, Leben und der Pflege des menschlichen Körpers viel zu wenig Werth beilegen. Daher kommt es denn aber auch, daß sie ebenso wenig das körperliche wie das geistige Wohl des Schulkindes gehörig zu wahren, noch auch dem Schüler die für’s Leben nöthige Kenntniß von der Gesundheitspflege beizubringen verstehen. Nur der Gesunde vermag aber sein und seiner Mitmenschen, sowie seiner Nachkommen Wohl zu fördern, denn das, was er dazu bedarf: einen klaren Verstand, einen kräftigen Willen und ein echt menschliches Gemüth, diese können nur in einem gesunden Körper (mit phosphorhaltigem Gehirn) durch richtige Gewöhnung allmählich herausgebildet werden.

Die gehörige Menge guten Blutes ist nun vorzugsweise im Schulalter des Menschen ein Haupterforderniß, denn in diesem Alter wird ebensowohl zum Wachsthum des ganzen [195] Körpers, wie auch zur geistigen Arbeit des Gehirns und zur Kraftentwickelung der Muskeln (beim Geradesitzen, Turnen, weiblichen Arbeiten etc.) eine große Menge von Blut verbraucht. Zunächst haben natürlich die Eltern des Schulkindes für die richtige Menge und Beschaffenheit des Blutes, und zwar durch zweckmäßige Nahrung und Luft (besonders im Schlafzimmer), Sorge zu tragen. Aber auch in der Schule kann gegen das Blut gesündigt werden, insofern entweder durch zu große körperliche und geistige Anstrengung zu viel davon verbraucht wird, oder indem durch Einathmen einer schlechten Schulzimmerluft die Mischung des Blutes verdorben wird. Die allermeisten Schulmädchen verlassen die Schule mehr oder weniger blutarm (bleichsüchtig), und daran tragen nicht blos die Eltern, sondern auch die Lehrer die Schuld.

Allerdings wird der Grund zur Blutarmuth (Anämie) und Bleichsucht (Chlorose) hauptsächlich im elterlichen Hause, durch mangelhafte und unzweckmäßige Nahrung, Ueberbürdung mit Arbeiten (Privatstunden, weiblichen und häuslichen Arbeiten), falsche geistige und gemüthliche Behandlung, gelegt, nicht selten auch durch geschlechtliche Unarten, aber auch die Schule trägt zur schnellern und hochgradigen Entwickelung dieser Krankheit nicht unbedeutend bei, und zwar: durch Ueberanstrengung des Gehirns und der Sinne, stark ermüdende Muskelanstrengungen (besonders beim zu langen Geradesitzen und Turnen) und durch schlechte Schulzimmerluft. Auch kann der Schulbesuch, besonders wenn dieser bald nach dem Essen stattfindet, insofern den Grund zur Blutarmuth mit legen, als ein nachtheiliger Einfluß auf die Verdauungsorgane (den Verdauungsproceß) durch unzweckmäßiges (gebücktes) Sitzen ausgeübt wird, wobei der Unterleib zusammengedrückt und der Blut- und Speisesaftlauf, sowie die Darmbewegungen erschwert werden. Nicht selten trägt auch die geistige Anstrengung, Mangel an geeigneter Bewegung und schlechte Schulluft die Schuld an Störungen des Appetits und der Verdauung und dadurch an Blutarmuth. Es ist aber diese Blutarmut in den Schuljahren von ganz enormer Bedeutung. Denn sie befördert nicht nur die Kurz- und Schwachsichtigkeit, das Schiefwerden (wegen der Schwäche der Rückenmuskeln), Hirn und Nervenaffectionen (besonders epileptische Zustände), sondern legt auch, weil sie sehr oft aus der Schulzeit in die späteren Lebensjahre verschleppt wird, den Grund zu bleibender körperlicher und geistiger Schwäche, zu Nervenleiden und Gemüthsstörungen. Der dabei bestehende Blutmangel im Gehirn und in den Muskeln erzeugt Kopfschmerz, Schwindel und selbst Ohnmacht, Ohrensausen, heftigeres Herzklopfen, Kurzathmigkeit, geistige und körperliche Schlaffheit und Trägheit, Gemüthsverstimmung und Willensschwäche. Ein Lehrer, der bei seinen Schülern auf die Blutarmut nicht aufmerksam ist und von blutarmen Kindern, die sehr oft und ganz mit Unrecht als faule und unaufmerksame bestraft werden, dieselbe geistige (Hirn-)Arbeit verlangt wie von solchen mit blutreichem Gehirn, kann viel Unglück anrichten. Doch was kümmert die meisten Lehrer die Gesundheit ihrer Schüler? Das ist ja Sache des Arztes. Blutarme und darum trägsinnige Schulkinder sollten, wenn die Schule human sein will, stets apart und ihrem langsam arbeitenden Gehirne gemäß unterrichtet werden, da sie im Lernen mit hirnkräftigen Kindern niemals oder nur auf Kosten ihrer Gesundheit gleichen Schritt halten können. – Die Blutarmut ist übrigens leicht zu erkennen: durch die Blässe und den schwach-wachsartigen Glanz der grünlich- oder gelblichangehauchten, kühlen, dünnen Haut mit blaßviolett-durchscheinenden Blutadern, durch die Bleichheit der Lippen (besonders an ihrer innern Fläche), des Zahnfleisches und der innern Augenlidfläche. Die Röthe der Wangen ist nicht maßgebend, da manche sehr blutarme Mädchen im Gesichte wie „Milch und Blut“ aussehen.

Die Mischung des Blutes, welche außer durch passende Nahrung hauptsächlich durch gute sauerstoffhaltige Luft in einem zum Leben und Gesundbleiben tauglichen Zustande erhalten werden muß, ist in der Schule nicht ungefährlichen Abänderungen ausgesetzt. Diese sind nun theils die Folgen einer schlechten Schulluft, theils der Behinderung der blutbildenden Apparate (besonders des Athmungs- und Verdauungs-Apparates) in ihrer Thätigkeit. Ganz vorzüglich trägt die Luft, welche sich in der Schulstube durch die Ausathmung und Ausdünstung der Schulkinder bildet, die Schuld an der Blutverschlechterung bei den Kindern, welche in dieser Luft längere Zeit athmen. – Es athmen nämlich die Schulkinder fortwährend Kohlensäure aus, eine Luftart, die schon dann gesundheitsschädlich ist, wenn die einzuathmende Luft mehr als ein Procent davon enthält (ja schon bei einhalb Procent, wenn sie längere Zeit eingeathmet wird). Auch bei der Verbrennung von Heizungs- und Beleuchtungsmaterial wird fortwährend Kohlensäure gebildet. – Sodann enthält die ausgeathmete Luft neben Kohlensäure auch noch Wasserdampf und bewirkt dadurch, daß ihre Wärme höher ist als die der Zimmerluft, ein Aufsteigen und Circuliren der schädlichen Kohlensäure, obschon diese schwerer ist als die atmosphärische Luft. – Hierzu gesellen sich ferner noch Zersetzungsgase aus dem Blute (Butter- und Baldriansäure) und Haut- und andere Ausdünstungsstoffe (Kohlensäure, Schwefelwasserstoff, Ammoniak, Wasserdampf). Diese gasartigen Stoffe schaden aber dadurch, daß schon eine geringe Menge derselben eine ziemlich große Luftmenge sättiget, so daß alsdann, weil die Schulzimmerluft bald nichts mehr davon aus unserm Körper aufnehmen kann, die Abgabe von Wärme und jenen schädlichen Ausdünstungsstoffen aus dem Körper erschwert und gehindert wird. – Daß trotz der großen Schülerzahl in engen und niedrigen Schulzimmern doch die Luft nicht so schlecht ist, als sie eigentlich werden sollte, liegt darin, daß auch die besten Fenster und Thüren durch ihre Spalten, ja sogar die Mauern einen Luftaustausch zwischen der äußern und der Schulluft zulassen. Bei vielen Kindern in einer niedrigen und verhältnißmäßig kleinen Stube hilft aber dieser natürliche Luftwechsel nicht viel. – Jedenfalls gehört es deshalb zu den Pflichten eines gewissenhaften Lehrers, auf die Luft im Schulzimmer gehörig zu achten und für eine gute Luft darin Sorge zu tragen. Es ist durchaus nöthig, daß, trotz aller künstlichen Ventilation, doch am Ende jeder Unterrichtsstunde (wo möglich auch die Nacht hindurch) Thüren und Fenster der Schulzimmer, nach Entfernung der Schüler aus dem Luftzuge, auf kurze Zeit geöffnet werden. Uebrigens hat auch das Verlassen des Schulzimmers in den Zwischenstunden von Seiten der Schüler den Vortheil, daß diese sich nicht Unarten aller Art (selbst geschlechtlicher Art) hingeben können, was doch bei der unbewachten Jugend so häufig vorkommt. – Die Aufstellung größerer Blattpflanzen im Schulzimmer könnte insofern zur Verbesserung der Schulluft beitragen, als die grünen Pflanzentheile bei Sonnenlicht Kohlensäure aufnehmen und durch Zerlegung derselben in ihre Grundstoffe (in Sauerstoff und Kohlenstoff) Lebensluft (Sauerstoff) ausgeben. – Auch der den Athmungsorganen sehr feindliche Staub (durch offene Fenster eingezogen, vom Feuerungsmaterial etc. herrührend) könnte die Schulzimmerluft verunreinigen und muß natürlich baldigst entfernt werden. – Daß übelriechende Luftarten aus benachbarten Abtritten und Pissoirs nicht in eine Schulstube gehören, versteht sich wohl von selbst. – Eine sehr gefährliche Luftart, die sich im Winter, in Folge der Ofenheizung der Schulzimmerluft beimischen kann, ist das Kohlenoxydgas. Dieses kann nämlich nicht blos durch Ritze und Thüren der Oefen herausdringen, sondern auch durch die eisernen Wand derselben, weil durch rothglühendes Eisen Gase hindurchzugehen im Stande sind. Es erzeugt dieses sehr giftige Gas schon in kleineren Mengen Kopfweh, Schwindel und Zittern.

Der Blutlauf darf nicht behindert werden. Gutes Blut kann nämlich die einzelnen Theile des Körpers nur dann lebend, gesund und zu ihrer Thätigkeit geschickt erhalten, wenn es in der gehörigen Menge in dieselben ordentlich einströmen und unbehindert durch dieselben hindurchfließen kann, so daß dadurch deren Ernährung (die Zufuhr neuer guter Baustoffe und die Abfuhr unbrauchbar gewordener Stoffe), sowie deren Kraftentwickelung (Arbeit) im richtigen Gange erhalten wird. Was auf den Blutlauf durch den ganzen Körper und durch dessen einzelne Organe störend einwirkt, kann ebenso Nachtheile für die Beschaffenheit des Blutes, wie auch auf das Wohlbefinden der einzelnen Organe ausüben. Würde z. B. der Blutlauf durch die Lungen irgendwie erschwert oder theilweise gehemmt, so würde nicht blos die Lunge erkranken, sondern auch das Blut in Folge der gestörten Thätigkeit der Lunge (des gestörten Athmens, der verringerten Einnahme von Sauerstoff und der herabgesetzten Ausgabe von Kohlensäure) in seiner Beschaffenheit verschlechtert werden. Aehnlich verhält es sich auch bei den andern, der Bildung und Reinigung des Blutes dienenden Organen (Haut, Leber, Nieren etc.). Ganz besonders großen Nachtheil aber erleiden durch Störungen des Blutlaufs diejenigen Organe, welche der geistigen Thätigkeit (dem Verstande, Gefühle und Willen) vorstehen, wie das Gehirn mit seinen Nerven, [196] und diejenigen, welche zur Erweckung der geistigen Thätigkeit bestimmt sind, wie die Sinnes- und Empfindungsapparate, also gerade diejenigen Organe, welche das Schulkind in der Schule am nöthigsten braucht.

Der Athmungsapparat, dessen Bewegungen beim Ein- und Ausathmen, nach den Herzzusammenziehungen, den größten Einfluß auf den Blutlauf ausüben, kann in der Schule auf verschiedene Art Nachtheile erleiden: theils durch die schlechte Luft, welche sich in den mit Schülern überhäuften Schulstuben bildet und von jenen eingeathmet wird, theils durch die unzweckmäßige Temperatur in den Stuben, theils durch das Erschweren der Athembewegungen in Folge falscher Körperhaltung. – Was die einzuathmende Luft betrifft, so wirkt vorzugsweise deren Verunreinigung mit Kohlenoxydgas und mit Staub schädigend auf die Schleimhaut der Luftwege. – Die Temperatur der Schulzimmerluft kann ebenso durch zu große Wärme, wie durch zu große Kälte nachtheiligen Einfluß auf die Athmungswerkzeuge der Schulkinder ausüben. Zu große Wärme der einzuathmenden Luft versetzt die Lunge, welche für gewöhnlich eine kältere Luft athmet, in einen Zustand der Blutüberfüllung und kann dadurch Lungenleiden verursachen. Auch wird bei zu hoher Temperatur das Athmen gestört, denn es sinkt dabei die Zahl und Tiefe der Athemzüge, sowie die Menge der ausgeathmeten Kohlensäure, und der gesammte Kreislauf geht weniger rasch von Statten als in kühlerer Luft. – Besonders ist aber den Kindern der schnelle Wechsel zwischen der sehr warmen Schulzimmerluft und der kalten Luft im Freien gefährlich, denn er ruft sehr leicht Entzündungsprocesse im Athmungsapparate hervor. Solche gefährliche Entzündungen kommen besonders dann leicht zu Stande, wenn die Kinder, aus der warmen Luft der Schulstube kommend, bei kaltem rauhem Ost- oder Nordwinde auf dem Schulwege herumtollen und laut schreien. Es ist deshalb die Pflicht des Lehrers, seinen Schülern eindringlich zu rathen, beim Verlassen der warmen Schule draußen in der rauhen freien Luft den Mund zu schließen und durch die Nase Athem zu holen. Ueberhaupt wird und sollte ein gewissenhafter Lehrer dem Athmen seiner Schüler mehr Aufmerksamkeit widmen, als dies zur Zeit geschieht; er sollte die Schüler in den Zwischenstunden freie reine Luft gehörig langsam und tief einzuathmen veranlassen. Hierbei lasse er die Achseln zurücknehmen und die Brust herausdrücken, damit die durch das gebückte Sitzen erzeugten Störungen im Athmungs- und Kreislaufs-Apparate baldigst aufgehoben und wieder ausgeglichen werden.

Eine falsche Körperhaltung des Schülers, besonders das starke Beugen des Kopfes und Oberkörpers, das Andrücken des Rumpfes an den Schultisch, übt vorzugsweise nachtheiligen Einfluß aus den Blutlauf aus und erschwert die Thätigkeit der durch die Beugung gedrückten und verschobenen Organe. – So kann, wenn der Kopf tief herabgebeugt wird, der Blutlauf in den großen Adern des Halses gestört und ebenso der Zufluß guten Blutes zum Gehirne wie der Abfluß schlechten Blutes von demselben erschwert werden. Kopfschmerzen, Schwindel, dicker Hals und Kropf, Nasenbluten, können auf diese Weise (als sogenannte mechanische, passive Congestionen) entstehen, und zwar um so leichter und in um so höherem Grade, wenn enge Kleidungsstücke den Hals und die Brust zusammendrücken und so ebenfalls noch auf Blutfluß und Athmung hemmend einwirken. – Der Druck auf die Unterleibsorgane bei stark gebeugtem Oberkörper wirkt aber ebenso auf den Athmungs-, wie auch auf den Verdauungsapparat störend ein und Appetitlosigkeit, Unregelmäßigkeiten in den Verdauungs- und im Unterleibsblutlaufe sind die Folgen davon. Diese Beschwerden kommen um so leichter zu Stande, je zeitiger nach dem Mittagessen das Kind in der Schule zusammengekrümmt sitzt.

Außer den genannten, auf mechanische Weise (durch Druck) entstandenen Störungen im Blutlauf (mechanische Congestionen) mancher Organe erscheinen beim Schulkinde auch sogenannte active Congestionen mit vermehrter Herz- und Gefäßthätigkeit (Erweiterung der Pulsadern) in Folge von angestrengter Hirnthätigkeit und von Ueberstrahlungen (Reflexen) vom Gehirn und von den Hirnnerven auf die Herznerven und das Gefäßnervensystem. Diese Art von Congestionen könnten ebenfalls erzeugen: Kopfweh (mit geröthetem Gesicht, heißer Stirn, rothen Ohren, Benommenheit des Kopfes, Schwindel, Flimmern vor den Augen, Schläfrigkeit, Brechneigung und Brechen), besonders bei Mädchen; Nasenbluten, besonders bei Knaben und vorzugsweise in den obern Classen; dicken Hals, der in den Ferien gewöhnlich wieder verschwindet, Kropf (Schulkropf), der nach den Schuljahren oft kleiner wird. – Diese genannten Leiden finden sich um so leichter ein, je höher die Temperatur der Schulzimmer ist. Denn heiße Luft ruft Erweiterung der Blutgefäße (mit Blutüberfüllung) hervor und dadurch Blutungen (in Folge von Zerreißung mit Blut überfüllter Gefäße) und Störungen (vorzugsweise Mattigkeit) in der Thätigkeit der Organe (besonders auch des Gehirns und der Sinnesorgane, der Musculatur). Hierzu kommt noch, daß die Hitze auf die Kinder, wegen des Wachsthums ihrer Organe, weit ungünstiger einwirkt als auf Erwachsene, und es ist deshalb grausam und gewissenlos vom Lehrer, Kinder in heißen Schulstuben geistig anstrengen zu wollen. Die Schulstunden müssen durchaus Mittags und Nachmittags ausgesetzt werden, sobald die Luft im Freien früh gegen neun Uhr vierundzwanzig Grad Réaumur im Schatten erreicht hat. Uebrigens ist dem Kinde in der Schule die Hitze dadurch erträglicher zu machen, daß das Schulzimmer gelüftet und mit Wasser (und Essig) besprengt wird, daß die Sonne soviel als möglich von demselben (durch Fenstervorhänge u. dgl.) abgehalten wird, daß die Kinder nicht zu dicht beisammen und nicht in unbequemer, anstrengender Haltung zu sitzen gezwungen sind.

Außer den aufgeführten Schulkindkrankheiten, welche man in ihrem Entstehen oder doch in ihrer Verschlimmerung der falschen Behandlung des Kindes in der Schule zuzuschreiben pflegt, treten am Schulkinde aber auch noch Uebel auf, die es vom Hause in die Schule mitbringt und die recht wohl vom Lehrer beachtet werden sollten. Solche Uebel könnten entweder den andern Schülern Schaden bringen, wie ansteckende Krankheiten (besonders der Haut) und ekelerregende, besonders den Gesichts- und Geruchssinn beleidigende Uebel, oder sie könnten den kranken Kindern selbst, deren Eltern sehr oft zu wenig Aufmerksamkeit auf jene Uebel verwenden und selbige für zu unwichtig halten, für die Zukunft sehr nachtheilig werden, wie Leiden der Sinneswerkzeuge und im Athmungsapparate (Hustekrankheiten). – Krampfkrankheiten, besonders Epilepsie und Veitstanz, werden den Mitschülern nicht blos durch den Anblick der Leidenden widerwärtig, sondern rufen sogar (durch sogenannte psychische Ansteckung) ähnliche Krämpfe bei denselben hervor. – Ganz besonders muß auch die Uebertragung parasitischer Pflanzen (Kopfgrinde) und Thiere (Läuse, Krätzmilben) von einem Kinde auf andere verhütet werden.
Bock.